Erinnerungen

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Die nächsten Tage verbrachte Zarnall mit unerschöpflicher Suche nach den Erscheinungen oder der verantwortlichen Hexe. Und Aiden ließ mich kein einziges Mal allein. Er setzte sich in meinen Unterricht, blieb immer da wo ich gerade war und wartete sogar vor der Tür vom Bad. In einer ruhigen Minute, wo Jerold mit Aiden sprechen wollte, erzählte mir Josephine, dass das vollkommen normal war. Aiden hatte durch unseren Seelenbund gespürt, dass etwas mit mir nicht stimmte. Hatte gespürt, wie ich immer schwächer wurde. Hatte gedacht, dass ich starb. Das hinterließ bei Werwölfen wohl eine noch tiefere Narbe als bei Menschen. Immerhin konnten sie nicht ohne ihre Mates leben. Seufzend drehte ich mich etwas in Aidens Armen, um auf den Wecker zu schielen. Es war kurz nach zwei Uhr in der Nacht. Gähnend streckte ich mich. Aiden brummte und zog mich näher zu sich. Ich kuschelte mich wieder in seine Arme und schlief ein.

Ich stand im Wald. Um mich herum tiefer Schnee. Fröstelnd schlang ich meine Arme um mich. Es war so kalt. So bitterkalt. Tief atmete ich durch. Mein Atem bildete weiße Wölkchen. Ich fing an zu zittern. Es war so kalt. Und so dunkel. Vorsichtig machte ich einen Schritt nach vorne. Der Schnee knirschte so laut in der Stille, dass ich zusammenzuckte. Unwohl blickte ich mich um. Warum war ich allein? Wo war Aiden? Oder einer der anderen? Ich fing an stärker zu zittern. Das hier war so unglaublich unheimlich! Plötzlich ein Knacken vor mir. Mein Blick schoss nach vorne. Mein Herz setzte einen Schlag aus, nur um dann in dreifacher Geschwindigkeit zu rasen. Vor mir befand sich ein Schatten. Er schwebte hin und her. Bedrohlich ragte er zwischen den Bäumen auf. Schien mich zu taxieren. Ich wollte schreien, aber nur ein Quietschen kam über meine Lippen. Tränen traten in meine Augen. Meine Sicht verschwamm. Mein Atem ging schneller. Was war das für ein Schatten? Ich wollte hier weg! Aber meine Beine gehorchten mir nicht mehr. Ich konnte mich kein Stück bewegen. Nicht einmal meinen Kopf drehen. Ich blinzelte. Tränen liefen mir über die Wangen. Plötzlich setzte sich der Schatten in Bewegung. Ganz langsam schwebte er auf mich zu. Ich hielt den Atem ein. Irgendwas klirrte immer wieder. Meine Brust begann zu schmerzen. Das Luftholen fiel mir schwerer. Erneut kam ein Quietschen über meine Lippen. Meine Beine gehorchten mir immer noch nicht. Der Schatten kam näher. Mein Atem ging schneller. Ich wollte meine Augen schließen, aber nicht mal das bekam ich hin. Der Schatten stand nun direkt vor mir. Ein Teil seiner selbst waberte auf mich zu. Legte sich auf meine Wange.

Schreiend wachte ich auf. „Sch, Leonie, ganz ruhig. Ist ja gut, ich bin da“, rief Aiden und schloss meinen zitternden Körper in seine Arme. Keuchend klammerte ich mich an ihm fest und versuchte zu ordnen, was ich gerade in meinem Traum gesehen hatte. War das eine Erinnerung? Von jenem Moment im Wald vor ein paar Tagen besaß ich bis jetzt nur Eindrücke, Gefühle und Empfindungen. Aber keine Bilder. War ich einem Schatten begegnet? Oder etwas anderem, für das der Schatten stellvertretend stand? Ich schluckte schwer. „Was ist denn los? Hast du schlecht geträumt?“, murmelte Aiden und strich mir übers Haar. Seufzend vergrub ich mein Gesicht in seiner Halsbeuge, was ihm ein Brummen entlockte. „Ich glaube, ich habe mich an die Begegnung mit dem Wesen erinnert“, meinte ich nach ein paar Minuten der Stille. Deutlich spürte ich, wie sich mein Mate anspannte. Sachte schob er mich an den Schultern etwas von sich weg. „Was heißt das?“, wollte er wissen. Ich schluckte. „Da war ein Schatten im Wald. Ich weiß bloß nicht, ob die Erscheinung wirklich so aussah, oder ob mein Gehirn sich einfach noch nicht richtig daran erinnern kann. Oder daran erinnern will.“ Aiden überlegte ein paar Sekunden. „Ich hole Zarnall“, beschloss er dann. Noch ehe ich widersprechen konnte, war der Mann schon aus dem Zimmer verschwunden. Seufzend blickte ich auf den Wecker. Fünf Uhr morgens. Na ganz toll. Geräusche ertönten aus dem Flur. Immerhin war Zarnall hier im Gästezimmer untergebracht, also hatte sie keinen weiten Weg.

