Kapitel 16

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In der Thronhalle angekommen, offenbarte sich ein reich gedeckter Esstisch, an dem andere Adlige saßen. Eomér wurde regelrecht überfallen mit den Anliegen derer, so dass er nicht einmal zum Essen kam.

„Meine Herren! Der Hauptmann von Edoras kommt im Auftrag des Königs – es gibt für Alles eine Antwort, doch bitte – lasst ihn Essen und zu Kräften kommen. In der Zwischenzeit können Sie – meine Herrschaften die Verträge überprüfen."

Dankbar lächelte mich Eomér an. Doch das bewahrte ihn nur kurz vor der Belagerung und den ausufernden diplomatischen Gesprächen, die Boromir leitete.

Jolanda eilte aus einer Seitentür hinaus und bat mich unauffällig zu ihr. Erschrocken tat ich das – ihre Schürze war blutverschmiert.

„Wessen Blut ist das?" fragte ich, obwohl die Antwort nicht mehr ausgesprochen werden musste. Ihr Blick bestätigte meine Vermitung.

„Lynea, du weißt, wo man die Kräuter herbekommt ... wir brauchen dringend Spitzwegerich, Arnis, Fenchel und Arnika. Die Zeit drängt!"

„Ich beeile mich!" versicherte ich meiner Freundin und rannte zu dem Tisch, um mir Faramir zu schnappen. Ohne viele Worte stand er auf und eilte mit mir hinaus. Meinen Liebsten war das ganze nicht geheuer – das sah ich an seinem Blick .

Es bedurfte viele Gespräche und noch viel mehr Menschen, um die nötigen Kräuter zu finden. Faramir unterstützte mich – wir beide hatten früher viel Zeit damit verbracht, durch die Stadtringe zu schlendern. Er brachte mir meine neue Heimat näher und kannte sich sehr gut aus. Wir gelangten an den untersten Stadtteil, wo wir das fehlende Kraut fanden.

„Endlich haben wir alles." freute sich mein Begleiter.

„Was?" fragte er überrascht – vermutlich weil ich nicht ganz so enthusiastisch war, wie er.

„Wir brauchen ewig, um oben wieder anzukommen. Ich spüre meine Beine schon nicht mehr, Faramir."

Mit gerunzelter sah er sich nervös um. Kein Pferd weit und breit, wir mussten wohl oder übel genommen laufen und zwar so schnell wie möglich.

„Faramir – lauf, ich schaffe das nicht...." schnell drückte ich ihm die Kräuter in die Hand und ermutigte ihn mit einem Nicken den Rückweg alleine zu bewältigen.

Die Wärme machte mir zu schaffen und so verweilte ich einem Moment im Schatten. Freundliche Bewohner brachten mir frisches Wasser. Vor der Sonne verborgen, lauschte ich den Gesprächen einer Gruppe junger Frauen.

„Habt ihr den schönen Soldaten aus Rohan gesehen? Ob er wohl verheiratet ist? Der Mann ist einfach ein Mann zum Dahinschmelzen.... Wann wird er wohl abreisen?"

Es wurde noch eine Weile aufgeregt getuschelt, bis mich jemand entdeckte.

„Fragen wir doch Gräfin Lynea..." schlug eine junge Frau vor.

Schüchtern schlich sich die Gruppe von Frauen in meinem Alter an mich heran. Sie waren verunsichert und wussten nicht, wie sie das Gespräch mit mir beginnen sollten.

Der Drugserei überdrüssig begann ich mit dem Offensichtlichen.

„Der Krieger aus Rohan heißt Eomér. Bedaure, sein Herz gehört bereits einer Dame, die er über alles liebt. Der Hauptmann ist eine treue Seele und betrügt seine Herzensdame nicht."

Sämtliche Hoffnung wich aus den Augen der aufreizenden Mädchen.

Unschlüssig wandten sie sich zum Gehen um, doch eine von ihnen blieb stehen.

„Es tut mir leid!" sagte sie sehr leise zu mir.

„Was tut dir leid?" fragte ich verdutzt.

Ihre Freundinnen ermahnten sie nicht mehr zu sagen und zerrten sie weiter. Sie ergriffen regelrecht die Flucht vor mir. Langsam dämmerte es mir, was das zu bedeuten hatte. Es stand mir ins Gesicht geschrieben, was der Hauptmann mir bedeutete. Das war gefährlich und ich musste mich tunigst mehr zusammenreißen.

Hufgetrappel war in der Ferne zu hören. Das war nichts ungewöhnliches und so schenkte ich dem keine Beachtung. Eine wohlklingende Stimme riss mich aus meinem Trübsal. „Würde mir die Gräfin meine Unterkunft für die nächsten Tage zeigen?" Wie erwartet blickte ich in das Gesicht meines Liebsten. Meine Beherrschung ging verloren und ein breites Lächeln machte sich auf mein Gesicht breit. Versucht, das zu verbergen schaute ich zu Boden und ließ meine langen Haare mich verdecken. Eine Hand strich mein Haar zurück, legte sich unter meinem Kinn und hob mein Gesicht hoch. „Ich will das sehen – dein Lächeln, so wundervoll wie ein Sonnenaufgang. Es wird mir auf Monate versagt sein, dich so zu sehen ... also gönn mir den Moment." bat er sanft. Unsere Gesichter waren dicht beieinander, unsere Blicke vertieft – wir waren uns nah und doch so fern.

„Sind die Gespräche beendet?" sein Lächeln wurde breiter. „Die diplomatischen – ja. Doch steht mir der Sinn, mit Euch noch zu plaudern – Gräfin." Aufgrund der vielen Beobachter, dessen Aufmerksamkeit sich zunehmend auf uns zog, verwendete er die förmliche Anrede. Über seine Schulter spähend erblickte ich zwei Pferde. Der Mann hatte wirklich an alles gedacht. „Dann lasst uns aufbrechen, Hauptmann. Eure Unterkunft ist im nahegelegenen Osgiliath – es wird euch dort sicher gefallen."

Junge Damen, andere als denen mit den ich vorhin sprach, kreisten um meinen Liebsten wie die Geier auf Aas. „Herr Eomér, es muss schrecklich für Euch sein, so ganz allein in einem fremden Land, ein leeres Bett ohne die Wärme einer Frau...." eindeutig wusste das aufreizende Ding, wie man geschickt Andeutungen machte.

„Ich werde gut versorgt, macht Euch keine Sorgen um mich!" Eomér ließ sie einfach stehen, legte einen Arm um meine Taille und führte mich zu meinem Pferd. Schwungvoll hob er mich hinauf, bevor er sich selbst in den Sattel seines Pferdes schwang.

Mit einer Verneigung hielt er sein Pferd zurück. „Weist mir bitte den Weg, Gräfin." Erhobenen Hauptes ritt ich voran und ließ die Bürgerlichen hinter mir, ebenso wie die Stadttore. Beschwingt galoppierten wir über Pelennors Feld nach Osgiliath.

Jugendliebe vergeht nicht (Eomér FF)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora