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POV Tendou
Überrascht sah ich Wakatoshi an. Seine Finger fühlen sich an, als hätte er schon viel gearbeitet. Dachte ich, als auch schon mein Pfleger angerannt kam. Du bist zu spät, Idiot. Ich lächelte etwas. "Entschuldigung. Bitte keine Berührungen. Das ist nicht erlaubt." Sagte der Idiot mit einem leicht panischen Blick zu mir. "Oh. In Ordnung." Antwortete Wakatoshi ruhig, jedoch sah er den Pfleger dabei nicht an. Seine Aufmerksamkeit galt weiterhin mir. Ich war mir ziemlich sicher, dass er das Gleiche dachte, wie ich. Diese kurze Berührung gerade, hat jegliche Distanz zwischen uns eliminiert, egal was irgendjemand sagt.
Der Pfleger nickte. "Alles klar. Gut, dann lasse ich sie jetzt wieder mit ihm allein." Schnell wuselte er davon und ich lächelte etwas breiter. Wie gern ich offen mit Wakatoshi reden würde. Was er wohl sagen würde, wenn ich ihm die Wahrheit erzählen würde? Wie würde er wohl reagieren, wenn ich ihm sagte, dass ich der gesuchte Mörder bin? Dass ich all diese Leute umgebracht habe und schon als Kind mit dem Töten anfing... Ich musterte den gut aussehenden Mann vor mir genau. Keine Ahnung... Aber er hätte sicherlich keine Angst.
Ich genoss Wakatoshis Besuche. Seine Art zu reden und, wie er dachte, war so herrlich erfrischend. Vielleicht kann ich mich demnächst mal richtig mit ihm unterhalten. Immerhin sollte es jetzt eigentlich soweit sein... Dachte ich und fing wieder an über irgendetwas zu reden.
"Wie sieht es eigentlich in deinem Liebesleben aus?" Fragte ich aus dem Blauen heraus. Er beobachtete mich ganz genau. "Warum bist du so interessiert daran?" Wakatoshi sah mich ruhig an. Ich war tatsächlich etwas überrascht von der Frage. "Äh... Was meinst du?" Er sah zum Zaun. "Als wir uns das erste Mal getroffen haben, hast du mich so etwas ähnliches gefragt." Antwortete er und ich erinnerte mich. Ich musste lachen. Er hat wirklich gut aufgepasst. Er verliert nichts aus den Augen. "Hast du ein persönliches Interesse an diesem Thema?" Ich bekam mich vor Lachen kaum noch ein. Als ich mich dann doch beruhigt hatte, grinste ich verschwörerisch. "Wer weiß." Wakatoshi runzelte verwirrt die Stirn. Dann seufzte er leise. "Um deine Frage zu beantworten, ein Liebesleben zu führen, habe ich seit längerem aufgegeben. Ich denke ich bin nicht wirklich fähig zu lieben. Ich hatte zwar hier und da mal eine Beziehung, jedoch habe ich das Konzept Liebe nie verstanden. Ich habe schlichtweg gar nichts gespürt, wenn sie sich teilweise unter Tränen von mir getrennt haben." Ich nickte verständnisvoll. "Ja dieses Ding mit der Liebe ist schon kompliziert, finde ich. Was ich meine ist: Wann weiß man denn, dass man jemanden so richtig liebt? Woran erkennt man, dass man verliebt ist?" Grübelnd starrte ich ihn an und er schüttelte den Kopf. "Ich weiß es nicht. Diesbezüglich solltest du lieber jemand anderen fragen." Ich lächelte etwas und versuchte so gut es ging, meine Schultern etwas zu lockern.
Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile, bis der Idiot kam und meinte, die Besucherzeit sei vorbei. Ich seufzte innerlich. Irgendwann werde ich mit ihm reden, ohne dass jemand stört. Dachte ich und sah Wakatoshi hinterher, als er das Gelände verließ. Ich lehnte mich gegen die Gitterstäbe. Ich würd schon einiges geben, um jetzt neben ihm her laufen zu können... Ein bisschen wehmütig betrachtete ich seinen Rücken und kurz, bevor er hinter einer Ecke verschwand, drehte er sich um.
Ich wurde rot, als er winkte und ich ein kleines Lächeln auf seinen Lippen erkennen konnten.
