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POV Tendou
"Du hast wirklich nicht viel, außer ner Menge Pflanzen, huh?" Stellte ich fest und betrachtete Wakatoshis Wohnung genau. Er schloss die Tür hinter mir und nickte. "Ja." Ich stellte meine Schuhe neben seine und seufzte. "Ahh es ist schön, wieder ein normales Dach über dem Kopf zu haben. Seine Wohnung ist kleiner als gedacht... Sein Vater muss echt ein Geizhals sein. Dachte ich. "Ähm." Ich drehte mich zu ihm. "Entschuldigung. Ich kann dir leider nur mein Bett als Schlafplatz anbieten. Aber ich dachte, es wäre besser, dich erstmal aus der Anstalt raus zu holen." Erklärte er und blinzelte ruhig. Ich legte verwirrt den Kopf schief. "Und wo sollst du dann schlafen?" Fragte ich. "Ich kann auf dem Sofa oder dem Boden schlafen. Das macht mir nichts. Ich bin es gewohnt." Sagte er in einem Ton, als wäre das selbstverständlich. Er gibt echt nichts auf sich selbst. Egal was es ist, er stellt sich immer hinten an. Ich kniff die Augen leicht zusammen. "Gewohnt?" Fragte ich. Er nickte knapp. "Früher habe ich oft auf dem Boden geschlafen, wenn ich etwas falsch gemacht habe oder Gäste da waren." Antwortete er schlicht. "Und wir können ja später ein zweites Bett kaufen." Sagte er und hing seine Jacke auf. Manchmal vergesse ich, wie unfrei dieser Mensch ist. Und dabei wusste ich es doch schon von Anfang an. Ich stellte meinen Rucksack ab und folgte Wakatoshi in sein Wohnzimmer. "Sag mal," Ich sah ihn forschend an. "Hast du jemals etwas gemacht, einfach weil du Lust darauf hattest?" Fragte ich.
Eine ganze Weile war es still. Dann nickte er. "Die Besuche bei dir, mit dir zu reden oder dir zuzuhören... " Er sah auf seine Hände. "Das war das erste Mal, dass ich so etwas gespürt habe. Ich wollte dich unbedingt wiedersehen." Seine Antwort brachte mich zum Lachen. "Ach Wakatoshi ich könnte dich knutschen für diese Antwort." Ich musste mir den Bauch halten, als er mich so verwirrt anguckte. "Niemand, wirklich niemand auf dieser Welt würde so etwas sagen!" Er runzelte die Stirn. "Was meinst du?" Ich atmete tief durch, um wieder runter zu kommen. "Nun, niemand würde sich darauf freuen, einen potentiellen Mörder wiederzusehen. Naja, niemand außer dir." Fügte ich hinzu und lächelte. Er schwieg. "Warum ist das so?" Für einen Moment war ich verdutzt. "Na weil die Menschen Ansgt vor dem Tod haben. Und Ekel, denke ich, weil ein Mörder ja auch andere Menschen umbringt." Versuchte ich zu erklären. Was ist das schon wieder für ein Gespräch. Dachte ich belustigt. Wakatoshi betrachtete grübelnd seine Hände. "Ich verstehe es immer noch nicht so richtig... Man kennt die Verstorbenen doch meistens nicht. Es gibt keine emotionale Bindung. Und der Tod klingt so befreiend..." Der Ausdruck in seinen Augen war leer.
