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Lilith

Eine junge Frau wird betrogen, vergewaltigt und geschlagen und das von verschiedenen Männern. Der Schmerz ist unbeschreiblich. Es ist nicht äußerlich, da Wunden heilen, sondern innen. Man ist verletzt und traumatisiert. Ich bin verletzt und traumatisiert.

Schwer öffne ich meine Augen und befinde mich immer noch im Treppenhaus. Keine Spur von Emilio, er scheint, weggegangen zu sein. Ich setze mich auf und stöhne schmerzerfüllt. Mein Rücken tut weh und mein Kopf fühlt sie so an, als würde jemand dagegen hauen. Ich schaue hoch und merke, dass ich um die 30 Stufen heruntergefallen bin. Wie lange ich wohl bewusstlos war?

Emilio ist einfach gegangen und es fühlt sich für mich wie ein Schlag ins Magen an. Wie kann so ein Mann, der so liebevoll ist und dazu noch Arzt ist, jemanden sowas antun? Wo ist der Scham? Wo ist die Reue?

Ich sah Reue in seinen Augen, jedoch war es nicht die Reue, was er mir angetan hat, sondern die Reue dafür, dass er mir vertraut hat. Die Tränen fließen durcheinander und ich schluchze leicht auf. Mein Blick schellt nach oben, als sich die Tür öffnet und ein breiter Mann kommt auf mich zu. Emilio.

Direkt setze ich mich auf und stöhne wieder schmerzhaft. Mir tut alles weh und das scheint er auch zu merken. Langsam setzt er sich neben mich und legt das Verbandskasten zur Seite.

Unsere Blicke treffen sich und wir schlucken schwer. Viele Wörter liegen in der Luft, aber niemand spricht sie aus. Seufzend öffnet er den Kasten und nimmt ein Spray raus ehe er es auf einem Wattepad drauf sprüht und es auf einer Wunde auf meiner Stirn tupft. Das brennen ignoriere ich komplett und spüre im Moment ansatzweise kein Schmerz. Meine Gedanken schweben nur bei der Frage: warum?

"Tut mir leid," beginnt er leise und betrachtet mein Aussehen. Das erste Mal spiegeln seine Augen Reue und ich weiß, dass er es ernst meint. Es tut ihm leid und zudem ist ihm seine Karriere wichtig. Ein Wort und seine Arztkarriere wäre vorbei und das scheint ihm auch gut bewusst zu sein. Er möchte nicht, dass ich mich ausplappere, denn wenn ich es tue, wird er niemals einen anderen Job bekommen. Er arbeitet in einem so guten Krankenhaus und niemand würde es hier freiwillig verlassen.

"Ich wollte es nicht," flüstert er und ist tränennah. Seine Augen spiegeln Feuchtigkeit und ich seufze nur leise. Ich möchte nichts sagen, denn ich sehe keinen Grund dafür. Wieso denn auch? Was soll ich überhaupt sagen? Er hat mich belästigt und er weiß es. Ihm ist alles bewusst, denn wäre es es nicht, dann wäre er nicht hier.

"Ich habe Aggressionensprobleme seit Jahren," beginnt er und behandelt meinen Arm. Das Spray desinfiziert meine Wunden, weshalb ich leise schreie. Mein Mund öffnet sich und meine Augen schließen sich schmerzhaft. Mein Körper ist verkrampft und weitere Tränen fließen.

"Trotz meinen Aggressionen entschied ich mich dazu, Medizin zu studieren. Jedoch wollte kein Krankenhaus mich, da es zu Problemen führen könnte, wie diese hier," meint er und deutet auf uns.

"Jedoch war Emilia zu gutherzig und sie nahm mich, aber mit einer Bedienung. Wenn ein Vorfall wegen mir entsteht, dann werde ich ohne zu zögern gefeuert," flüstert er und betrachtet meine Wunden. Seine Stimme zittert leicht und er seufzt.

"Mein Vater hat meine Mutter betrogen," flüstert er und direkt wendet sich mein Blick zu ihm. So viel Schmerz zeigt sein Blick und ich kann nicht anders, als ihn zu umarmen.

Er tat mir weh, keine Zweifel, aber ich verzeihe ihm. Er hat den Betrug seiner Eltern herausgefunden und wollte zu mir, jedoch sah er mich mit Denis, und seine Wut ließ er auf mich aus.

Als ich meine Arme um ihn schwingen wollte, schupste er mich leicht weg. Nicht hart, aber es zerbricht meinen Herz, denn ich weiß, dass er mir nicht verzeihen wird.

"Du warst mein Halt Lilith," flüstert er und packt den Verbandskasten zusammen. "Jedoch kann ich dir nicht verzeihen, deswegen halte dich von mir fern!" sagt er und betrachtet mich. Seine Augen liegen auf meinen Wunden und ich senke meinen Blick.

Unkontrolliert weine ich und nicke nur. Kein Wort verlässt mein Mund und ohne mich umzudrehen, verschwinde ich aus dem Treppenhaus.

Ich laufe ins nächste Klo und schaue mich im Spiegel an. Meine Wunden sind gut zu erkennen und die blauen Flecken ebenfalls. Emilio hat es zwar desinfiziert, aber nicht verbunden.

Meine Füße bringen mich zu meinem Spind, wo ich meine Sachen nehme und mich schnell umziehe. Die Kapuze ziehe ich mir über den Kopf, um meine Wunde zu verdecken und ich schließe meine Jacke, damit man nichts erkennt. Mit wackligen Beinen gehe ich aus dem Krankenhaus raus und atme die kühle Abendluft ein. Ich schaue auf die Sterne und versuche die Tränen zu vertuschen.

"Lilith?" höre ich die bekannte Stimme und direkt schaue ich in seinen grauen Augen. Als er meinen Gesicht merkt, weiten sich seine Augen. Seine grauen Augen betrachten mich und bevor er auf mich zu kommen kann, renne ich in seinen Armen.

Seine Arme schlingen sich direkt um meinen Körper und ich suche Halt. Meine Tränen fließen unkontrolliert und leise flüstert er mir beruhigende Sachen zu.

Denis ist mein Halt und auch wenn jeder gegen uns wäre, werde ich ihn nicht aufgeben.

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Meine ungewollte SchwächeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt