Kapitel 19

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Marie war gerade dabei, Rotz und Wasser zu heulen, während der Eishockeyspieler unser Gepäck im Taxi verstaute. Sie würde erst morgen abreisen.

„Du musst mich jetzt loslassen, Marie“, entgegnete ich amüsiert.
Sie schüttelte störrisch ihren Kopf.

„Ich werde dich den ganzen Sommer über nicht sehen und kann dich daher so lange drücken, wie ich möchte.“
„Aber das Taxi …“, erwiderte ich standhaft, während ich im Hintergrund Ethans amüsiertes Grinsen studierte.

„Du schreibst mir doch, oder?“

„Jeden Tag und ich rufe dich mindestens zweimal pro Woche an.“

Endlich gab sie sich zufrieden und löste sich von mir.
Auch, wenn man es mir nicht ansah, so fiel es mir ebenfalls schwer, mich zu verabschieden. Der Dunkelhaarige hielt mir die Tür auf. Ein letzter Blick auf mein Zuhause, welches ich für kurze Zeit verlassen werde. Ein letzter Blick auf meine beste Freundin, die ich für eine Weile nicht sehen werde. Ich winkte noch einmal, bevor das Taxi seinen Weg bahnte.

„Jetzt sind es nur noch du und ich.“

Und genau das bereitete mir Sorgen.

***

New York war wie jedes Jahr reichlich gefüllt und so benötigten wir eine ganze Weile, bis sich das Taxi zu unserem Hotel vorarbeitete. Endlich angekommen wollte ich gerade meine Tasche aus dem Kofferraum stibitzen, als sie mir Ethan bereits aus der Hand nahm.

„Lass mich die nehmen.“

Liebevoll lächelte ich ihn an, bevor ich meinen Weg zum Eingang des Hotels fand. Wir waren eine ganze Weile gefahren und dementsprechend müde war ich auch. Recht schüchtern trat ich an die Rezeption heran, wo mich eine herzlich lächelnde Frau begrüßte.

„Wir haben zwei Zimmer auf den Name Harper reserviert. Elenore Harper.“

Es war ungewohnt, meinen ganzen Namen zu verwenden. Schnell tippte sie etwas in ihrem Computer ein, da breiteten sich bereits Sorgenfalten aus.

„Es tut uns leid, doch wir haben nur ein Doppelzimmer auf diesen Namen bestellt.“

„Aber ich habe doch ausdrücklich gebeten, noch ein zweites Zimmer dazuzubuchen.“

Ethan trat an meine Seite, als er verstand, dass es Probleme gab.

„Es muss ein Fehler gegeben haben und kein weiteres Zimmer ist im Moment frei.“

Entschuldigend sah sie mich an, während ich mir verzweifelt die Haare hinter das Ohr schob. Ich kann doch nicht mit Ethan in einem Bett schlafen. Nicht nachdem, was letzte Woche geschehen war.

„Kein Problem, wir nehmen das Zimmer“, entgegnete der Eishockeyspieler.

Verstört richtete ich meinen Blick auf ihn, während die Rezeptionistin erfreut in die Hand klatschte. Natürlich war es für ihn kein Problem, schließlich erinnerte er sich nicht einmal an diese Nacht.

„Ist irgendwas?“

Der Fahrstuhl trug uns gerade die Stockwerke hinauf.
Ertappt sah ich auf zu Ethan, der so nah gerückt war, dass mein Herz begann zu poltern.

„Warum?“, fragte ich atemlos.

„Ich weiß nicht …“

Das Gesicht des Dunkelhaarigen sackte etwas zu mir hinab. Bildete ich mir dieses Knistern nur ein? Die Luft um uns herum, sie begann Feuer zu fangen.

„Du schienst nicht wirklich erfreut darüber zu sein, dass wir uns ein Zimmer teilen würden.“

Seine Hand fuhr hinauf zu meiner Taille. Sie berührte mich nicht, aber ich spürte sie dennoch.

„Ich habe darum gebeten.“

Meine Stimme nur noch ein Hauch von Nichts, während mir diese eine Nacht immer mehr in den Sinn kam und die Dunkelheit seiner Augen wollte mir glauben machen, er dachte an genau dasselbe. Nein, viel mehr dachte er daran, wie es wäre alle Vernunft zu verlieren. Unsere Münder mittlerweile so nah, dass sie sich beinahe streiften. Was hatten Fahrstühle nur an sich? Das Zeichen, dass wir im richtigen Stockwerk waren, ertönte und so schreckten wir auseinander. Ich glaubte ein unverschämtes Lächeln zu sehen, als er vor mir in den Gang schritt. Spielte mir mein Geist jetzt Streiche? Unsicher folgte ich nun der Zahl auf dem Schlüssel und so hielt ich schließlich vor dem Zimmer mit der Aufschrift 563. Ich hielt die Karte an das Schloss und was mir entgegensprang, raubte mir förmlich den Atem. Ein Zimmer gemacht, um sich darin zu lieben. Nicht, dass ich damit Erfahrung hätte, doch so würde ich es mir vorstellen. Das Bett riesengroß, rote Seidenbettlaken, in denen man sich mit Leichtigkeit rekeln könnte. Eine gigantische Fensterfront. Eine Aussicht mit dem gleichen Abstand zum Boden als auch zu den Sternen. Doch da war auch eine Couch, groß genug, dass man darauf schlafen könnte. Ich sah auf zu Ethan, den ich dabei ertappte, wie er sich ebenfalls von seinen Gedanken losreißen musste. Fast als plagte ihn dieselbe Vorstellung.  Soeben schritt mein Begleiter wie von allein zu dem Sofa und setzte seine Sachen drauf ab. Mit einem Mal verschwand der Gedanke, dass er auch nur für eine Sekunde an dasselbe gedacht hatte.

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