Kapitel 20

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Tiara Bluero

Das erste Sonnenlicht drang durch schmale Spalten durch die Metallwände. Der Raum des Lagers schien ein Gesellschaftsraum zu sein, in dessen Mitten ein großer runder Tisch stand.

Sechs Gestalten saßen am Tisch und drehten ihre Köpfe in meine Richtung, während eine Siebte den anderen kalte Getränke servierte.

Von dem Raum ging auf der linken Seite eine Küche ab, aus der das Klappern von Geschirr und Gesprächsfetzten drangen und von der rechten Seite ein Schlafsaal.

Ich fixierte jeden einzelnen der Werwölfe vor mir mit meinem Blick:

"Ihr hättet meinen Mate nicht vergiften sollen."

Der Erste von ihnen sprang auf und stürmte auf mich zu, doch meine Wut hatte inzwischen die Oberhand gewonnen.

Ohne lange zu zögern schlitzte ich ihm die Kehle auf und verwandelte mich in meinen Wolf. Blutspritzer verfingen sich in meinem schwarzen Fell.

Den folgenden Angriffen der anderen wich ich geschickt aus. Und versetzte einem von ihnen einen Schlag, sodass er bewusstlos zu Boden sackte.

Ein Kratzer zog sich meine Flanke entlang, doch ich ließ mich nicht von dem Schmerz aufhalten. Er machte mich noch wütender und stärker denn je.

Ich biss einem die Kehle durch, während ich einem anderen eine tiefe Wunde verpasste.

Ich schmeckte den metallischen Geschmack von Blut auf meiner Zunge. Doch es war nicht mein eigenes Blut, das meine Lippen benetzte, sondern dass meiner Feinde.

Als endlich alle sieben tot auf dem Boden lagen, ging ich durch eine hohe Tür in die Lagerhalle.

Ich besah mir die Regale, bis mein Blick auf eine kleine Phiole, in der eine matt gelbe Flüssigkeit schwamm, fiel.

Vorsichtig nahm ich das kleine Glasgefäß zwischen meine Zähne und verließ den Raum. In dem ersten Raum warteten bereits weitere Werwölfe auf mich.

Neun Werwölfe standen in einem runden Kreis um die reglosen Leichen ihrer Kameraden.

Ich stürzte mich sofort auf den Ersten von ihnen. Der Kampf war zwar nicht ausgeglichen, doch ich spürte noch nicht einmal den Schmerz, als einer der Wölfe mir in mein Hinterbein biss.

Ich spürte Blut aus der Wunde laufen, doch das war mir egal. Ich wollte Rache!

Ich tötete einen nach dem anderen von ihnen und immer wieder strömten mehr Gegner aus den Nebenräumen.

Schließlich versetzte ich meinem letzten Gegner den letzten Stoß und heulte um meinen Sieg zu verkünden.

Da das Adrenalin nachgelassen hatte, spürte ich nun auch den Schmerz, der sich in meinem ganzen Körper ausbreitete.

Ich hatte einige tiefe Schnitte in der Flanke und Bisse an meinen Hinterbeinen. Die Klaue eine Wolfes steckte noch tief in meinem Bauch und brannte höllisch.

Die Tür wurde aufgerissen und der kleine Wolf aus Tonys Rudel kam herein.

Ich verwandelte mich zurück in meine menschliche Gestalt und stöhnte schmerzerfüllt, als die Kralle dabei noch tiefer in mein Fleisch gedrückt wurde.

Keuchend brachte ich heraus: "Bring das Gegengift ins Krankenhaus."

Er sah mich unschlüssig an: "Aber Miss, sie sind verle-"

"Bring es sofort ins Krankenhaus", fuhr ich ihn an und legte jede Entschlossenheit und Kraft in diese Worte.

Unterwürfig nickte der Mann und verschwand leise.

Sobald er außer Sichtweite war fiel ich auf meine Knie und starrte an die Decke der Halle.

An ihr hingen ebenfalls Überwachungskameras, doch das war egal. Ich wusste, dass meine Zeit abgelaufen war.

Mein Körper war dreckig und blutverschmiert.

Ich legte eine Hand über meine Augen und versuchte meinen Körper in den letzten Minuten meines Lebens zu entspannen.

Was würde ich gerne noch tun, bevor ich starb?

Ich hätte gerne noch Nathan gesagt, dass ich ihn liebte und mehr Zeit mit ihm verbracht.

Ich hätte Nathan so gerne von meiner Fähigkeit erzählt und wäre mit ihm zusammen Bilder aus meiner Vergangenheit durchgegangen.

Ich hätte gerne Tony erzählt, wie wichtig er mir war.

Ich hätte gerne mein Rudel an Alexander und den Reacher gerächt.

Und ich hätte gerne gelebt. Gelebt ohne Angst von diesem Bastard Alexander zu haben.

Ich legte mich auf meinen Rücken und sah an die Decke.

Traurig lächelte ich meinem Tod entgegen. Das alles ging nun nicht mehr.

"Ich liebe dich, Nathan."
Meine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, doch es war das einzige, was ich tun konnte.

Lächelnd schloss ich meine Augen und genoss die Stille die darauf folgte.

Es war ruhig. Eine formlose Leere ohne Geräusche und Gerüche. Ein eintöniges Grau.

Und es war okay. Es war okay für mich zu sterben. Denn ich hatte meine letzten Wochen mit ihm verbracht. Meinem Mate.

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Tiara: "Schon mal aufgefallen: "Wenn man jemanden tritt, reißt er den Mund auf wie bei einem Klappmülleimer."

Trauriges Ende. Aber es geht ja noch weiter...

Liona

Die Rache der einsamen WölfinWhere stories live. Discover now