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POV Ushijima
Am Abend saß ich mit Tendou auf dem Sofa, während der Fernseher eine Serie abspielte. Jedoch konnte ich mich gar nicht richtig darauf konzentrieren. In meinem Kopf wirbelten die Gedanken nur so umher, bis ich am Ende nicht mehr wusste, worüber ich als erstes nachdenken sollte. Ist das wirklich okay so? Ihm einfach aufzubürden mich zu retten? Ich weiß ja nicht mal viel über ihn. Er ist besagter Mörder, ja, aber stimmt auch alles, was dieser Pfleger mir erzählt hatte? Und dann hat er mich geküsst... Wie finde ich das überhaupt? Gut? Schlecht? Nein. Schlecht auf keinen Fall. Aber was hat das zu bedeuten? Mag er mich, auf diese romantische Weise oder hat er das nur einfach so gemacht? Ich blicke echt nicht durch. Ich trommelte unterbewusst mit meinem Finger auf dem Knie herum, wie immer, wenn ich angestrengt nachdachte.
"Okay, okay. Sag mir was los ist, bevor ich von deinem Fingergezappel noch wahnsinnig werde." Unterbrach Tendou meinen Gedankenstrom und schenkte mir seine volle Aufmerksamkeit. "Worüber zerbrichst du dir so den Kopf?" Wollte er wissen und sah mich fragend an. Ertappt saß ich da und wusste nicht so recht, was ich antworten sollte. Womit sollte ich anfangen? Mehrmals öffnete ich den Mund, nur um ihn dann wieder zu schließen. "Also..." Startete ich einen Versuch. "Der Mann, der sich in der Anstalt um dich 'gekümmert' hat, dieser Pfleger, er hat mir Sachen über dich erzählt, bevor ich dich besuchen gekommen bin. Er hat mich vor dir gewarnt. Stimmt das alles? Hast du wirklich mit 12 angefangen Menschen zu töten?" Fragte ich. Ein Kribbeln zuckte durch mein ganzes Bein, als er seine Hand darauf legte. Nie zuvor, war ich so durcheinander gewesen. Was hat er nur mit mir angestellt? Dachte ich, während er Muster auf meinen Oberschenkel zeichnete. Dann kicherte er. "Nein. Mit 12 sind die Behörden nur zum ersten Mal auf mich aufmerksam geworden. Aktiv bin ich schon seit ich ungefähr 10 Jahre alt bin." Sagte er und lächelte. Ich bemerkte die leise Trauer in seinem Blick. "Warum?" Tendou strich sich durch die Haare und seufzte. "Willst du das wirklich wissen?" Fragte er und musterte mich. Ich nickte und nahm seine Hand. "Ich möchte gern alles von dir wissen." Antwortete ich entschlossen. Seine Augen weiteten sich leicht. Dann lachte er etwas. "Weil mein Bruder geboren wurde, unsere Mutter nicht mit zwei Kindern klar kam und uns daraufhin auf die Straße setzte. Kurz um, ich brauchte Geld. Denn ich wollte ihn unter gar keinen Umständen sterben lassen, nur weil irgendein Wichser eine viel zu arme Hure geschwängert hatte. Mein kleiner Bruder war zu der Zeit das Beste, was es in meinen Leben gab. Er war der einzige Grund, warum ich mich wie verzweifelt an mein mickriges Leben geklammert habe. Ja man könnte fast schon sagen ohne ihn, hätten wir beide uns nie kennengelernt." Erzählte er und verschränkte seine Finger mit meinen. "Am Anfang habe ich die Leute nur beklaut, bemerkte aber schnell, dass ich ein gewisses Talent dafür hatte, Menschen zu täuschen, auszutricksen und um den Finger zu wickeln. Das erste Mal getötet habe ich dann, als jemand meinen kleinen Bruder entführen wollte, wahrscheinlich um Geld mit ihm zu machen. Und nachdem ich den Arsch umgebracht hatte, war mir alles egal. Ich hatte meine Hände in Blut getränkt, etwas widerlicheres konnte ich eh nicht mehr machen. Danach sprachen mich Gangs an. Ich sollte für sie töten, stehlen oder war einfach nur ihr Spielzeug für ein bisschen Spaß. Aber solange das Geld stimmte, ließ ich es mit mir machen, egal wie sehr ich diese Leute auch hasste." Er betrachtete unsere Hände und strich mit seinem Daumen über meinen Handrücken. "Und dann, ich war glaube ich 11 Jahre alt, kam eine Organisation auf mich zu. Ich sollte in ihrem Auftrag Menschen umbringen. Naja, ich hatte zu dem Zeitpunkt keine Ahnung wer diese Leute waren und die Summe war beträchtlich, also nahm ich das Angebot an. Auf ihren Befehl hin tötete ich sämtliche Menschen, ohne dabei Spuren zu hinterlassen. Selbst wenn. Wer würde schon ein schwächliches Kind hinter einem Mordanschlag vermuten." Seine Hand verkrampfte sich leicht und Wut flackerte in seinen Augen auf. "Aber dann beging die Organisation einen schweren Fehler. Sie wollten, dass auch mein Bruder einstieg. Sie wollten ihn als Druckmittel gegen mächtige Leute benutzen. Wahrscheinlich wollten sie ihn verschiedenen Leuten als Kuckuckskind unterjubeln. Wollten durch ihn an Geld kommen. Ich weigerte mich natürlich vehement. Er war gerade mal 2 Jahre alt. Das war nicht das Leben, dass ich für ihn vorgesehen hatte. Ich wollte nicht, dass er irgendwas von dem Dreck abbekam, den ich verursachte. Doch die Organisation lachte nur, wollte sich über meine Weigerung hinwegsetzen und naja... Dann bin ich durchgedreht. Ich habe mir ein Messer geschnappt und tötete sie alle. Einen nach dem Anderen." Ich verspürte den Drang ihn an mich zu drücken, widerstand aber. Ich wollte erst noch den Rest hören. "Als sich die Polizei einschaltete, fand ich heraus, dass die Organisation, die ich ausgelöscht hatte, alles Mitglieder einer politischen Bewegung waren. Sie alle waren Leute von höherer Wichtigkeit. Danach musste ich abtauchen. Ich hatte Genug Geld angespart und brachte meinen kleinen Bruder in ein Waisenhaus. Ich selbst verschwand von der Bildfläche, lebte eine Weile bei einem Freund oder irgendwo, wo es für den Moment sicher war. Aber dieser eine Tag hatte seine Spuren bei mir hinterlassen. Ich hatte angefangen die Menschen zu hassen, das System zu hassen, die ganze Welt zu hassen. Und so beschloss ich auf alles zu pfeifen. Wenn Politiker töten durften, solange sie nicht erwischt wurden, wieso sollte ich das dann nicht auch dürfen? Es wurde zu einer Sucht. Ich tötete jeden, den ich nicht leiden konnte, nach eigenem Maßstab und ermessen. Ich erschuf meine eigenen Ideale. Ich wollte nicht nach den Regeln eines anderen Leben." Er machte eine Pause. "In den Augen der Gesellschaft bin ich der Böse. Aber verrat mir eins... Wer entscheidet darüber was gut und was böse ist? Ich zum Beispiel halte mich nicht für den Bösen. Ich beseitige die Menschen, die anderen Menschen Leid zufügen. Andere hassen mich dafür, dass ich ihre Liebsten umbringe." Er lächelte. "Und du siehst mich als jemanden, der dich retten könnte." Während er geredet hatte, hatte sich langsam Erstaunen in mir ausgebreitet. Aus einem Drus aus Überschwänglichkeit heraus, packte ich ihn an den Schultern und küsste ihn meinerseits. "Du bist der Wahnsinn." Sagte ich und sah dann zu Boden. "Aber müsstest du mich nicht auch hassen? Ich habe stillschweigend die Befehle meines Vaters ausgeführt und auf seinen Wunsch hin aufstrebende Leute zunichte geredet und-" Tendou schüttelte belustigt den Kopf. "Ich könnte dich nicht hassen. Denn du bist das erste Mal, dass mir etwas bedingungslos Gutes passiert. Ich habe zum ersten mal einfach nur Glück. Noch nie hat mich jemand so akzeptiert oder verstanden, wie du es tust. Wie sollte ich dich also hassen, wenn ich dich liebe?"

Ein einfacher Passant [Ushiten]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt