Kapitel 19

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Ich konnte nicht schlafen, obwohl ich schon alles versucht hatte. Ich hatte Schäfchen gezählt, mir was zu trinken geholt und mir sogar selbst ein Schlaflied vorgesungen, aber trotzdem lag ich noch immer wach. Um drei Uhr morgens. Ich war viel zu aufgewühlt, um zu schlafen. Das lag allerdings nicht an dem, was ich gestern erfahren hatte oder dass ich nicht verkraften konnte, dass ich von lauter Fabelwesen umgeben war. Eigentlich kam ich damit sogar unerwartet gut klar. Was mich dagegen sehr aufwühlte, war der gestrige Abend. Lodur und ich hatten uns noch eine Weile unterhalten, bevor wir schließlich alle ins Bett gegangen waren, aber seitdem bekam ich ihn einfach nicht mehr aus meinen Gedanken. Mit seinen schönen dunkelblauen Augen und den schwarzen lockigen Haaren, die ihm immer in das blasse, aber ebenmäßige Gesicht fielen und ... "Ach jetzt hör aber auf!", fuhr ich mich selbst an und vergrub meinen Kopf noch tiefer unter der Bettdecke. Jetzt fang doch bitte nicht auch noch wie die Mädchen von meiner Schule rumzuschwärmen, als gäbe es kein Morgen! Du kennst ihn ja nicht mal! Und außerdem hattest du dich schon dafür entschieden, ihn doof zu finden. Unruhig drehte ich mich auf die andere Seite und starrte die Wand an. Doch das hielt ich nur genau zwei Sekunden aus, bevor ich mich aus dem Bett rollte und ins Badezimmer watschelte, um mir dort eine Ladung kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen. Müde schlürfte ich zu einer, der mittlerweile drei Türen, da die für das Wasser bändigen noch dazu gekommen war. Doch kaum hatte ich sie erreicht, hörte ich auf dem Flur Schritte. Schwere Schritte. Und viele. Wer war denumerably die Uhrzeit noch wach? Seltsamerweise hatte ich auf einmal das Gefühl, dass ich hier ganz schnell verschwinden sollte, doch da war es bereits zu spät. Die schwere Eichentür wurde aufgerissen und ein halbes Dutzend zwei Meter großer Muskelberge in polierter Rüstung kam herein gestürmt. Ihnen voraus ging ein kräftiger, bärtige Mann, welcher hochnäsig das klimpert Kinn nach vorne schob und mich mit einem alles vernichtenden Blick anstierte. Schließlich blieb er einige Meter vor mir stehen und sagte mit triumphierenden Miene: "Fleur Blanche, hiermit verhafte ich dich auf den Geheiß König Odins von Asgard aufgrund schwersten Verrats gegenüber der königlichen Familie und aller uns bekannten Welten!" Einen Moment lang konnte ich nichts anderes tun, als ihn mit offenem Mund anzustarren. Was bildet sich dieser Typ überhaupt ein?! Zum Einen war es mitten in der Nacht und ihren hatte lediglich ein extrem kurzes Nachthemd an, welches gerade einmal das Nötigste verdeckte. Und was zur Hölle meinte er mit Verrat? Ich hatte ganz sicher niemanden verraten und erst recht keine königliche Familie. " Wie bitte?", hauchte ich nur, denn kompliziertere Worte waren momentan einfach nicht drin. Der Mann schnaubte abfällig und drehte sich genervt zu einem seiner Kumpane herum. "Führt sie ab!", sagte er in einem Ton der keinerlei Widerspruch duldete und auch keinen bekam. Sofort wurde ich unsanft am Arm gepackt und aus dem Zimmer geschliffen ohne, dass meinem zahlreichem Geschrei und Getrete auch nur die geringste Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Sie zerrten mich einfach unaufhaltsam hinter sich her, die Gesichter zu ausdruckslosen Mienen versteinert. Was sind das für Menschen? Und was zur Hölle wollen die von mir? Nichts Gutes, so viel steht fest. Ich gab es auf, mich zu wehren. Es war sinnlos. Gegen diese Giganten kam ich einfach nicht an.

"Widerstand ist zwecklos!", hörte ich einen der Soldaten brüllen, während ich weiterhin unsanft um in einem anderen Korridor gezerrt wurde. Neben ihm standen etwa fünf weitere Soldaten, die zusammen versuchten, gegen Lodur zu bestehen, der mit einem stählernen Langschwert vor ihnen stand und bereits drei seiner Gegner erfolgreich zu Fall gebracht hatte. Diese lagen röchelnd auf dem Boden und versauten mit ihrem Blut den rot-gold gestickten Teppich. Doch trotz dessen konnte ich meinen Blick nicht von seinem bloßen Oberkörper wenden, auf dem eine große Narbe senkrecht nach unten verlief. Die Blutsspritzer seines vierten Gegners machte den Anblick auch nicht besser. Mit einem Mal fühlte ich mich besser. Ich war mir sicher, daß Lodur, sobald er mit den Typen da drüben fertig war, mich aus den Händen der überheblichen Idioten befreien und alles wieder gut werden würde. Er würde mich retten. Doch zu früh gefreut. Der Soldat, der noch vor wenigen Sekunden herum gebrüllt hatte, hatte es geschafft die Deckung des angeblich Gottes zu durchbrechen und stieß ihm nun mit voller Wucht das Schwert in die Seite.

Einem Moment lang herrschte absolute Stille, dann fiel Lodurs Schwert klirrend zu Boden und er brach mit einem Keuchen zusammen. "Neeeiiiin!!!", schrie ich und versuchte mich erneut von meinen Peinigern los zu reisen. Und erstaunlicherweise gelang mir das sogar. Mehr stolpernd als laufend rannte ich auf den zusammen gesackten Lodur zu und versuchte verzweifelt den Blutfluss zu stoppen, auch wenn ich eigentlich wusste, dass es sinnlos war. Mit einem starken Brennen stiegen mir die Tränen in die Augen und ich begann laut zu schluchzen, während die Blutlache um uns immer größer wurde. Hände versuchten mich weg zu zerren, doch ich wehrte mich so gut ich nur konnte.

Erst als ich einen dumpfen Schlag auf meinem Kopf fühlte und die Dunkelheit kurz davor stand mich komplett zu verschlingen, gab ich nach und ließ mich von ihr an einem weit entfernten Ort tragen.

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⏰ Last updated: Jun 13, 2015 ⏰

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Begabte - Götter in AusbildungWhere stories live. Discover now