Fuck...
"Bis zum nächsten Mal, Wakatoshi-kun!" Rief ich ihm strahlend hinterher, als er um die Ecke lief. Mein Herz hüpfte und zappelte ganz nervös in meiner Brust. Er ist echt süß... Damit hab ich nicht gerechnet. Mein Herzklopfen verschwand jedoch in der Sekunde, als ich meinen Pfleger auf mich zu kommen sah. Sofort sackte die Euphorie in sich zusammen und Resignation trat an ihren Platz. Ich hätte mich direkt übergeben können, als er zu reden anfing, so schlecht wurde mir von seinem heuchlerischen Gerede. "Du hast heute wieder richtig gut durchgehalten Satori. Da kannst du auch wieder echt stolz auf dich sein. Du kannst dir da ruhig mal selber auf die Schulter klopfen." Er lächelte schmierig. Glaubst du wirklich, dass ich dir diese Schmierenkomödie abkaufen? Fragte ich mich und trottete ihm schweigend hinterher ins Innere der Anstalt. Er laberte mich weiter voll und bucksierte mich in mein Zimmer. "Ich komm dann wieder, wenn es Abendessen gibt, ja? Bis dahin kannst du ja ein bisschen reflektieren, was du bis jetzt erreicht hast. Machst du das für mich Satori?" Ohne ihn eines Blickes zu würdigen ging ich in meine Zelle, legte die Hände in den Öffnungsschacht und wartete darauf, dass mir die Handschellen abgenommen wurden. Dieser nervige Idiot wurde sicher von dem Kommissar auf mich angesetzt. Damit er mir auf den Sack geht, bis ich einknicke und ausraste... Aber das kann er vergessen!
Ich ließ mich auf die Matratze fallen. Jetzt ist die einzige unbekannte Variable nur noch Wakatoshi... War das nur ein dummer Zufall oder doch ein geplanter Zug? Wenn ersteres zutrifft, könnte er zu einer Waffe werden, mit der der Kommissar nicht rechnet. Meinen Informationen zufolge, sollte er auch noch nichts von Wakatoshi wissen. Wenn meine Vermutung stimmt, dann läuft das hier alles unter der Hand ab. Wäre ja peinlich, wenn herauskäme, dass die Anstalt externe Hilfe eines normales Passantens beanspruchen müsste, um einen Patienten zu behandeln...
Ich starrte an die weiße Decke und strich mir die Haare aus der Stirn.
Wenn Wakatoshi jedoch ein Spitzel des Kommissars ist, muss ich verdammt nochmal aufpassen, wie ich mich ihm gegenüber verhalte!
Während der nächsten Besuche versuchte ich mehr herauszufinden. Ich war mir nach einiger Zeit zwar relativ sicher, dass Wakatoshi nichts mit dem Kommissar zutun hatte, ganz ausschließen konnte ich es jedoch nicht.
Ist das anstrengend... Dachte ich eines Morgens und gähnte. Wie lange kann mich dieser Kommissar denn hier gefangen halten? Grollend lag ich im Bett, als es klopfte. "Satori? Keine Sorge ich bin es nur." Der Idiot stand vor meiner Tür. "Du hast Besuch." Hm? Aber es ist doch noch gar nicht Zeit für Wa- Moment... Ich grinste innerlich. Geht doch! Ich stand auf und ging zur Tür. Und ohne, dass sie mir Handschellen anlegten, wurde die Tür geöffnet.
"Tse. Hallo Satori Tendou."
Ich schnaubte abfällig. "Sie sind es, Herr Kommissar." Mein Pfleger sah mich bittend an. "Du kannst doch nicht so mit einem Kommissar reden." Sagte er nervös. Ich funkelte den alten Mann an. "Ich kann und ich werde. Versuch du mal freundlich zu jemandem zu sein, der dich für nichts und wieder nichts ein verdammtes Jahr lang in einer psychiatrischen Anstalt für Kriminalfälle festgehalten hat! Deshalb sind sie doch hier, Herr Kommissar, nicht wahr?" Er brummte und nickte in Richtung eines Besprechungszimmers. "Los. Rein da! Wir haben noch etwas zu bereden!" Murrte er zähneknirschend.

Ein einfacher Passant [Ushiten]Where stories live. Discover now