Kapitel 19

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Tiara Bluero

Ich stand wieder vor seinem Fenster. Ich hatte wie letzte Nacht mit einer kleinen Wolldecke hier übernachtet, konnte aber kein Auge zu tun.

Früh am Morgen betrat Nathans Mutter das Zimmer: "Guten Morgen Schatz, wie geht es dir."
Sie sah müde aus und ihr Haar war zerzaust.

"Ich komme klar. War Tiara hier", fragte er und wieder sah ich diesen hoffnungsvollen Ausdruck auf seinem Gesicht.

"Nein, was ist geschehen zwischen euch?"

Er sah etwas zerknirscht drein: "Ich habe ein Gespräch belauscht und ihr Haus durchsucht, weil sie mir etwas verheimlicht."

"Sie hat dir aber bereits ihren wahren Nachnamen verraten, oder?"

Nathan nickte vorsichtig um ruckartige Bewegungen zu vermeiden: "Ich weiß nicht, was ich tun soll."

Ein sanftes Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht: "Liebst du sie?"

Ich hielt meinen Atem an. Das dröhnende Pochen meines Herzens übertönte jedes Geräusch. Ich nahm einige langsame Atemzüge um mich zu beruhigen.

"Ja", war seine schlichte Antwort. Mein Herz raste wieder los und ein glückseliges Gefühl breitete sich in mir aus.

"Dann sprich mit ihr und klärt eure Differenzen. Kämpfe für deine Mate. Deine Liebe. Eure Liebe."

Das Vibrieren meines Smartphones riss mich aus meinen Gedanken. Ein Anruf von Pablo.

Pablo: Hey Tiara, es gibt Neuigkeiten.

Tiara: Was gibt es?

Pablo: Ich habe Zugriff auf die Lagerpläne des Titan-Rudels. Insgesamt fast zweihundert Seiten mit verschiedenen Gegenständen und deren Standorte.  Auf einem von ihnen muss auch das Gegengift sein. Wenn du herkommst, können wir sie gemeinsam durchsuchen.

Tiara: Bin in einer halben Stunde da.

Ich legte auf und warf noch einen letzten Blick durch die verregnete Scheibe auf Nathan und seine Mom, dann trat ich den Joint aus und fuhr los.

Der Regen peitschte gegen meine Lederjacke und durchnässte meine Jeans, doch das kümmerte mich nicht.

Auf dem großen Parkplatz hielt ich an und rannte an Garry vorbei auf Pablo zu, der mit ein paar Zetteln an der Bar saß.

Er schob mir einige Zettel zu: "Das Gegengift hat die Abkürzung GFH1538."

Ich ging das erste Blatt nach der Abkürzung durch, wurde aber nicht fündig.

Die folgende Stunde las ich mir die Tabellen durch nach der Abkürzung, bis ich sie schließlich auf einer der letzten Blätter fand.

In der Zeile stand eine weitere Nummer: 63952896

Verwirrt reichte ich Pablo den Zettel, doch der schien genau zu wissen, was er tat.

Er gab einige Informationen in seinem Computer ein und auf dem Bildschirm wurde ein Kreis mit dem Durchmesser von etwa zwanzig Kilometern angezeigt.

"In diesem Umkreis muss das Lager sein. Näher kann ich es leider nicht bestimmen."

Auf den Weg in den markierten Bereich informierte ich Tony über alles weitere und er schickte einige Männer um nach dem Standort zu suchen.

Nachdem ich Nathan noch ein letztes Mal besucht hatte, fuhr ich ebenfalls in den makierten Bereich.

Es war bereits Dunkel geworden, doch das hielt mich nicht davon ab durch die verlassenen Straßen zu fahren und Ausschau nach dem Standort des Titan-Rudels zu halten.

Tonys Nachricht kam gegen Mitternacht.

Tony: Das Titan-Rudel besteht aus fast vierzig Wölfen, also seit vorsichtig, wir sind gerade in der Unterzahl.

Jede weitere erfolglose Stunde schürte meine Wut noch mehr an. Die Wut auf Nathans Vater, weil er nichts unternahm.

Die Wut auf das Titan-Rudel, weil sie Nathan so etwas Schlimmes angetan hatten und die Wut auf mich selbst, weil ich es zugelassen hatte.

Und das Titan-Rudel würde dafür bezahlen, was sie meinem Mate angetan hatten. Ich würde sie für jede Sekunde seiner Schmerzen leiden lassen.

Tony rief mich an.

Tony: Einer meiner Männer sagt er hätte das Versteck gefunden. Es ist etwa zweihundert Meter nördlich der Universität.

Tiara: Ich mache mich auf den Weg.

Ich beschleunigte meine Schritte und bog in die nächste Straße ein, die hinter die Universität führte.

Kurze Zeit später stand ich vor einem grauen Lagerhaus. Kameras hingen überall an den Wänden und ein dünner Werwolf wartete davor.

Ich rief Tony an.

Tiara: Ich gehe da rein. Es könnte jeden Moment zu spät sein für Nathan.

Tony: Wir wurden angegriffen. Vier Wölfe sind schwer verwundet und zwei wurden getötet. Wir müssen auf Verstärkung warten.

Tiara: Ich kann nicht warten.

Tony: Laut einem unserer Angreifer sind da vierunddreißig Männer drin, warte bis wir da sind."

Tiara: Wie lange braucht ihr hier her?

Tony: Eine Stunde.

Tiara: Das ist zu lange. Ich muss da jetzt rein.

Tony: Du wirst sterben!

Tiara: Damit Nathan leben kann. Ja, das ist der Plan.

Tony: Tu das nic-

Ich sah auf die Uhr, nachdem ich aufgelegt hatte. Nathan hatte nicht mehr lange zu leben und eine Stunde mehr könnte ihn vermutlich töten.

Ich gab dem Mann von Tonys Rudel ein Zeichen hier draußen zu warten und stieß die Türen zu der Halle auf.

Dann trat ich ein und lächelte grausam.

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Tony: "Warum vertraust du niemanden?"
Tiara: "1. Ich kenne sie nicht.
2. Ich kenne sie."

Eins gegen vierunddreißig, was kann da schon schief gehen?

Liona

Die Rache der einsamen WölfinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt