Kapitel 4

381 24 4
                                    

Um zwei Uhr nachts lief sie die Straße ins Zentrum der Altstadt entlang. Sie wich einem Typen aus, der gegen sich gegen die Laterne übergab und wurde beinahe von einem Fahrrad überfahren, auf dem drei Leute saßen. 

Die Studenten genossen die letzten warmen Tage in dieser Umgebung.

Schon bald würde der Herbst beginnen, der  - wie Runa gelesen hatte - sehr nass und grau sein konnte. 

Sie steckte ihre Hände in ihre Jackentaschen und beschleunigte ihr Tempo. Nach dem heutigen Abend konnte sie einen Drink gebrauchen. Vor 20 Minuten schrieb Sophie ihr, dass sie noch in dem Irish Pub saßen und Runa hoffte, dass das immer noch der Fall war. 

Sie kämpfte sich vor dem Eingang durch die Menschenmenge. Die Leute in dem Pub waren sehr betrunken; standen, saßen überall. Sie sangen Lieder mit oder unterhielten sich viel zu laut, weil sie ihre eigene Lautstärke nicht mehr einschätzen konnten. Im Vorbeigehen brüllte ihr einer "Sweet Caroline" ins Ohr. 

Auf den ersten Blick entdeckte Runa die anderen nicht mehr. Gerade als sie sich zum Ausgang wenden wollte, winkten ihr Harry und Rouven von ganz hinten zu. Arm in Arm standen sie da, riefen ihren Namen über die gesamte Fläche. 

Runa lachte und schüttelte den Kopf, während sie sich zu ihnen kämpfte. 

Die anderen umarmten sie ausgiebig. Mit Sophie musste sie mehrere Ausfallschritte machen, um nicht umzufallen. 

"Tut mir Leid, ich bin so betrunken", schrie sie ihr ins Ohr und Runa winkte ab. Es war nicht selten der Fall, dass Medizinstudenten im Laufe der Semester mit einer Alkoholvergiftung in dem Krankenhaus landeten, in dem sie normalerweise arbeiteten. 

Innerhalb von wenigen Sekunden hielt sie ein Bier in der Hand und sie stießen an. Der erste Schluck war grauenvoll, um sich daran zu gewöhnen, trank sie vier weitere nach. Sie hasste Bier, doch es schien das Grundnahrungsmittel der Studenten zu sein. 

Noch nie hatte sie jemanden Bier Pong mit Gin oder Whiskey spielen sehen. 

"Wie war es auf der Arbeit?", fragte Jackson als sie sich neben ihn setzte. Runa fuhr sich durchs Haar. "Anstrengend", gestand sie. "Ich habe heute Bekanntschaft mit Leuten von der Versailles gemacht" 

Die anderen verzogen schmerzverzerrt ihre Gesichter. "Das tut uns Leid", schrie Harry und hob sein Glas. Die anderen machten mit, stießen auf was auch immer an und tranken einen weiteren großen Schluck. 

Runa blieb auf zwei weitere Bier. Sie hörte amüsiert dabei zu, wie Jackson und Rouven über Fußball diskutierten, während Leyla und Sophie neben ihrem Tisch anfingen zu tanzen. 

"Runa, komm schon", rief Leyla mit einem betrunkenen Grinsen, doch Runa lehnte dankend ab. 

"Ich mache mich gleich auf den Weg zurück. Wollt ihr nicht mitkommen?" 

Sie schüttelten energisch den Kopf. Vermutlich würden sie es morgen bereuen, nicht mit ihr mitgegangen zu sein, doch sie waren erwachsen und Runa konnte sie nicht zwingen. 

Sie verabschiedete sich von den anderen um halb 4, bezahlte ihre Getränke und spazierte zurück zur Uni. 

Runa fühlte sich zu keinem Zeitpunkt unwohl so alleine, lediglich die letzte Straße zur Uni war dunkel und ruhiger, als die anderen. 

Sie hörte ein Knacken in einer dunklen Ecke, das ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Sie beschleunigte ihren Gang, blickte nur kurz zurück. Das Knacken kam aus einer Ecke mit einem Gebüsch, welches wackelte. 

Vermutlich nur der Wind. 

Runa beschleunigte für alle Fälle nochmal ihren Gang. 

Erst als sie an dem Wohnheim war, wurden ihre Schritte langsamer. Auch hier gab es noch Studenten, die feierten oder einfach unterwegs waren. 

The Ordeal of Desire I Dark RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt