Elternabend

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»Und du bist der wirklich sicher, dass du das willst?«, fragte ich Ryan schon zum x-ten Mal. »Wir können auch noch umdrehen!«
Während ich nervöser war, als vor meiner Hochzeit, schien Ryan total cool und gelassen an die Situation ran zu gehen.

»Lexi, so schlimm wird es schon nicht werden«, versuchte er mich zu beruhigen.
»Da kennst du meine Mutter aber nicht«, sagte ich und meinte es nicht mal mehr aus Spaß.
Und trotzdem lachte er.

»Oh, Lexi, meine süße Lexi.« Er machte halt, um mein Gesicht in seine Hände zu nehmen und mir ein Kuss aufzudrücken.
»Du machst dir schon wieder viel zu viele Gedanken.«
»Nein, Ryan, du machst dir einfach zu wenige!«

Während er mit einem Lächeln im Gesicht die Stufen zum mächtigen Haus meiner Eltern heraufstieg, stand mir die Angst im Gesicht.
Na dann los, dachte ich, die Panik in mir aufsteigend, und betätigte die Klingel.

                                 ***
»Das Essen ist wirklich vorzüglich«, lobte Ryan sein Steak, wobei ich mir nicht mal ganz sicher war, ob sein Lob ernst gemeint war oder ob er einfach nur schleimte.
Meine Mutter zumindest schenkte ihm einen vielsagenden Blick, um dann so abwertend, wie sie immer war, ihren Senf dazu zugeben.
»Etwas trocken«, sagte sie über das wirklich makellose Steak, woraufhin ich nur trocken lächelte. Typisch meine Mutter!

Um die Gesprächspause zu überbrücken, denn sowas macht eine anständige Gastgeberin nun mal, wenn das Gespräch ins stocken kommt, räusperte sie sich und fragte dann in einer spitzen Tonlage: »Sie sind also Feuerwehrmann sagen Sie, Ryan?«
»Genau, Misses Wilson«, bestätigte Ryan höflich, während meine Mutter, das habe ich ganz genau gemerkt, abwertend darüber dachte.

»Und wieviel verdient ein Feuerwehrmann so?«, stichelte meine Mutter weiter.
War ja klar, dass solch eine Frage von ihr kommen musste.
Ihre auch an diesem Tag perfekt gestylten braunen Haare, welche schon längst nicht mehr von Natur so aussahen, sondern gefärbt waren, was sie aber nie zugegeben hätte, schienen mich und Ryan genauso streng zu Mustern, wie ihr starrer Blick.

»Um meine finanzielle Situation müssen Sie sich gewiss keine Sorgen machen, Ma'am.«
Ich sah ihren kritischen Blick und wusste, dass wenn ich nichts sagen würde, sie es wieder tun würde und das wollte ich nicht hören.

»Ryan wohnt wirklich in einem außerordentlich schönen Apartmentkomplex und die Eastwoods sind wirklich anständige Menschen.«
Nach diesen Worten wurde mein Vater hellhörig. Nachdem er die ganze Zeit nur anteilnahmslos an seinem Steak knabberte, schaute er nun interessiert in die Runde.

»Eastwood - so wie in der Eastwood Company?«, fragte er.
»Ja, genau so, Sir. Meine Eltern leiten das Unternehmen nun in 4. Generation und auch wenn ich liebend gerne von mir behaupten würde, dass mich die Produktion von Spielwaren interessiert, muss ich Sie leider enttäuschen. Ich fand meine Bestimmung im Retten von Menschen und damit bin ich außerordentlich zufrieden.«
»Da können wir ja froh sein, dass unsere Alexia Sie gefunden hat! Das sind ja tolle Nachrichten! Ihre Familie ist wirklich hervorragend und Sie, Ryan, haben wirklich einen ehrenwerten Job.«

Mein Vater war die Freude über die Neuigkeiten gar nicht mehr aus dem Gesicht zu kriegen und auch meine Mutter war zum ersten Mal seit langem beeindruckt. Auch wenn sie nicht so viel mit den Eastwoods anfangen konnte, wie mein Vater, reichte ihr der Fakt aus, dass mein Vater die Familie in so hohen Tönen lobte.

»Wissen Sie, Ryan, Ihr Vater und ich kennen uns von früher.«
»Ich wage mich zu erinnern, dass mein Vater das erwähnt hat.«
»Dann kennen Sie sicherlich auch den Grund, weshalb unsere Freundschaft fast den Bach runter ging.«
»Nein, das wäre mir neu«, gestand Ryan und nippte an seinem Whiskey.

I never thoughtWhere stories live. Discover now