Kapitel 3

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Wir wurden beauftragt, Wasser vom Bach zu holen. Mein Freund, für sein Alter kräftig, trug zwei volle Eimer auf einmal, während ich gerade einen schaffte. Durch seine Hilfe waren wir schnell und er machte einen törichten Vorschlag.

„Der Bach ist glasklar und kühl, wollen wir uns erfrischen, ehe wir die nächsten Arbeiten verrichten müssen?" sein schelmisches Grinsen sagte mir, dass es keine Bitte war, sondern eher eine Feststellung. Ohne eine Antwort abzuwarten, entkleidete er sich vollständig und ging in den Bach. Ein erleichtertes Stöhnen entfuhr ihm von der wohltuenden Kälte. Seine Rippenprellung machte ihm so gut wie kein Problem mehr. In zwei Tagen werde ich seine Fäden entfernen und dann würden sich, zu meinem Bedauern, unsere Wege trennen. Ich raffte meinen einfachen Leinenrock und knotete ihn an der Seite zusammen, damit er nicht nass wurde, auf Höhe meiner Oberschenkel. Langsam stieg ich in den Bach und erstarrte – das Wasser war eiskalt. Eomér lachte neckisch über meinen Gesichtsausdruck. Er stieg aus dem Wasser und kam auf mich zu. Ich hielt mir instinktiv die Hände vor den Augen. Gänzlich nackt war sein Gemächt zu sehen. Ohne lange zu fackeln packte mich mein Begleiter um die Taille und zog mich mühelos in das tiefere Wasser. Kreischend wehrte ich mich schwach gegen seinen Griff, bis es zu spät und meine Kleidung vollständig durchtränkt war. Insgeheim genoss ich das alles sehr. Der junge Krieger wurde von Tag zu Tag zugänglicher und öffnete sich mir immer mehr, was meine Verliebtheit zu ihm wachsen ließ.

„Erklär das mal Edda...." rügte ich ihn im Scherz.

„Ganz einfach. Beim Wasser holen bist du in den Bach gefallen und ich habe dich gerettet." Laut prusteten wir los vor Lachen. Ich schob Wasser in sein Gesicht, woraufhin er mich losließ. Eine kleine Wasserschlacht brach aus. Im Eifer des Gefechts stuckte er mich unter und tauchte mit mir ab. Ich öffnete die Augen und blickte in sein Gesicht mit aufgeplusterten Backen. Seine Haare wirbelten mit der leichten Strömung in seinem Gesicht. Langsam bewegte er seine Hand zu meinem Hinterkopf und entfernte die Spange aus meinem Haar. Sofort wirbelten die langen braunen Haare im Wasser umher. Seine Hand griff danach und fuhr durch sie hindurch.

Gleichzeitig tauchten wir auf, weil die Luft knapp wurde. Heftig atmend standen wir uns gegenüber, immer noch tief in die Augen blickend. Eomérs braun-goldenen Augen bohrten sich in meine Seele.

Vorsichtig strich er meine Haare nach hinten. „Ich habe dich noch nie mit offenen Haaren gesehen." seine Stimme war außerordentlich sanft. Die Hand, die eben noch meine Haare bändigte, ruhte auf meiner Wange. Unfähig etwas zu sagen wartete ich mit wild schlagenden Herzen einfach ab.

„Du bist schön ..." stellte er fest und verstummte mitten im Satz. Der junge Mann wirkte unschlüssig. Langsam zog er seine Hand weg, räusperte sich und brach den Blickkontakt ab. „Wir sollten gehen. Edda wartet sicher schon mit den nächsten Aufgaben auf uns." löste ich die Situation auf. Er lächelte zurückhaltend, doch blieb er immer noch im Wasser stehen.

„Würdest du freundlicherweise vorgehen?" fragte er mich Kleinlaut und nach unten schauend. Verwirrt nickte ich und ging aus dem Wasser. Ich widerstand der Versuchung, noch einmal einen Blick auf seinen schönen Körper zu erhaschen. Ich blieb am Ufer stehen, den Rücken Eomér zugewandt. Er stand hinter mir, ich konnte seinen Atem im Nacken spüren. Vor mir lagen seine Sachen, ich hob sie auf, schloss die Augen und drehte mich um. Der blonde Mann nahm sie aus meiner Hand. Nachdem ich nichts mehr zu halten hatte, spürte ich, dass er meine Hand in seine nahm. Ich riss die Augen erschrocken auf. Meine Hand schloss sich um seine, nichtsahnend, worauf das hinauslaufen würde.

„Lynea – die letzten Tage mit dir waren die schönsten, die ich seit langem erleben durfte. Sobald das Training wieder beginnt, wird alles wie vorher ... doch ich will nicht, dass wir uns aus den Augen verlieren. Wie stehst du dazu?"

Prompt antwortete ich: „Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn unsere Freundschaft bestehen bleibt!"

Zufrieden umarmte mich mein Gegenüber, immer noch seine Sachen in der linken Hand schützend vor seinen Lenden haltend.

„Lass uns gehen." löste er die Situation auf und bedeutete mir, mich erneut umzudrehen. Geschwind zog er sich an, nahm die beiden gefüllten Wassereimer und stapfte Richtung Stadt.

In mir herrschte ein kleines Chaos – verwirrt und erfreut zugleich von seinen Worten. Er begann eine Unterhaltung, bei der er erwähnte, wie gerne er ausritt und dass der Letzte schon lange her war. Daraufhin schlug ich ihm vor, am Tag bevor er wieder zum Training ginge, mit mir auszureiten. Erfreut willigte er ein.

Gesagt, getan. Wir hatten uns mit den Erledigungen und anstehenden Arbeiten besonders beeilt, damit wir in den frühen Abendstunden noch zu einem Ausritt aufbrechen konnten. Da Eomér im Prinzip immer Hunger hatte, nahm ich Verpflegung und Wein mit. Mein Begleiter wartete schon im Stall mit den gesattelten Pferden auf mich, als ich diesen mit den gefüllten Satteltaschen betrat.

Er hatte sich noch umgezogen und sein Haar zurechtgemacht. Auch ich hatte mir noch etwas hübsches angezogen und trug meine langen Haare offen. Zu meiner Überraschung hielt er eine Blume in der Hand und überreichte sie mir. Irrte ich mich oder war das eine romantische Geste von ihm?.

„Wofür ist das?" fragte ich verdutzt.

„ Damit will ich dir -Danke- sagen. Wir hatten eine schöne Zeit und du hast dich so gut um mich gekümmert."

Errötend winkte ich ab. Doch Eomér ließ es sich nicht nehmen, mir die Blume ins Haar zu stecken, wofür er ein Teil zusammenband.

Bevor das Schweigen unangenehm werden konnte, fragte ich schmunzelnd: „Wollen wir?!"

Statt zu antworten, hielt er seine helfende Hand zum Aufsteigen hin. Der Aufforderung folgend, griff ich die Zügel und hielt mich am Sattelhorn fest. Ich winkelte mein linkes Bein an, womit Eomér mich kraftvoll zum Sattel fast schleuderte. Ich hatte so viel Schwung, dass ich auf der anderen Seite wieder abstieg. Zum Glück landete ich auf meinen Füßen und musste prustend lachen. Mein Begleiter lugte irritiert unter dem Hals meines Pferdes hervor. „Du bist wahrlich der tollpatschigste Mensch, den ich kenne." Er stimmte in mein Gelächter mit ein, was unsere Abreise verzögerte.

„Also komm Lynea ... steig auf und lass uns aufbrechen!"

„Was denn – hilfst du mir nicht mehr auf?" fragte ich neckisch.

„Bloß nicht – sonst verletzt du dich noch und ich bin womöglich schuld."

„Und das könnte der Herr nicht mit seinem Gewissen vereinbaren! Du könntest nie wieder ruhig schlafen." schäkerte ich weiter.

Sein höhnisches Grinsen gefror auf seinem Gesicht. „Würdest du durch meine Schuld verletzt werden ... oder überhaupt, wenn dir etwas geschehen würde ... mein Gemüt wäre bedrückt."

„Keine Sorge ... ich mag nicht geschickt sein und über meine eigenen Füße stolpern, doch stehe ich immer wieder auf – unermüdlich."

„Genau das mag ich an dir! Deine Einstellung ist bewundernswert und wenn man nur lange genug in deiner Gegenwart ist, färbt diese unausstehbare Fröhlichkeit auch noch ab. Meine Kameraden spotten bereits, ob ich überhaupt noch in der Lage sei, ein Schwert zu halten."

Sein Humor brachte mich immer wieder zum Lachen, auch wenn ich genau wusste, dass hinter jedem Scherz ein Stück Wahrheit steckte.

Jugendliebe vergeht nicht (Eomér FF)Where stories live. Discover now