Epilog

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Ein paar Monate später...

»Ist New York zu dieser Jahreszeit nicht am schönsten?«, fragte ich Holly, als wir gerade die Straße zum Lux hinunter gingen.
Überall um uns rum fingen die Bäume an zu blühen und die Vögel zwitscherten.
Ja! Er war es - der Frühling war endlich wieder da!

»Ja«, pflichtete die schöne Blondine mir bei, woraufhin ich einfach nur lächelte.
Ich war glücklich.

Vor ein paar Wochen hatte ich ein langes Gespräch mit Ryan. Seitdem er in Therapie war, hatte er sich wirklich zum guten verändert. Ja, er war in meiner Gegenwart nicht einmal wieder zu dem Mann geworden, der mir so eine verdammte Angst einjagte. Er war ein liebender Mann, der mir die Liebe und den Respekt zeigte, den er mir an guten Tagen immer zeigte.

Ja, ich liebte ihn. Ich liebte ihn noch immer und das war mir so klar, wie ihm, dass er mich noch liebte.
Unsere gemeinsame Zeit bedeutete mir noch immer eine ganze Menge und ich werde ihm niemals genug für das danken können, was er für mich getan hat.

Er hat mich zu einer starken Frau gemacht, die offen für die Liebe war, ein selbstbestimmtes Leben führen konnte und für sich Einstand.
Er hat eine Frau aus mir gemacht, die ihre Träume verwirklichen und sich nicht mehr vor dem Leben verstecken wollte.
Eine Frau, die alte Chancen wieder aufgriff und endlich das tat, was sie schon längst hätte tun sollen.
Aber erst recht hat er eine Frau aus mir gemacht, die ihm niemals verzeihen würde...

»Ist es immer noch schwer für dich?«, fragte mich Holly, die mir in den letzten Wochen immer zur Seite stand und mich auch an diesem Tag aus meiner Wohnung holte, damit ich nicht zurück in mein Loch fiel.

»Ja, denn ich liebe ihn nach wie vor. Und auch nach wie vor, denke ich, dass er ein hervorragender Mann ist. Aber das was er getan hat, kann er nicht wieder gut machen...«, gestand ich, immer noch ein wenig wehmütig, wenn ich an Ryan dachte.

»Ja, Lexi.« Mit einem tröstenden Lächeln drückte sie einmal meine Hand. »Ich bewundere deinen Mut.«

Ehrlich gesagt bewunderte ich meinen Mut selber ein bisschen, denn obwohl ich wusste, dass Ryan mit einer intensiven Therapie wirklich große Fortschritte machte und wir in sporadischen Kontakt zu einander standen, was uns beide gut tat, blieb ich stark.
Es war das Beste für uns beide, wenn wir niemals wieder mehr als Freunde sein würden.

»Ich habe nicht ohne Grund von einer Anzeige abgesehen, denn er wird für immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben. Ich hoffe wirklich, dass er all das Geschehene gut verarbeiten wird und ebenfalls sich wieder für neue Sachen öffnen kann. Er hat nur das Beste verdient, aber mit mir hat es eben einfach nicht sein sollen«, gestand ich, um mir wieder ins Gedächtnis zurufen, dass die harte Trennung notwendig war, dass Ryan krank war...

»Ich besuche ihn nächste Woche auf der Wache. Luzía und die anderen haben mich zum Tag der offenen Tür eingeladen und da sie mir alle doch ziemlich ans Herz gewachsen sind, konnte ich nicht nein sagen. Ich freue mich drauf.«
»Aber nicht dass Ryan und du wieder in Versuchung geratet«, mahnte Holly und hob spielerisch den Finger. Ich lachte.
»Keine Angst, Luzía hat mir ihren persönlichen Wachdienst zugesprochen und wenn Ryan mir auch nur irgendwie zu nahe kommt, dann prügelt sie ihm die Seele aus dem Leib, versprach sie mir.«
Holly lachte ebenfalls. »Luzía ist wirklich ein Schatz!«
»Da hast du recht!«, pflichtete ich ihr bei. »Ohne den Rückhalt der Feuerwache hätten Ryan und ich es auch nicht geschafft. Sie sind Familie und zu wissen, dass sie Ryan nicht verurteilen und ihn einfach auffangen, aber auch für mich da sind ohne Partei zu ergreifen, macht alles viel leichter. Ich bin dankbar«, versicherte ich noch einmal. »Jetzt sollten wir uns aber auf unseren leckeren Kuchen freuen und nicht an das Vergangene denken.«

Strahlend drückte ich die Tür zum Lux auf, woraufhin mir direkt der süße Duft meiner Lieblingsgebäckstücke in die Nase stieg.

»Hallo, Mabel«, begrüßte ich selbstbewusst die Kellnerin, die mich sonst immer zuerst begrüßt hatte, da ich zu schüchtern war, um meine Stimme im Café zu erheben, und ging schnurstracks zu dem Tisch, wo man schon sehnsüchtig auf uns wartete.

»Hallo, Schatz«, begrüßte Hollys Arbeitskollege Jack meine beste Freundin und drückte ihr einen Kuss auf.
»Hallo, Lexi«, wendete er sein Wort an mich, nachdem ich ihm einen belustigten Blick zu warf, da ich es nach wie vor noch nicht ganz fassen konnte, dass Holly nun in festen Händen war.

»Wie ich das alles hier vermissen werde, wenn ich erstmal in Europa bin.« Wehmütig blickte ich der strahlenden Holly ins Gesicht.
»Und du musst wirklich nach Europa gehen? Archäologie kannst du doch auch hier studieren!«, versuchte mich Holly, wie schon unzählige Male zuvor, zu überreden zu bleiben.
Aber mein Entschluss stand fest.
Energisch schüttelte ich den Kopf.
»Ich muss gehen, Holly, die Abenteuer warten schon viel zu lange auf mich...«

So war es nun also.
Ich konnte mich nicht mehr vor dem Leben verstecken. Das Leben spielte nach keinen Regeln, hielt sich an kein Skript.
Und wenn du es selber nicht tatest, traf das Leben die Entscheidungen für dich und zwang dich in die Knie.
Nun war mir aber klar, dass der Anfang und das Ende jeder mutigen Entscheidung Liebe war, weshalb ich mich auch an diesem Tag nicht davor verschloss und dem Leben endlich die Stirn bot...

I never thoughtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt