Streit mit Folgen

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„Leonie? Wann ziehst du endlich ganz auf die Lichtung?“ Tief atmete ich durch und blickte von meinem Buch auf zu Aiden. Letzte Woche hatte er mit dem Thema angefangen und nun ließ er einfach nicht locker. „Ich weiß es noch nicht. Aber ich will meinen Vater nicht alleine lassen.“ „Aber er ist doch erwachsen. Irgendwann musst du dich entscheiden.“ Mein Mund klappte auf. „Ich soll mich zwischen dir und meinem Vater entscheiden?“, rief ich und legte das Buch neben mich. Mit zusammengekniffenen Lippen stand ich vom Sofa auf und wartete auf Aidens Erwiderung. „Er ist ja nicht aus der Welt. Aber ich will dich gerne jeden Tag bei mir hier auf der Lichtung wissen und nicht nur jede zweite Woche.“ „Aber du bist doch sowieso immer bei mir, ob wir nun hier sind oder bei meinem Vater.“ „Langsam wird es aber mal Zeit, dass du komplett ins Rudel ziehst!“ „Warum verstehst du nicht, dass ich noch nicht so weit bin?“ „Natürlich bist du es, du willst es bloß nicht! Gib’s zu!“ Mein Mund klappte auf. Kopfschüttelnd blickte ich zu Aiden. „Wie kannst du nur sowas sagen?“, flüsterte ich und eilte in den Flur. „Leonie, warte doch“, sagte Emma und kam aus der Küche. „Vergiss es!“, rief ich und zog mir eilig meine Schuhe über. „Aiden, sag mal spinnst du!“, kam es von Marc aus dem Wohnzimmer. „Geh nicht“, meinte Emma und hielt mich am Handgelenk fest. „Soll Aiden doch angekrochen kommen, wenn er sich beruhigt hat“, zischte ich, riss mich von ihr los und rannte nach draußen. Schnell setzte ich mir meinen Helm auf und schwang mich auf mein Rad.

Ohne zurückzusehen fuhr ich los in Richtung Stadt und dort bis in den Park. Bloß weg von diesem elenden Wald, diesem elenden Werwolf, diesem elenden Mann! Irgendwann blieb ich neben einer Bank stehen. Wütend pfefferte ich mein Rad auf den Boden und setzte mich hin. Tief atmete ich durch und schloss meine Augen. Hatte ich überreagiert? Sollte ich zurückgehen? „Luna“, sprach mich mit einem Mal jemand an. Ich zuckte zusammen und riss meine Augen auf. Sofort rückte ich etwas von dem Mann weg, der sich neben mich gesetzt hatte. Er hatte seine Kapuze tief übers Gesicht gezogen und eine große Sonnenbrille verdreckte sein halbes Gesicht. „Wie bitte?“, fragte ich und nahm noch etwas weiter Abstand. Der Typ war mir suspekt. „Keine Sorge, ich bin ein Werwolf. Ich habe eine Möglichkeit gesucht, um dich zu kontaktieren. Ein Glück, dass ich dich hier getroffen habe.“ Ich runzelte meine Stirn. „Wir kennen uns nicht, oder?“, wollte ich verwirrt wissen. Der Mann schüttelte den Kopf. „Ich komme aus einem anderen Rudel. Aber ich will trotzdem nur das Beste für eine zukünftige Anführerin. Ich habe Informationen, die dich interessieren könnten. Es geht um deinen Mate Aiden. Er ist nicht ehrlich zu dir.“ „Das ist nicht wahr!“, rief ich und sprang auf. Mein Herz schlug schneller. Aiden war doch immer ehrlich zu mir. Aber vorhin hatte er mich so angefahren. Ich wusste nicht einmal, dass Streit bei Mates möglich war. Mein Herz schmerzte allein bei dem Gedanken daran.

„Ich wünschte, es wäre nicht wahr. Aber ich hab hier Beweise. Fotos und Nachrichten. Aiden hat eine andere Freundin.“ Mein Herz setzte einen Schlag aus. Nein, das war nicht wahr! Das konnte nicht wahr sein! Aiden konnte mich nicht all die Monate belügt haben. Ich schüttelte meinen Kopf, doch der Typ streckte mir ein paar Blätter entgegen. Mit zitternden Fingern nahm ich sie an und sah sie mir durch. Mein Kopf fing an zu schmerzen. Meine Brust fing an zu schmerzen. Meine Hände begannen immer mehr zu zittern. Aiden mit einer anderen Frau. Aiden hielt Händchen mit einer anderen Frau. Aiden küsste eine andere Frau. Aiden schrieb Liebesnachrichten mit einer anderen Frau. Irgendwas war komisch. Mein Gefühl sagte mir, dass etwas komisch war. Aber mein Herz schrie mich an. Die Blätter fielen mir aus der Hand. „Das ist nicht wahr“, hauchte ich. „Leider doch. Ich persönlich habe die Bilder gemacht. Es ist wahr“, drangen die Worte des Fremden dumpf zu mir durch.

Kopfschüttelnd hob ich mein Rad vom Boden auf. Setzte mich auf den Sattel. Fuhr los. Zurück. Zurück in Richtung Rudel. Kaum war ich aus der Stadt raus, fing es an in Strömen zu regnen. Tränen verschleierten meine Sicht. Liefen aus meinen Augen. Vermischten sich mit dem Regen auf meiner Haut. Das konnte doch nicht sein. Aiden konnte mich doch nicht betrügen. Wir waren doch Mates! Oder? Waren wir das wirklich? Oder hatte ich mir nur alles eingeredet? Einreden lassen? Liebte Aiden mich überhaupt? So wie er mich vorhin angeschrien und beschuldigt hatte. Verdammt, er hatte mich betrogen! Schluchzend kniff ich meine Augen zusammen. Riss den Lenker herum. Knallte auf den Boden. Wimmernd hielt ich meinen schmerzenden Arm. Mein Knie brannte höllisch. Aiden hatte mich betrogen. Meine Brust schmerzte so unglaublich stark! Das Atmen fiel mir so schwer. Heulend strampelte ich das Fahrrad von mir. Riss mir meinen Helm vom Kopf. Schleuderte ihn mit einem lauten Schrei von mir. Aiden hatte mich betrogen! Mein Herz schmerzte so sehr. Warum tat es so weh?

My Love, My Life, My Mate (Werwolf FF)Where stories live. Discover now