Datenight

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Der Tag an dem ich Ryan Eastwood kennenlernte, war für mich der beste Tag seit langem.

Es wurde mal wieder Frühling und die länger werdenden, sonnenerhellten Tage schafften neuen Lebensmut in mir.
Während ich mich den ganzen Winter lang verkroch und meiner bisher einzigen Liebe Mason Hall hinterher weinte, war jetzt die Zeit gekommen, neue Liebe in mein Herz zu lassen.

»Es ist vorbei - du brauchst ihn nicht mehr«, redete ich mir immer wieder ein, als ich vor dem Spiegel in meinem kleinen New Yorker Apartment mir die Wimpern tuschte.

»Und, Süße, fertig für den Abend?«, fragte meine beste Freundin und blinzelte mich erwartungsvoll im Türrahmen meines Badezimmers an.

»Kann ich so gehen?« Unsicher sah ich mich im Spiegel an und richtete nochmal meine nussbraunen Haare, welche mir wellenartig über die Schulter hingen.

»Gott, Lexi! Ich weiß, dass es lange her ist, aber kleidet man sich etwa so für ein Date?! Du siehst aus, wie eine Klosterschülerin.« Gekonnt überspitzt schüttelte Holly ihren blonden Kopf und gab einen Seufzer von sich.

»Holly, ich denke immer noch, dass ich nicht so weit bin. Die Trennung...«
»Jetzt hör schon auf mit dieser alten Leier! Ich vermisse Mason auch, aber er hat sich entschieden«, unterbrach sie mich ermahnend und fing an meine Kleidung zurichten.

»Du hast ja recht, aber ich weiß doch gar nicht wie man datet! Ich hab einfach Angst, verstehst du?« Mit hängenden Schultern musste ich in ihr makelloses Gesicht blicken, welches langsam sanftere Züge annahm.

»Ich versteh dich doch, Süße«, sagte sie auf ihre liebevolle Art, die mir in dieser Situation nur wenig Trost spendete, denn Holly hatte schon immer alles - sie kannte meine Probleme nicht!

Sie war nicht nur herausragend hübsch, was ihr schon immer zu Gute kam, nein, sie hatte auch noch ganz andere Qualitäten.
Schon immer war sie die extrovertiertere von uns beiden, welche sich wortgewandt in jedes Herz schlich und immer sofort gut bei jedem ankam. Keine Party wurde gefeiert, bei der Holly Gilbert nicht anwesend war und kein Jahr bei den Cheerleadern verging, indem sie nicht zum Teamkapitän gewählt wurde.
Vielleicht hätte ich mich in den ganzen Jahren, in denen wir zusammen zur Schule gingen, besser gefühlt, wenn ich ihr wenigstens intellektuell überlegen gewesen wäre.
Aber so war es nie, denn egal wie viel ich wusste, Holly wusste mehr. Sie war nicht nur beliebt, hübsch und sportlich, sie war auch noch außerordentlich intelligent.

Jeder mochte Holly und ich war immer nur ihre beste Freundin, die nur ihretwegen zu den Partys eingeladen, bei den Chearleadern aufgenommen und unter den beliebten Kindern akzeptiert wurde.
Umso überraschter war ich damals also als ausgerechnet Mason Hall, Quaterback im Footballteam und von jedem Mädchen angehimmelt, außerdem mein bester Freund seit dem Kindergarten, ausgerechnet mich, die unscheinbare, schüchterne Mauerblume, welche selten ungefragt redete, wollte.

Nun musste ich aber aus dem Schatten der schüchternen Schülerin raustreten und zum ersten Mal in meinem Leben dafür kämpfen, dass ich unter den Leuten akzeptiert wurde.
Das wahre Leben hat nämlich nichts mehr mit der Schule zu tun gehabt, in der meine Freundschaft zu Holly und die Beziehung zu Mason mir zu etwas verholfen hatte, was ich sonst niemals hätte genießen können - Beliebtheit.

Holly richtete meine Haare, wodurch sie nicht mehr so brav aussahen, und warf mir ein paar Kleider von ihr zu, welche ich anziehen sollte.
Dazu verpasste sie mir noch ein bisschen mehr Schminke, denn mehr als den natürlichen Look, bekam ich selber nicht hin, und voilà, fertig war ich.

Als ich also das Haus verließ, hatte ich nicht mehr als ein schwarzes Spitzentop mit einem weiten V-Ausschnitt, unbequeme Highheels mit Riemchen, in denen ich wie ein Storch stakste, und eine hellblaue Jeans an. Dazu kam noch das tadellose Make-Up mit den rot gefärbten Lippen und den glitzernden Augenlidern und die perfekt gestylten braunen Haare.

I never thoughtWhere stories live. Discover now