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POV Ushijima
Ich sah Tendou dabei zu, wie er verschiedene Cargohosen anprobierte und in diverse T-Shirts oder Hoodies schlüpfte. Wie soll man sich denn da entscheiden? Er kann tragen was er will uns sieht dabei gut aus... Dachte ich.
Als er mich also fragte, was ich am besten fände, konnte ich demnach nur nutzlos dastehen und die sinnreiche Antwort "Ich weiß nicht, steht dir alles gut." geben. Satori lachte amüsiert und fischte dann ein paar Sachen heraus, welche er mir dann in die Hand drückte. "Wart mal kurz hier." Sagte er und verschwand dann zwischen den Kleiderstangen. Und ich stand dann so da. Während ich darauf wartete, dass mein Freund wiederkam, betrachtete ich den Laden. Groß war er nicht, ganz im Gegenteil. Dafür war er vollgestopft bis unter die Decke. Zudem war es recht dunkel und 90 Prozent der Kleidung war schwarz, oder zu einem großen Anteil schwarz. Im Hintergrund lief rockige Musik, was dem ganzen eine coole Atmosphäre verlieh.
Ein paar Minuten später kam Tendou zurück. "Die sind echt nett hier." Sagte er und zog sich eins der bauchfreien T-Shirts an. Leise summend richtete er die Metallketten, die um seinen Bauch gingen.
Ich sah zwar ihm zwar gern dabei zu wenn er sich vor mir umzog, jedoch waren wir dann allein und niemand außer mir konnte ihn sehen. Jetzt waren wir jedoch in einem öffentlich zugänglichen Laden und standen vor einem Fenster. Unwohl warf ich einen Blick nach draußen. "Stört es dich nicht, dass Leute dich von draußen sehen könnten?" Fragte ich, als er gerade dabei war sich eine Hose herauszupicken. "Nö. Dafür war ich schon zu oft zu nackt vor zu vielen fremden Menschen." Sagte er gerade raus. Diese Antwort hatte ich nicht unbedingt hören wollen.
Hmm... Was mach ich jetzt? Wär es jetzt egoistisch etwas dagegen zu unternehmen? Darf ich das überhaupt? Aber dieses Gefühl ist wirklich nicht schön. Aber er sagt auch immer dass ich mal eigenständig handeln soll... Dann ist es doch vielleicht auch in Ordnung wenn mich etwas stört, oder? Dachte ich und fasste einen Entschluss.
Unzufrieden nahm ich all unsere Sachen und schob meinen halb angezogenen Freund wortlos in den hinteren Teil des Ladens, wo man ihn definitiv nicht mehr sehen konnte. "Huch?" Verwundert sah er mich an und ich leicht verstimmt weg. "Ich mag es nicht, wenn du dich anderen Leuten einfach so zeigst, lass das bitte." Sagte ich ruhig, allerdings eine Spur kühler als sonst. Seine Augen wurden groß, dann grinste er. "Eifersüchtig?" Fragte er und ich nickte. "Ja." Einen Moment lang schien er verdutzt, dann lachte er. "Hahaha! Du bist so witzig Toschilein." Stirnrunzelnd grübelte ich darüber nach, was an meiner Eifersucht nun so witzig sein sollte, fand aber keine Antwort. Satori zog sich an. "Aber wenns dir wichtig ist, dann werd ich darauf achten." Er lächelte und schlenderte dann zu Kasse. Er bezahlte die Sachen, die er bereits trug und die restlichen, die er mir in die Arme gedrückt hatte.
"Okay. Bin fertig.Wir können wieder los." Ich folgte ihm aus dem Laden, raus auf die Einkaufsstraße. Wir schlenderten noch eine Weile herum, bevor wir beschlossen etwas essen zu gehen, da der Tag schon weit vorangeschritten und wir inzwischen hungrig waren. Während Tendou sein Hünchensandwich aß, bemerkte ich, wie sein Blick unauffällig durch das Restaurant wanderte, bis er schlussendlich zu mir sah. "Hey Toshi?" Ich blinzelte und pausierte mein Essen. "Was ist?" Fragte ich. Er musterte mich nachdenklich und seufzte dann. "Hilft ja alles nix." Murmelte er und lächelte schief. "Ich brauch noch ein paar Sachen von mir. Allerdings sind sie an dem Ort wo ich aufgewachsen bin."
Wo er aufgewachsen ist? Da war es wieder. Das aufregende Gefühl. "Du wolltest es doch eh sehen oder? Den Ort meiner Kindheit..." Ihm schien nicht ganz wohl bei dem Gedanken zu sein, mich dort mit hin zu nehmen. Mit funkelnden Augen nickte ich.
Satori fluchte leise, seufzte erneut und verschlang den Rest seines Sandwiches. "Na schön." Er wartete bis ich aufgegessen und gezahlt hatte und lief leise vor sich hin murrend aus dem Restaurant, seine Hände in die Hosentaschen gesteckt.
Schweigend folgte ich ihm. Er sah sich suchend um und lief dann weiter. Wir stiegen in eine Bahn, ein wenig später wieder aus und in einen Bus um, danach ging es mit einer Fähre über einen Fluss und als letztes fuhren wir noch eine längere Strecke Zug.
Still saß ich neben meinem Freund, während die Landschaft an den Fenstern vorbei raste. Ich hätte gern seine Hand genommen, wusste aber nicht so recht ob er das gerade wollte. "Mach doch einfach, wenn du Bock drauf hast..." Murmelte er schmunzelnd und nahm meine Hand seinerseits. Er hat mich durchschaut. Stellte ich fest. Von der Seite aus beobachtete ich Tendou. Er war ruhiger als sonst und streichelte mit seinem Daumen gleichmäßig den Rücken meiner Hand. "Tendou. Das war die letzte Haltstelle. Der Zug wird nicht weiter fahren." Sagte ich, als wir in einen schäbig aussehenden Bahnhof einfuhren. "Hm? Ah, jo wir sind da." Er stand auf und streckte sich. Wir stiegen aus und liefen aus dem Bahnhof raus. "Kurze Sache noch. Lass mich dir noch sagen, was das hier für ein Ort ist." Sagte er, bevor wir durch die heruntergekommene Bahnhofstür gingen. "Also... Zuersteinmal herrschen in diesem Viertel keine Gesetze. Die Regierung hat diesen Ort hier schon lange aus den Augen verloren und kümmert sich dementsprechend nicht darum. Bedeutet aber auch, dass die Leute tun und lassen was sie wollen. Hier gibt es Menschenhandel, Vergewaltigung auf offenere Straße oder manchmal auch ne Schießerei. Es kann sein, dass Leute versuchen werden dich zu entführen oder zu bestehlen, dich zu betrügen oder abzustechen. Und ganz egal was da auch vor deinen Augen passiert, egal ob jemand ein Kind misshandelt, eine alte Dame zu Brei schlägt oder ich jemandem direkt vor dir die Kehle aufschlitze. Halt. Dich. Da. Raus. Versuch nicht irgeneine vermeindliche Gerechtigkeit zu wirken, das wird dich nur dein Leben kosten. Kapiert? Hier ist es gefährlich, ein falscher Schritt und du bist tot." Er sah mich eindringlich an. Mein herz pochte. Oder ich jemandem direkt vor dir die Kehle aufschlitze... Seine Worte hallten in meinem Kopf wieder. Jedoch spürte ich keine Angst. Also nickte ich nur und er seufzte verzweifelt. "Manchmal wünschte ich, du hättest ein bisschen mehr Schiss um dein Leben. Neulinge sind da wie schwache Häschen in mitten von hungrigen Wölfen!" Sagte er wild gestikulierend. Ich nahm seine Hand. "Es macht mir nichts aus zu sterben. Mein Leben ist mir egal. Ich hatte eine tolle Zeit mir dir und-"
"Mir ist dein Leben aber nicht egal, Wakatoshi!" Sagte Tendou laut und deutlich. "Ich will nicht das du stirbst, also sag gefälligst keine Sachen die danach klingen, als wärst du schon längst abgetreten." Schnaubte er aufgebracht. Meine Augen weiteten sich leicht. "Auch egal. Sei einfach vorsichtig und du musst mir versprechen, die ganze Zeit bei mir zu bleiben, schaffst du das?" Grummelte er und ich nickte nur wieder. "Na dann..." Murmelte er und öffnete die Tür. "Die meistens Normalos nennen es Müllhalde, Schrottplatz, Drecksviertel, Schandfleck oder Zone der Gesetzlosen." Er steckte die Hände in die Taschen und grinste leicht. "Aber eigentlich heißt dieser Ort hier: Tsukuyomi."

Ein einfacher Passant [Ushiten]Where stories live. Discover now