"Warum um alles in der Welt lebst du dann noch?" Fragte ich ernsthaft verwirrt. Ich konnte es mir einfach nicht erklären. Sein Leben bestand aus purer Langeweile, sein Vater war ein Arschloch und er beschrieb den Tod als befreiend. Wakatoshi dachte eine Weile lang nach. "Neugier, denke ich." Murmelte er dann. "Überall sehe ich Menschen die irgendetwas haben, was ihr Leben lebenswert macht. Ich denke ich will wissen, wie sich soetwas anfühlt." Antwortete er ruhig. Ich nickte. "Verstehe." Dann streckte ich mich und sah mich um. "Genug von dem Deprigequatsche. Wo kann ich meinen Krempel hinschmeißen?" Wechselte ich das Thema. Er zeigte auf eine Tür. "Mein Zimmer ist dort." Ich lief auf eine Tür zu. Oh Mann. Wen habe ich hier nur kennengelernt? Fragte ich mich schmunzelnd. Lebt nur aus Neugier am Leben. Der Hammer. Ich sah mich in seinem Zimmer um. Es war genau so eingerichtet, wie die restliche Wohnung. Er besaß nur das nötigste und Pflanzen. Ich legte meinen Rucksack ab und ließ meinen Blick schweifen. Huh? "Du rauchst?" Rief ich über die Schulter und nahm eine halb leere Zigarettenschachtel von seinem Nachttisch. Wakatoshi kam zu mir. "Manchmal." Ich drehte mich zu ihm um. "Manchmal?" Fragte ich und er nickte. "Ich hab mal damit angefangen, um abhängig zu werden. Vielleicht wäre das ja interessant gewesen... Aber irgendwie wurde es schnell langweilig und ich hab vergessen regelmäßig zu rauchen. Außerdem ist da ja noch der Ruf meines Vaters und er hat mich immer angeschrieen, wenn er den Rauch in meiner Kleidung gerochen hat. Das war anstrengend." Erzählte er. Ich wusste nicht recht ob ich lachen oder weinen sollte. Ich druckste etwas herum und nahm dann zwei Zigaretten. "Pff vergessen zu rauchen? Sowas hab ich auch noch nicht gehört." Ich gab ihm eine und sah ihn an. "Hast du Feuer?" Er nickte und ich lief ihm hinterher. Wakatoshi öffnete ein Fenster und lehnt sich dagegen. Hm. Steht ihm gut. Dachte ich, während ich beobachtete, wie er sich seine Zigarette an machte. Lächelnd stellte ich mich vor ihn und wartete, dass er auch meine anzündete. "Die Firma dankt." Nuschelte ich und nahm genüsslich einen Zug. Ahh wie ich das vermisst habe. Dachte ich. Wakatoshi packte das Feuerzeug in die Hosentasche und blies den Rauch aus dem Fenster. Eine Weile standen wir so da. Das ist das erste Mal seit langem, dass ich mich so entspannt fühle. Ist das sein Einfluss? Dachte ich und musterte ihn von oben bis unten. Und bei diesem gut aussehenden Kerl lebe ich jetzt für eine Weile, huh? Mein Leben hat eine wirklich gute Wendung genommen. Wie weit ich wohl bei ihm gehen kann? Ein Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. "Hey Wakatoshi." Er sah mich an und gerade als er ausatmen wollte, stellte ich mich sehr dicht vor ihn. So nah, dass sich unsere Lippen beinahe berührten. Ich stützte mich zu beiden Seiten von ihm auf der Fensterbank ab und sah ihm direkt in die Augen, als ich seinen Rauch einsog. Er blinzelte ruhig. "Deine Augen..." Murmelte er dann und ich stockte. "Die sind echt schön." Sagte er. Es hat ihn völlig kalt gelassen? Ich hab ihn beinahe geküsst und er macht mir Komplimente über meine Augen? Ich musste lachen und ließ meinen Kopf gegen seine Schulter fallen. Oh ich werde bestimmt noch viel Spaß mit dir haben, Wakatoshi Ushijima. Das wird lustig. Dachte ich und spürte seine Hand auf meinem Rücken. Sie war angenehm warm. "Ist alles in Ordnung?" Fragte er. Ich richtete mich wieder auf. "Jajaja alles gut." Zufrieden seufzend drückte ich meinen Zigarettenstummel aus und strich mir durch die Haare. "Ach ja, kann ich deine Dusche benutzen?" Fragte ich. Wakatoshi nickte. "Fühl dich ganz wie Zuhause."
Und so begann unser abstruses Zusammenleben.

Ein einfacher Passant [Ushiten]Where stories live. Discover now