Kapitel 45

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Leblos stapfte ich die Hallen der Woodstone Academy entlang. Mein Ziel, mein Zimmer. Was ich dann tun würde, wollte mir beim besten Fall nicht einfallen. Ich war verletzt. Wütend. Ich wollte das nicht empfinden. Wer weiß, vielleicht irrte ich mich auch. Vielleicht hätte ich wie Damian entschieden. Doch wann immer ich an dieser Beziehung festhalten wollte, kam mir Ethan in den Sinn. Ich weiß, wie viel im Eishockey bedeutet. Es ist seine Leidenschaft, sein Ventil, seine Identität und doch hatte er nicht gezögert, wenn es um die Frage ging, er oder ich. Wie sollte ich noch länger mit Damian zusammen sein, wenn er diese Entscheidung nicht traf?

„Elli?“

Ich erstarrte zu einer Salzsäule, als die unsichere Stimme eines gewissen Mannes zu mir drang. Zunächst wollte ich mich nicht umdrehen. Ich wollte rennen so weit ich konnte in der Hoffnung, ich könnte mir diesen Tag aus dem Gedächtnis laufen. Doch ich drehte mich um, die Wangen furchtbar nass, die Muskeln zu einem scheußlichen Ebenbild verzogen. Damians Antlitz war unsicher, fast angstvoll, als er mir entgegentrat. Der Dunkelhaarige wollte seine Hand auf meiner Wange niederlassen, um die Tränen davonzujagen, doch ich schlug sie weg.

„Ich habe alles gesehen“, schluchzte ich.

Etwas perplex begann der Eishockeyspieler zu blinzeln und biss sich dann leicht auf die Lippen.

„Also steckt doch Nathan dahinter.“

Fassungslosigkeit machte sich in mir breit, als ich verstand, dass diese Entscheidung das normalste der Welt für ihn war.

„Du hast dich gegen mich entschieden.“

Damian begann etwas zu schmunzeln, als würde er nicht verstehen, dass unsere Beziehung in den Trümmern lag. In diesem Moment fragte ich mich, ob wir je dasselbe gefühlt haben.

„Was hattest du erwartet, dass ich tue? Eishockey ist meine Leben und ich ahnte bereits, dass Nathan dahintersteckte, also warum sollte ich das riskieren?“

„Weil du damit unsere Beziehung riskiert hast.“

Mit einem Mal durchfuhr Angst seine Iris.

„Ich bitte dich, Elli, jeder würde dieselbe Entscheidung treffen.“

Seine Stimme noch immer so melodisch, als könnte er das unausweichliche verhindern. Ich musste verstehen, dass Damian gar nicht verstand, was Liebe war und ich hatte das offenbar auch nicht verstanden, bis zu jenem Tag. Wenn man jemanden wahrhaftig liebt, dann ist Selbstlosigkeit eine Tugend. Man würde sich immer für die Person entscheiden, auch wenn es heißen würde, alles aufzugeben, was einen ausmacht.

„Ich habe eine andere getroffen und Ethan ebenfalls.“

Als sein Name ertönte, befiel die Schwärze der Eifersucht sein Gesicht.

„Geht es darum? Geht es um Ethan?“

Vehement schüttelte ich den Kopf. Ich konnte das nicht mehr. Ich wollte keinen Moment länger in seiner Nähe sein. Nicht, weil ich ihn hasste, sondern weil ich das Gefühl hatte versagt zu haben. Es gab eine Zeit, da hatte ich geglaubt Damian verändern zu können. Sein Wesen, das, was ihn gewissermaßen ausmachte und dies ist auch teilweise gelungen, doch so musste ich ebenfalls einsehen, dass ich nicht wusste, was Liebe war.

„Es geht um deine Entscheidung, Damian. Nathan hat mit seiner Drohung nicht geblufft.“

Noch mehr Furcht umfasste sein Herz. Ich spürte seine Hand, wie sie sich angstvoll in mein Fleisch krallte, als wüsste sie, dass ich gleich beginnen würde zu rennen.

„Bitte, Elenore, lass uns darüber reden.“

Ich befreite mich von seinem Griff und schüttelte unter Tränen das Gesicht.

„Ich beende unsere Beziehung, Damian.“

Ich machte unter leblosen Augen kehrt.
 
„Ich entscheide mich für dich.“

Einen Moment hielt ich inne, verstand, dass er das nur aus Angst sagte.

„Es ist zu spät, Damian.“

Noch ein paar Schritte ging ich voran, rechnete damit, dass kein Mucks mehr von ihm kommen würde. Gerade stand jemand Fremdes hinter mir. All die positiven Zeiten unserer Beziehung huschten wie in einem Film vor meinem inneren Auge vorbei. Vielleicht reagierte ich doch über. Vielleicht warf ich gerade das Beste weg, was mir je widerfahren war. Jetzt schüttelte ich den Kopf. Ich könnte nie mit seiner Entscheidung leben.

„Wenn du jetzt gehst, sollte dir bewusst sein, dass du nicht wegen dem Brief gehst. Du hast immer daran gezweifelt, ob es die richtige Entscheidung war, mich statt Ethan zu wählen und bei der kleinsten Stufe entscheidest du dich für ihn, wie ich mich für das Eishockey.“

Mit einem Mal verschwand all der Kummer in meinem Herzen. Was, wenn das stimmte? Was, wenn ich insgeheim eine Flucht aus dieser Beziehung suchte, weil ich in Wahrheit mit jemand ganz anderem zusammen sein wollte.

„Es tut mir leid.“

Passende Worte für das Ende einer Beziehung.

Woodstone Academy Where stories live. Discover now