Kapitel 6

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Er war es, der Typ aus dem Casino. Der dunkelhaarige schöne Typ mit den breiten Schultern, der lässig neben seinen Freunden stand und mit seinem Siegelring spielte, während sie eine fünfstellige Summe für ihn in Chips umtauschte.

Irritiert durch ihr erschrockenes Geräusch zog er die Augenbrauen zusammen und musterte ihr Gesicht. Natürlich erkannte er sie nicht, hatte er sie keines Blickes gewürdigt. Runa presste den Kiefer fest aufeinander.

"Danke", sagte sie und reckte ihr Kinn ein wenig in die Höhe, versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass sie sich immer noch benommen fühlte.

"Kein Problem", antwortete er, musterte ungeniert ihren Körper. "Soll ich dir ein Uber rufen oder so?"

Sie schüttelte den Kopf. "Nein, es ist alles gut"

Ruckartig drehte sie sich um und öffnete die Tür. Sie hörte seine Stimme hinter sich, doch da war sie bereits in der Masse verschwunden.

Zurück auf der Tanzfläche suchte sie ihre Kollegen. Bis auf Benny und Kate waren die anderen verschwunden. "Wir dachten schon, du kommst nicht zurück", rief Kate ihr über die laute Musik hinweg zu.

"Ich habe mich nur kurz frisch gemacht", lächelte sie "Ich werde aber gleich gehen, ich muss morgen lernen"

Kate versuchte sie zu überreden, noch ein wenig länger zu bleiben, doch Runa spürte wie die Anstrengungen der Panikattacke ihren Körper schwer werden ließen. Sie musste dringend ins Bett, fühlte sich nicht mehr so partylustig wie zuvor.

Nachdem sie ein Wasser getrunken und ihre Jacke geholt hatte, drückte Benny ihr Geld für ein Taxi in die Hand. Erst lehnte sie ab, doch er erklärte ihr, dass das eine Geschäftsreise war. Es war nicht so ganz in Ordnung, wie missbräuchlich diese Begriffe benutzt wurden, doch gerade kam ihr das sehr gelegen.

Draußen war es kalt und für den Weg hätte sie vermutlich doppelt so lang gebraucht, als sonst.

Am Wochenende standen vor dem Casino meist drei Taxis, welche die Gäste nach Hause brachten, sobald sie genug davon hatten, ihr Geld zu verspielen.

Als Runa die wenigen Meter zu dem Taxistand lief, konnte sie von weitem keines entdecken. Sie zog ihre Jacke eng an sich und beschloss, direkt vor dem Schild auf das nächste zu warten.

Kurz vor dem Casino stand eine Gruppe von Leuten, die sich unterhielten und rauchten. Runa erkannte viel zu schnell, wer sich dort befand.

Es waren der Typ und seine Freunde. Genau die, die mit ihm das Casino betreten hatten. Dazu noch ein paar Mädels, die vor sich hin lachten. Eine von ihnen schwankte sehr, ihr Blick war glasig und betrunken.

Sie lief an ihnen vorbei und fixierte das Schild, ignorierte alles was um sie herum passierte.

Einer seiner Freunde murmelte irgendetwas, woraufhin er "Lass sie in Ruhe" brummte. Sie war sich nicht sicher, ob seine Worte ihr galten, doch wenn dann war sie froh darüber.

Erleichtert atmete sie auf, als fünf Minuten später ein Taxi in die Straße einbog. Sie ließ sich in den Sitz fallen und schloss die Augen.


"Und, wie war die Party gestern?", fragte Dave. Sie saßen gemeinsam in der Mensa und aßen Frühstück, auch wenn es bereits Mittag war.

"Super", antwortete Runa, konnte sich den sarkastischen Ton nicht verkneifen. Dave zog eine Augenbraue hoch. Er selbst war auch nicht gerade gut gelaunt, hatte er Hannah vor einer Stunde verabschiedet.

"Das merkt man dir an", kommentierte er und rührte das Müsli in seiner Schüssel um.

"Kommst du mit in die Bibliothek?", schlug sie einen Themenwechsel ein und stand auf. Sie hob das Tablett vom Tisch und sah ihn erwartungsvoll an.

The Ordeal of Desire I Dark RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt