Verschwiegene Wahrheit

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Mir war klar, dass man sowas nicht tat, allerdings hielt ich es einfach nicht mehr aus. Ich brauchte Antworten auf Fragen, die ich nicht wusste.

An jenem Tag meldete ich mich in der Feuerwache krank und Ryan erzählte ich, dass ich mich die halbe Nacht übergeben hatte.

»Ach, Schatz, du siehst auch echt furchtbar blass aus. Ruh dich aus - ich bring dir später zur Aufmunterung etwas aus dem Lux mit.« Sanft streichelte er über meinen Kopf und drückte mir einen Kuss auf die Stirn, während ich mit der Decke bis zum Kinn gezogen, auf dem Sofa lag und den sterbenden Schwan spielte.

Als die Tür ins Schloss fiel, wartete ich noch eine halbe Stunde angespannt auf dem Sofa, um wirklich sicher zu gehen, dass er nicht nochmal Heim kam.

Ich schlug die Decke zurück, stand langsam auf und tapste auf meinen Zehenspitzen, so als ob er mich jede Sekunde erwischen könnte, in sein Büro, um mir seinen Laptop vom Schreibtisch zu holen.

Ein bisschen schlecht fühlte ich mich nun schon, denn er war so fürsorglich gewesen und in seinen privaten Dingen zu schnüffeln, war nun wirklich nicht richtig.

»Scheiße!« Ich seufzte, denn ich kannte sein Passwort nicht. Ich starrte auf den blauen Bildschirm und tippte ein paar Möglichkeiten ein, welche zu meiner Frustration alle ungültig waren.

Das nützt nichts, dachte ich und brachte den Laptop schon wenig später wieder zurück an seinen Platz. Ich achtete penibel darauf das Gerät genauso hinzulegen, wie ich es vorhin vorgefunden hatte und vergewisserte mich mehrfach, keine Spuren hinterlassen zu haben.
Anschließend ließ ich mich zurück auf das Sofa fallen und grübelte nach, was ich sonst noch tun konnte.

***

Im schnellem Schritt eilte ich über den Bordstein der Stadt. So langsam wurde es kalt in New York und ich war froh meinen Mantel zu haben, den ich gegen die Kälte eng um mich schlingen konnte. Ein Schal und eine Mütze sollten mich zusätzlich noch schützen, denn auch wenn es äußerst unwahrscheinlich war, war mir das Risiko von Ryan erkannt zu werden, doch zu hoch.
Die Feuerwache war ganz in der Nähe der Stadtbibliothek, wo ich nämlich auf dem Weg hin war.

Ich betrat das mächtige Gebäude und sofort erschlug mich ein Hitzeschwall, welcher mich dazu zwang, meine gesamte Tarnung abzunehmen.

Da ich kein Plan hatte, wonach ich suchte, von Ryan aber wusste, dass April leidenschaftlich Geschrieben hat, steuerte ich als erstes eine Bibliothekarin an.

»Entschuldigen Sie«, sprach ich sie mit gedämpfter Stimme an, woraufhin sie sich mit einem professionellen Lächeln zu mir umdrehte und mit genauso gedämpfter, aber durchaus freundlicher, Stimme erwiderte: »Was kann ich denn für Sie tun?«
»Ich hatte gehofft, dass Sie mir mehr über die leider schon verstorbene Jungautorin April Eastwood erzählen können.«
»Hm, einen Moment«, sagte sie und bedeutete mir ihr zu folgen.

Ich lief der kleinen Bibliothekarin, welche in ihren Pumps mit kurzen Absatz schneller lief, als man ihr zutraute, durch die halbe Bibliothek hinterher und musste stets darauf achten, sie nicht zwischen den ganzen Regalen zu verlieren.

»Wie war der Name nochmal?«, fragte sie, als wir vor einem Computer hielten.
»Eastwood, April Eastwood«, wiederholte ich mich.
»Etage 3, Ratgeber«, sagte sie kurz und fing an mir den Weg dorthin mit wirren Gesten zu erklären.
»Dankeschön.« Obwohl ich kein Wort ihrer Beschreibung verstand, drehte ich mich um und wollte gehen.

»Wie war nochmal der Weg?«, wollte ich sie erneut fragen, da ich mir nach einem kurzen Zögern eingestehen musste, dass ich mich in diesem riesigen Bücherdschungel nicht zurechtfinden würde. Aber so schnell und leichtfüßig, wie diese faltige Frau mit dem Lippenstift auf den Zähnen mich hierhergeführt hatte, war sie auch wieder verschwunden, ohne dass ich es bemerkt hatte.

I never thoughtWhere stories live. Discover now