Konfrontation

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Nach den beiden Mathestunden und der Pause trennten sich unsere Wege erst einmal bis zur Mittagspause. Diese verbrachten wir zwar zusammen, redeten aber nicht miteinander. Aiden schien noch immer verunsichert zu sein und ich hatte ebenfalls keine Ahnung, worüber ich mich mit ihm unterhalten konnte. Irgendwie schien kein Thema so richtig passend. Und dann war die Mittagspause auch schon wieder vorbei und unser Stundenplan trennte uns erneut. Nach der neunten Stunde trafen wir uns an den Fahrradständern und fuhren schweigend los. An der Kreuzung blieben wir stehen. Ich starrte den Waldweg hinauf und dann den Weg zu meinem Haus entlang. „Können wir noch kurz bei mir vorbei? Dann kann ich die Schulsachen holen und meinem Vater bescheid geben. Und er kann dich mal kennenlernen“, meinte ich und blickte zu Aiden, der mir sofort zustimmte. Also fuhren wir weiter und blieben vor meiner Garage stehen. Aiden schaute an der Fassade empor. „Nettes Haus“, sagte er und folgte dann mit seinem Blick dem kleinen Schleichweg, der in unseren großen Garten führte. „Ja, das Haus sieht noch genauso aus wie zu der Zeit, als meine Großeltern darin gewohnt haben. Natürlich haben wir es saniert und drinnen ist alles modern, aber die Fassade wollten meine Eltern so lassen“, berichtete ich und schloss die Tür auf. „Papa, ich bin zu Hause! Ich habe Aiden mitgebracht! Wir wollen gleich zu ihm gehen und was für die Schule machen“, rief ich ins Haus und wandte mich dann an Aiden. „Wartest du kurz hier? Ich hole schnell die Sachen aus meinem Zimmer.“ Aiden nickte und ich rannte die Treppe hinauf.

Schnell griff ich mir den Beutel mit den Schulsachen aus der ersten Schulwoche. Er lag immer noch genau dort, wo ich ihn am Samstag hingeschmissen hatte. Ich kontrollierte, ob auch wirklich alles drin war und tat noch mein Mäppchen und meinen Matheordner mit rein. Dann konnten wir später gleich die Hausaufgaben zusammen machen. Ich stieg die Treppe wieder hinunter und blieb auf dem untersten Absatz stehen, als ich meinen Vater sah, der Aiden gegenüber stand. Die beiden musterten sich, wobei mein Vater seine Stirn in Falten gezogen hatte und Aide, wohl unterbewusst, auf seiner Lippe kaute. „Papa“, sprach ich. Die beiden zuckten zusammen und wandten ihre Köpfe synchron mir zu. „Darf ich dir vorstellen: Das ist Aiden Miller. Ich hab dir ja schon von ihm erzählt. Aiden, das ist mein Vater Pascal Redhead.“ Die beiden blickten sich wieder stumm in die Augen. Ich runzelte meine Stirn. Was zum Teufel betrieben die beiden da? Gedankenübertragung? Oder versuchte mein Vater, Aiden mit seinen Blicken zu töten? Genauso sah es zumindest aus. „Ich heiße es nicht gut, dass du meine Tochter am Samstag versetzt hast, Junge“, sprach mein Vater plötzlich und sowohl Aiden als auch ich zuckten zusammen. Aiden hatte ja keine Ahnung, was für eine Lüge ich meinem Vater aufgetischt hatte. Meine Wangen wurden warm. Außerdem klang das so, als hätten wir beide ein Date gehabt oder sowas.

„Sie hat sich den ganzen Tag in ihrem Zimmer eingeschlossen und war sehr traurig. Ich hoffe, ihr habt das am Sonntag geklärt.“ Aidens Blick flog zu mir. Seine Augen schimmerten. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Machte er sich Vorwürfe? „Papa!“, schritt ich ein, doch mein Vater starrte weiter Aiden in Grund und Boden. „Wir haben das geklärt. Es ist wieder alles gut. Aiden hat es wieder gut gemacht.“ „Das will ich doch hoffen“, zischte mein Vater. Ich war wirklich erstaunt. So kannte ich ihn gar nicht. Normalerweise war er immer besonnen und nett zu jedem. Aber gut, ich hatte mich auch noch nie wegen irgendjemandem einen ganzen Tag lang in meinem Zimmer eingeschlossen. „Na gut“, murmelte mein Vater und streckte Aiden die Hand entgegen, die er nach kurzem Zögern auch annahm und sie schüttelte. Mit einem Ruck zog mein Vater Aiden näher zu sich und beugte sich etwas runter. „Lass mich eines klarstellen: Verletzt du meine Tochter noch einmal so sehr, mach ich dir die Hölle heiß.“ „Papa!“ Mein Vater ließ Aidens Hand los und entfernte sich einen Schritt von ihm. „Schreib mir bitte, wenn du wieder zu Hause bist. Und sei es bitte, bevor es dunkel ist“, wandte er sich an mich als wäre nichts gewesen. „Ist gut.“ „Ich meine es ernst. Du weißt ja, diese ganze Wolfsgeschichte.“ Ich schielte zu Aiden, der sich leicht verspannt hatte. „Ich sagte doch, dass es gut ist. Ich bin hier bevor es dunkel ist. So lange werden wir für die Schulsachen bestimmt auch nicht brauchen.“ Mein Vater nickte, warf Aiden noch einen scharfen Blick zu und verschwand dann ins Wohnzimmer.

My Love, My Life, My Mate (Werwolf FF)Where stories live. Discover now