Kapitel 26

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Nachdem wir uns etwas beruhigt hatten, gingen wir gemeinsam ihren Bruder besuchen.

„Hallo Edmund, ich bin Erania – deine Schwester, und ich werde immer auf dich aufpassen."

Ich nahm das kleine Bündel vorsichtig auf den Arm und setzte mich, so konnte seine Schwester ihm einen Kuss auf die Stirn geben. Streng genommen war Erania nicht seine Schwester, da sie weder mein noch Eomérs leibliches Kind war. Dennoch würden sie so aufwachsen. Egal wie alles weitergehen würde, bis an mein Lebensende würde ich beide Kinder beschützen!

Dieser friedliche Moment war so kostbar und wertvoll. Doch währte er nicht lange. Ein Bote eilte zu mir und überbrachte Kunde, ich solle sofort zum Truchsess.

„Rioa, bitte pass auf meine Kinder auf, bis ich wiederkomme!" bat ich sie eindringlich.

Ohne ihre Antwort abzuwarten, folgte ich dem jungen Mann zur Königshalle, wo schon von weiten Unruhen auszumachen waren. Doch diese Geräusche kam nicht nur von dort. Draußen vor den Mauern rückten Kreaturen der Finsternisse Schritt um Schritt mit dem Schatten vor auf die schützenden Mauern von Minas Tirith zu. Eine beängstigende Streitmacht. Wir alle waren in tödlicher Gefahr.

Der Truchsess jammerte laut, schluchzte und fluchte zugleich. Vor ihm auf dem Boden lag sein Sohn, mehr tot als lebendig aber sein Herz schlug noch. Gandalf versuchte verzweifelt Denethor zu überzeugen die Streitmächte bereit zu machen, für den Ansturm der unweigerlich kommen würde. Der Truchsess schien kopflos und nicht mehr Herr der Lage. Eiligen Schrittes ging er nach draußen und blieb in einer Art Schockstarre stehen, als er die abertausenden Orks auf uns zukommen sah.

Gandalf packte meinen Oberarm und sah mich eindringlich an. Man erwartete von mir, dass ich die Ansagen machte.

„Gebt den Befehl, dass die Soldaten Stellung nehmen sollen! Ich habe keinen Hauptmann, also befehligt Ihr sie – weiser Mann!" nickend und ohne Wiederworte stieg der Zauberer auf sein schneeweißes Pferd und galoppierte zum ersten Ring der Stadt – dort würde es beginnen, also mussten die Tore verstärkt werden.

„Pippin!" rief ich laut. Schneller als gedacht stand der Hobbit neben mir. „Lauf zu meinem Haus, sagt Rioa, sie soll mit meinen Kindern in einen der Schutzräume hier oben gehen – eilt Euch!" flink machte er sich wie geheißen auf dem Weg. Den jungen Mann, der mich zum Truchsess brachte, erteilte ich ebenfalls einen Befehl. Tatsächlich war ich die zweitranghöchste Person, zumindest von den Menschen, die gesundheitlich in der Lage waren, zu führen.

„Schlagt Alarm! Vielleicht schaffen es manche Frauen und Kinder, sich rechtzeitig in den Schutzräumen zu begeben."

Mit einem kurzen Knicks entfernte er sich, um seinen Auftrag auszuführen.

Nun musste ich mich noch um Faramir kümmern. Er lag allein in der Mitte der Königshalle auf dem kalten, weißen Stein, in seiner eigenen Blutlache.

„Faramir, hörst du mich?" keine Reaktion. Laut rief ich nach den Heilern und kurz darauf standen zwei bei mir. Eine der ältesten und weisesten Heilerin und ihr Lehrling eilten meinen Ruf herbei.

Solange ich konnte, unterstützte ich die beiden. Die Ursachen wurden schnell gefunden, doch es waren zu viele Wunden und er verlor zu viel Blut. Wir brauchten ein Wunder. „Verabreicht ihm Brennnesseltee." Wies ich die Heiler an, nachdem alle Wunden versorgt waren und ich nichts mehr tun konnte.

