Those empty eyes (Mafia) Teil 4

-83-

"Signora?"

Wie in einer Trance gefangen, saß ich im Krankenwagen an Darios Seite und hielt seine Hand so fest ich konnte, während einer der Sanitäter die Verletzungen an seiner Brust behandelte.

Er hatte so viele Ergüsse, dass ich mir nicht im Geringsten hätte vorstellen können, was für Schmerzen er hatte ertragen müssen. Einzig die Aussicht darauf, mich an jedem einzelnen von seinen Peinigern zu rächen, ließ mich weiteratmen und als wir dann zu meiner Erleichterung endlich am Krankenhaus ankamen, öffnete der Sanitäter die Doppeltür hinter mir und ich erkannte draußen Jennifer. Sie stand vollkommen verzweifelt im Regen und sah mir voller Hilflosigkeit entgegen.

"Ludovica... Ich-... Ich-", stotterte sie immer wieder panisch, doch ich konnte gar nicht auf sie eingehen. Nur widerwillig ließ ich Darios Hand los und bewegte mich wie von selbst nach draußen, um direkt an ihr vorbei ins Innere des Krankenhauses zu laufen.

Die vielen Menschen um mich herum, kamen mir wie Geister vor. Ich hörte ihr Tuscheln, erkannte ihre Blicke auf mir, doch ich befand mich geistig nicht mehr hier. Alles war so unwirklich. Wie ein dunkler Schleier der Illusion und erst, als ich Nunzio vollkommen fertig auf einem der Stühle sitzen sah, riss ich mich wieder zusammen und lief eilig auf ihn zu.

"Wo ist er?", wollte ich mit bebender Stimme wissen und sofort stand Nunzio auf, um mich fest in seine Arme zu ziehen.

"Er wird noch operiert", sprach er unter Tränen und ich spürte dabei, wie er am ganzen Körper zitterte. Auch ich begann erneut zu weinen, doch versuchte es so gut es ging zu unterdrücken. Ich musste jetzt stark sein, denn jeder einzelne meiner Familie war gebrochen.

Dario - bewusstlos...
Gino - kämpfte um sein Leben...
Nunzio - kraftlos und am Ende...

Auch auf Enzo war kein Verlass mehr, denn er würde schon bald erfahren, dass seine beiden Söhne im Krankenhaus lagen und seine Enkelkinder entführt wurden. Ich hoffte einfach nur, sein Herz wäre stark genug, das alles zu ertragen und nur zögerlich löste ich mich wieder von Nunzio, der daraufhin mit seinen glasigen Augen an mir vorbeisah. Ich drehte mich auf seinen Blick hin ebenfalls herum und erkannte Jennifer, die schluchzend auf uns zukam. Natürlich wollte Nunzio direkt an mir vorbei und auf sie zu, doch ich war schneller und riss Jennifer an ihrem Arm mit mir, um mich einige Schritte von Nunzio zu entfernen.

"Jennifer", sprach ich eindringlich und sah sie dabei mit ernstem Ausdruck an. "Keiner darf wissen, dass sie die Küken haben, verstehst du mich?!", erklärte ich unter Tränen und sie schien vollkommen überfordert und sah mich an, als wäre sie gar nicht mehr ganz da. "Du fährst jetzt sofort zu einem Hotel und bleibst dort. Ich sage jedem, dass die Küken bei dir in Sicherheit sind."

"Aber-", wollte sie etwas entgegensetzen und sah dabei an mir vorbei zu Nunzio, der uns ununterbrochen beobachtete.

"Es gibt kein Aber! Gino wird sich nicht erholen, wenn er das wüsste und Enzos Herz...", flüsterte ich und sah ihr dabei tief in ihre Augen. "Fahr ins Hotel! Ich kümmere mich um den Rest."

"Sie müssen es wissen!", wurde sie plötzlich lauter, doch ich riss sie sofort mit mir, um mit ihr gemeinsam nach draußen in den Regen zu laufen. Nunzio wollte uns folgen, doch ich gab ihm mit einer Handbewegung zu verstehen, dass er uns alleine lassen sollte.

Erst, als wir unter dem Vordach des Krankenhauses ankamen, holte ich erneut tief Luft.

"Wenn Nunzio es erfährt, weiß es auch Gino, sobald er aus dem Op kommt und aufwacht. Was denkst du, was dann passiert?! Er wird nicht eine Sekunde in diesem Krankenhaus bleiben und alles in seiner Macht stehende tun, um sich seine Küken zurückzuholen. Was denkst du, was dann passiert?! Denkst du, er würde das in seinem Zustand schaffen!", erklärte ich ihr etwas lauter meine verzweifelten Gedanken und schüttele dabei an ihren Schultern, denn sie hörte einfach nicht auf zu weinen. "Dario ist hier, ebenfalls am Ende seiner Kräfte. Nicolo wurde angeschossen! Julia braucht Felice, denn Nunzio ist wegen Ginos Zustand vollkommen neben sich und Enzo... Er ist mit seinem schwachen Herz ebenfalls keine Hilfe!"