Die Hexe betrat in einem schwarzen Nachtkleid den Raum und murmelte dabei irgendwas vor sich hin. „Na fein, na fein. Traumdeuten kann ich auch im Schlaf“, gähnte sie und setzte sich neben mich aufs Bett. Aiden setzte sich hinter mich und zog mich in seine Arme. „Was?“, wandte ich mich an die Frau, die leise zu kichern begann. „So ein süßes Ding. Hat ja keine Ahnung. Aber ich dummes Ding ja offenbar auch nicht. Wenn ich da nur früher drauf gekommen wäre! Ich werde mithilfe von Magie deine Erinnerung wiederherstellen und lesen. So wissen wir auch direkt, mit welchen Erscheinungen wir es hier zu tun haben. Vielleicht kenne ich ja auch deren Erschaffer. Entspannung, Kleines. Entspann dich.“ Aiden drückte mich fester, während Zarnall mir ihre Hände an die Seiten meines Kopfes legte und die Augen schloss. Meine Augen fielen wie von alleine zu. Und dann fiel ich wirklich.

Ich stockte und kam blinzelnd in die Realität zurück. War es vorhin auch schon so kalt gewesen? Tief atmete ich durch. Mit einem Mal bildete mein Atem eine weiße Wolke. Ich runzelte meine Stirn. Bekamen wir einen plötzlichen Blitzkälteeinbruch? Schaudernd legte ich meine Arme um mich und drehte mich einmal um mich selbst. Irgendwas stimmte hier nicht. Keuchend blickte ich in den Himmel. Bildete ich mir das nur ein oder war es gerade dunkler geworden? Plötzlich ein Knacken vor mir. Mein Blick schoss nach vorne. Mein Herz setzte einen Schlag aus, nur um dann in dreifacher Geschwindigkeit zu rasen. Vor mir stand ein Monster! Es trug einen roten Umhang mit einer Kapuze, die den Schweinskopf zum Teil verdeckte. Aus seinem Rücken ragten Fortsätze und seine Klauen waren bestimmt einen halben Meter lang. Ich wollte schreien, aber nur ein Quietschen kam über meine Lippen. Tränen traten in meine Augen. Meine Sicht verschwamm. Mein Atem ging schneller. Ich musste hier weg! Aber meine Beine gehorchten mir nicht mehr. Ich konnte mich kein Stück bewegen. Nicht einmal meinen Kopf drehen. Ich blinzelte. Tränen liefen mir über die Wangen. Plötzlich setzte sich das Monster in Bewegung.

Ich hielt den Atem ein. Irgendwas klirrte immer wieder. Meine Brust begann zu schmerzen. Das Luftholen fiel mir schwerer. Erneut kam ein Quietschen über meine Lippen. Meine Beine gehorchten mir immer noch nicht. Das Monster kam näher. Mein Atem ging schneller. Ich wollte meine Augen schließen, aber nicht mal das bekam ich hin. Das Monster stand fast vor mir. Langsam hob es seine Klauenhand. Meine Augen weiteten sich. Mein Atem wurde noch schneller. Gleich würde ich hyperventilieren. Ich musste hier weg! Aber ich konnte mich keinen Millimeter rühren! Die Krallenfinger kamen mir immer näher. Strichen mir fast schon vorsichtig über meine Wange. Meine Sicht verdunkelte sich. Das Monster verblasste. Auf einen Schlag wurde meine Atmung ruhig. Wurde mein Herz ruhig. Und dann fiel ich.

Schreiend schlug ich um mich. Nahm die Gestalten auf dem Bett nur schemenhaft wahr. „Leonie, beruhige dich! Ich bin hier, du bist in Sicherheit!“, waberte Aidens Stimme durch den Schleier voller Panik. Langsam bemerkte ich das zarte Streichen auf meinem Bauch. Spürte seinen warmen Atem in meinem Nacken. Hörte seinen beruhigenden Herzschlag. Mein Herz passte sich dem seinen an und ich wurde ruhiger. Keuchend sah ich zu Zarnall, die nachdenklich an die Decke starrte. „Danke für deine Kooperation. Die Informationen helfen mir sehr weiter.“ Mit diesen Worten verschwand sie. „Was hast du gesehen?“, wollte Aiden nach ein paar Minuten der Stille wissen. Sofort verspannte ich mich bei der Erinnerung. „Ein schreckliches Monster“, hauchte ich. Mehr war ich noch nicht bereit zu erzählen. Und ich war auch nicht bereit, mich in irgendeiner Weise zu rühren, sodass Aiden und ich noch Stunden genauso dasaßen, während er mir unablässig über meinen Bauch oder meine Seite strich.

My Love, My Life, My Mate (Werwolf FF)Where stories live. Discover now