Brennnesseln regten die Neubildung von Blut an, vielleicht würde ihn das retten.

Nun musste ich mir ein Bild von der Gesamtsituation machen und trat dazu hinaus in das Freie.

Der Truchsess stand immer noch an der Brüstung und starrte fassungslos auf das Schlachtfeld. „Denethor, wir müssen die Stadt halten, solange wir können! Es kann nicht mehr lange dauern, bis Rohan kommt." Rief ich mit zuversichtlicher Stimme.

„Dein Liebster wird dich nicht retten! Er wird nicht kommen." Sagte er trocken, seinen Blick stur auf das Pelennor Feld gerichtet. Mein Herz stolperte vor sich her und machte regelrecht einen Aussetzer.

„Ich wusste es schon lange und warnte Boromir. Doch er ließ dich gewähren und missachtete meine Ratschläge. Das Kind ... es sieht Boromir nicht ähnlich... hattest du nicht einmal den Anstand, dich von meinem Sohn schwängern zu lassen? Ich habe keinen Sohn mehr ... keinen Erben ... meine Linie ist erloschen."

Mit traurigem Blick sah er mich an, legte seine Stirn an meiner und hielt mein Gesicht in seinen Händen. Kein Wort wurde gesprochen, seine weiteren Gedanken behielt er für sich. Ich verharrte einfach in dieser Position und nahm die Stille um uns wahr. Donnern von Katapulten waren zu hören und kurz darauf Geschrei von verängstigten Menschen.

Genau in dem Moment wandte sich der Truchsess mit schwerem, wehendem Umhang von mir ab.

„Er wird nicht kommen – Lynea." Murmelte er im Gehen.

„Rohan wird kommen!" entgegnete ich mit zittriger Stimme. Ich musste daran glauben, denn würde ich das nicht tun, wäre es unser aller Todesurteil.

Pippin kehrt zurück und verfolgte den Truchsess, dieser wiederum entließ ihn aus den Diensten und knallte die schwere Tür vor seiner Nase zu.

„Was hat er vor?" fragte er mich.

„Ich weiß es nicht. Um ihn kann ich mich nicht kümmern. Behalte ihn im Auge Pippin." Der Hobbit verstand seinen Auftrag und suchte einen Weg hinein.

Für mich wurde es Zeit, meine Rüstung anzulegen. Viele Jahre hielt ich kein Schwert mehr in der Hand, doch nun würde ich es brauchen, um das Leben meiner Kinder zu schützen.

Auf dem Weg zu den leeren Gemächern wurde ersichtlich, was die entsetzten Schreie auslöste – Köpfe von Soldaten, die in Osgiliath ihr Leben ließen, wurden in die Stadt katapultiert.

Das schwächt den Kampfgeist und nährte die Angst. Umso wichtiger, dass ich mich unter den Soldaten blicken ließ, an deren Seite kämpfte.

Meine müden Glieder trugen mich nur langsam und die Rüstung würde alles erschweren. Wohl oder übel genommen, war ich ein leichtes Opfer und den Kämpfenden keine große Hilfe. So holte ich nur ein Schwert und begab mich in den nächsten Ring.

Er war wie leergefegt und nur vereinzelt Menschen auf den Straßen. Frauen kamen auf mich zu und baten mich zu sich.

„Herrin, Ihr müsst zu euren Kindern! Euer Zustand würde einen fairen Kampf nicht erlauben. Geht! Hier könnt ihr nichts ausrichten!" Die umstehenden Frauen nickten zustimmend mit ihren Köpfen und so sah ich ein, dass mein Körper schwächer war als mein Geist. Das Gefühl nutzlos zu sein und sich nur hinter schützenden Mauern verstecken zu können, widerte mich regelrecht an.

Der Schutzraum war unweit von der Ahnenhalle. Denethor hielt sich dort auf und schien Selbstgespräche zu führen. Ich blieb unbemerkt und so setzte ich meinen Weg zum Schutzraum fort.

Jugendliebe vergeht nicht (Eomér FF)Where stories live. Discover now