Kapitel 6

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Isolde stand an meiner Seite und zuppelte noch an meinen Haaren. Sie wollte, dass ich für meinen Zukünftigen hübsch aussah. „Bitte lass das!" fuhr ich sie etwas unwirsch an, als sie es eindeutig übertrieb. Der Anführer der Truppe aus Gondor, ein hübscher braunhaariger Mann, schmunzelte über das Theater.

„Recht habt Ihr! Ihr seid wunderschön! Genau so!" rief er hinüber. Ich rollte mit meinen Augen, lachte aber trotzdem. Der junge Mann lachte ebenfalls, sogar noch etwas breiter und kam direkt auf mich zu. Er nahm meine Hand und hauchte einen Kuss darauf. „Verzeiht ... alte Gewohnheiten. Ihr seid keine Frau, die man mit Schmeicheleien umgarnen muss. Das gefällt mir."

„Und wem genau gefällt das?" fragte ich sarkastisch.

Ich sah ihm an, dass ich ihn damit aus dem Konzept brachte. Doch ich mochte seine Reaktion – demütig und respektvoll. Laut lachend ging er auf ein Knie. „Verzeih! Mir war sofort klar, dass du Lynea bist... . Ich bin Boromir, dein zukünftiger Ehemann."

Natürlich hatte ich mir das geahnt, doch um mich vor einer weiteren Enttäuschung zu bewahren, fragte ich lieber nach. Endlich hatte ich ein wenig Glück. Der erste Eindruck passte, auch wenn das Kennenlernen ganz und gar nicht so lief, wie es üblich war.

„Hoch erfreut!" antwortete ich gespielt aufgesetzt.

„Ja, das bin ich auch. Gräfin Lynea, ich möchte Euch meinen Bruder – Faramir vorstellen. Er begleitet mich mit 3 Wachen."

„So viele Männer für zwei Frauen." neckte ich. Immerhin schickte Gondor einen Krieger mehr als Rohan.

„Sicher! Ihr seid mir teuer und wertvoll - meine zukünftige Frau." Mit einem Kopfnicken bedeutete er mir, dass wir aufbrechen wollten. Kurz darauf verabschiedete ich mich von den Eorlinga.

Der Mann, der uns als Faramir vorgestellt wurde, kümmerte sich äußerst aufmerksam um Isolde und half ihr aufs Pferd. Sein Bruder folgte dem Beispiel.

„Es ist ein langer Ritt! Ich bestehe darauf, dass Ihr darüber bestimmt, wann wir rasten! Vielleicht könnte ich Euch in der Zeit ein wenig besser kennenlernen?" er fragte recht schüchtern und zurückhaltend. Es zeugte von Respekt, den er mir entgegen brachte. Seine Absichten waren ehrenhaft.

„Zunächst ... hoffe ich, dass wir die Höflichkeiten außen vor lassen und uns ungezwungen unterhalten können. Seid Ihr damit einverstanden?"

Sein Mundwinkel zuckte nach oben und seine grünen – grauen Augen leuchteten in der Sonne. „Nun das scheint mir angemessen. Betrachte man die Pläne, die unsere Eltern für uns schmiedeten."

Damit gab er mir zu verstehen, dass auch er kein Mitspracherecht an der Planung seiner Zukunft hatte. Das verband uns vom ersten Tag an.

Einige Tage ritten wir nebeneinander her und führten harmonische Unterhaltungen. Doch jeder von uns hielt etwas zurück. Vertrauen brauchte nun mal Zeit und die sollte man sich nehmen. Boromir berichtete von Gondor und seiner Geschichte. Der brünette Mann gab sich Mühe, mir meine neue Heimat schmackhaft zu machen.

Am siebten Abend saßen alle am Feuer versammelt. Dieses Mal fanden wir nicht in einem Dorf ein Gasthaus, wo wir in Betten nächtigen konnten. Mein Zukünftiger bemühte sich, ein gemütliches Nachtlager herzurichten.

„Es ist nicht viel. Hoffentlich findest du Schlaf!" Lächelnd legte ich meine Hand auf den Arm. „Ich schlafe nicht zum ersten Mal unter den Sternen. Auch wenn es eine Weile her ist..." Schwermut überkam mich bei den Gedanken an Eomér. Meinen Begleiter blieb das nicht verborgen.

„Auch wenn ich dein Herz nicht für mich gewinnen kann, so vermag ich es hoffentlich heilen." einfühlsam nahm er mich in den Arm.

Isolde... sie hat ihm einen Hinweis gegeben. Wie viel er wusste, konnte ich nicht sagen. Doch so wie es war, genügte es und vielleicht öffnete ich mich ihm mit der Zeit mehr.

Jugendliebe vergeht nicht (Eomér FF)Where stories live. Discover now