Kapitel 1

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"Ms. Lewis?"

Runa war tief in ihre Gedanken versunken. In einer beigen Stoffhose und einem beigen Rollkragenpullover stand sie vor dem Sekretariat ihrer Uni. Ihre Anreise war lang und anstrengend gewesen, irgendwann hatte sie ihre hellbraunen, lockigen Haare zu einem Dutt gebunden aus dem sich ein paar Strähnen gelöst hatten.

Sie lehnte sich auf ihren Koffer, blickte abwesend den Flur entlang und gähnte.

"Ms. Lewis?"

Runa zuckte zusammen, als sie realisierte, dass sie gemeint war.

Sie war Runa Lewis.

"Hier", rief sie und lächelte, "Entschuldigung"

Die ältere Dame hinter dem Tresen nickte schmunzelnd. "Hier haben Sie ihre Unterlagen, ihren Schlüssel für das Zimmer. Sie wurden dem Wohnheim C zugeordnet... und ihr Studentenausweis", bevor sie in ihr aushändigte, schaute sie ihr eindringlich in die Augen, "wenn Sie den verlieren, dann müssen Sie eine Strafe zahlen"

Runa nickte. "Verstanden"

Die Unterlagen verstaute sie in ihrer großen, schwarzen Handtasche. Den Schlüssel fest in der Hand machte sie sich auf den Weg.

Vor dem Ausgang des Verwaltungsgebäudes hing ein Lageplan aus. Einige andere Studenten standen bereits davor. Heute war der offizielle Anreisetag für alle neuen Studenten und es wimmelte nur so von schüchternen, aufgeregten und hilflosen Gesichtern.

Runa wartete einen Moment, ehe sie sich den Plan genauer ansehen konnte.

Das Wohnheim C war eines der neueren Gebäude und lag vorne an der Straße. Es war nur wenige Minuten von den Vorlesungssälen entfernt. Außer dass es am Wochenende, besonders Freitagabend, vermutlich laut sein könnte, war sie sehr zufrieden damit.

Ihr Zimmer mit der Nummer 1.14 lag im ersten Stock etwa mittig. Neben ihr waren noch drei weitere Stunden auf der Etage, die zum ersten Mal auf dem Weg zu ihrem neuen zu Hause waren.

Jeder von ihnen blieb einen kurzen Moment davor stehen, atmete tief durch und öffnete gespannt die Tür.

Für Runa war es ungewohnt, in einem gemischten Wohnheim zu leben, doch das hatte glücklicherweise den großen Vorteil, dass jedes Zimmer ein eigenes, sehr kleines Badezimmer in dem neuen Gebäude bekommen hatte.

Und sie hatten nicht übertrieben: Es war verdammt klein.

Runa lachte in sich hinein, als sie sah, wie die Toilette halb in die Dusche ragte. Es würde sie nicht wundern, wenn einige Studenten dies zu ihrem Vorteil nutzen würden, um Zeit zu sparen.

Das Zimmer war einfach, eher trist, aber sauber und somit fiel ihr ein Stein vom Herzen. Die Wände klinisch weiß, der Boden PVC und die Möbel schwarzbraun von Ikea. Ein kleines Bett, ein Schreibtisch, ein kleiner Schrank und ein Regal.

Es war vollkommen ausreichend, hatte sie sowieso kaum etwas mitgebracht. Ihr einziger Schatz war die teure Bettwäsche, die sie mitgenommen hatte. Ein Stück aus ihrem alten Leben, von ihrem zu Hause.

Sie schaltete leise Musik ein und räumte ihren Koffer aus. Die Klamotten füllten nicht einmal zur Hälfte den Schrank, ihre drei Bücher sahen kläglich auf dem Regal aus - doch ihre emerald grüne Bettwäsche wertete alles wieder auf.

Es war noch früh und Runa entschied sich, in die Stadt zu gehen. Auf ihrer Liste standen Lichterketten, Notizblöcke, Ordner, Stifte, Textmarker und eine neue SIM-Karte für ihr Handy, funktionierte ihre in diesem Land nicht.

Die Innenstadt war nicht weit entfernt, nach 15 Minuten Fußweg erreichte sie die ersten Cafés und Restaurants, die bereits gefüllt waren mit Studenten.

The Ordeal of Desire I Dark RomanceWhere stories live. Discover now