Kapitel 20

328 29 4
                                    

Nachdem sie mehrfach darum gebeten hatte, von den anderen die Informationen über Logan zu bekommen, die ihr fehlten, waren sie an einen etwas abgelegeneren Stand gegangen, hatten sich um einen der Stehtische versammelt. 

"Also im Grund wissen wir nicht viel über ihn", begann Rouven vorsichtig. "Dass er einer dieser Supersportler aus reichem Hause ist, liegt ja bereits auf der Hand, aber es gibt Gerüchte über ihn"

"Keine, die jemals bewiesen wurden", fügte Leyla an, wollte so diplomatisch wie möglich klingen. 

"Und was sind das für Gerüchte?", Runa schaute Dave an, der bisher auffällig ruhig war. 

"Es gibt verschiedene Gerüchte darüber, wie die Familie Black an ihr Geld gekommen ist", seufzte er schließlich. "Sie handeln mit Immobilien auf der ganzen Welt und Luxuswagen. Einige fragen sich, wie sie so schnell wachsen konnten, woher diese ganzen Immobilien kommen und wieso..."

"Wieso?", hakte Runa ungeduldig nach. 

"Ich weiß es nur von Erzählungen meiner Eltern", seufzte Leyla. "Logan hatte eine ältere Schwester, sie wurde ermordet. Kurz darauf wurde der größte Konkurrent seines Vaters ermordet. Es herrschte absoluter Krieg in der Immobilienwelt" 

"Dann ganz plötzlich hörte man nichts mehr davon, alles lief ganz normal weiter und es wurde nie wieder darüber berichtet", ergänzte Rouven. 

"Das ist doch komisch, oder nicht?", fragte Dave an alle. 

Runa schluckte schwer und hielt sich an ihrer warmen Tasse fest, als ihr ein kalter Schauer über den Rücken jagte. 

Fuck. 

Ihre Gedanken kreisten wie verrückt. Natürlich hatte sie Logan gegoogelt, wusste darüber Beschied, dass seine Familie in der Immobilienbranche zu Hause war. Doch sie hatte nicht geahnt, wie groß ihr Imperium wirklich und dass dafür Blut vergossen worden war. 

Ihr Magen zog sich zusammen, als sie an seine Schwester dachte. Es muss eine furchtbare Zeit gewesen sein. Bilder flackerten in ihrem Kopf auf, Bilder aus ihrer Vergangenheit und ihr wurde schwindlig. Sie hielt sich an dem Tisch fest, versuchte sich nichts anmerken zu lassen. 

Das alles war zu riskant, es war einfach zu viel. Sie hatte sich vorgenommen, sich von solchen Leuten fernzuhalten, hatte nachgegeben weil sie sich nach Nähe gesehnt und durch seinen Charme ihren Verstand verloren hatte, doch jetzt reichte es. 

Sie musste das mit Logan beenden und sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren. Alles andere war einfach zu gefährlich. 

"Danke, dass ihr mir das gesagt habt", antwortete sie geistesabwesend. 

"Sorry dass wir dich nicht vorgewarnt haben, aber wir wussten ja nicht, um wen es geht", sagte Leyla und strich ihr über den Arm. "Schon gut", sie rang sich ein Lächeln ab, ihr Blick traf auf den von Dave. Er zog nachdenklich die Lippen ein, dann wandte er seinen Blick ab, schaute zu Hannah. 

"Ich glaube, wir gehen jetzt", sagte er und Runa schloss sich ihnen an. Den Weg brachten sie schweigend hinter sich. 

In ihrem Zimmer ließ sie sich mit einem seufzenden Laut aufs Bett fallen, vergrub ihr Gesicht in ihrem Kissen. 

Ihr größtes Talent war es, sich in dumme Situationen zu begeben und niemanden störte das mehr, als sie selbst. 

Als der besagte Mittwoch kam, lief sie den ganzen Tag nervös durch die Bibliothek. Ihre Konzentration hielt nie länger als wenige Sekunden. Andauernd laß sie sich die Nachricht von Logan durch, auf die sie nie reagiert hatte. 

Sie war sich unsicher, was sie tun sollte: Sie ignorieren oder hinfahren und ihm sagen, dass sie das alles nicht mehr wollte. 

Das Ergebnis wäre hoffentlich das selbe. 

"Habt ihr den Aufsatz für Professor Herdt schon fertig?", fragte Sophia und Runa holte ihre Mappe aus ihrer Tasche, reichte sie ihr. 

"Wie hast du das so schnell geschafft?", fragte sie verblüfft, als sie die Seiten überflog. 

Die Wahrheit war, dass sie sich dauerhaft von ihren Gedanken ablenken musste. Sport hatte nicht funktioniert, da sie jede Sekunde damit rechnete, ihm im Fitnessstudio zu begegnen. Die letzten Tage hatte sie sich also in ihr Zimmer gesperrt und diesen Aufsatz verfasst. 

"Wenn man einmal anfängt...", sagte sie und zuckte mit den Schultern, widmete sich dem Buch, welches offen vor ihr lag und ignorierte es, dass Leyla und Sophia sich vielsagende Blicke zuwarfen. 

Sicherlich wusste die andern aus der Lerngruppe auch darüber Bescheid, dass sie sich auf Logan eingelassen hatte. 

Es kam ihr sehr gelegen, dass Harry alle zu sich einlud, um Pizza zu essen. Runa würde nicht zum Hotel gehen, sie würde sich dort verstecken, Pizza essen und eine gute Zeit haben. 

Lieber verbrannte sie sich die Finger an zu heißem Käse als an Logan Black. 

Sie verspürte einen Anflug von Genugtuung bei dem Gedanken, dass er vermutlich noch nie so abserviert worden war. 

Logan hingegen saß in dem Penthouse-Zimmer des Hotels, den Fokus auf seine Arbeit gerichtet. Hin und wieder neigte er seinen Kopf nach links oder rechts, hatte das Footballtraining am Vortag seine Spuren hinterlassen. 

Seit zwei Jahren führte sein Vater ihn nun in die Geschäfte mit ein. Jeder normale Elternteil hätte es für sinnvoll gehalten, das erst nach dem Studium zu tun - doch nicht Benjamin Black. 

Sein Vater war streng, diszipliniert und konnte es nicht leiden, wenn jemand einen Fehler beging. Trotzdem - und das fiel Logan nicht leicht - musste er zugeben, dass er nicht das größte Arschloch als Vater war. Die Väter seiner Freunde waren viel schlimmer. 

Dass er seine Zukunft bestimmte, stand natürlich außer Frage, doch auf dem Weg dahin ließ er ihm ein wenig Spielraum. 

Logan lehnte sich zurück, betrachtete den Jahresabschluss vor sich und gähnte. 

Es war bereits dunkel draußen, als er auf seine Uhr schaute. Runa müsste gleich auftauchen... oder auch nicht. Er hatte Stunden vor dem Laptop verbracht ohne es zu merken, hatte gedacht und gehofft sie würde ihn aus seinem Workflow herausholen. 

Nun war es bereits 21 Uhr und niemand hatte ihn irgendwo herausgeholt. 

Frustriert fuhr er sich durch sein Haar. 

Sie hatte ihn tatsächlich versetzt. Technisch gesehen hatte sie ihm nicht einmal zugesagt, allerdings hatte er es als Zusage gesehen, wie sie auf sein Angebot reagiert hatte. 

Wieder einmal machte sie ihn wahnsinnig. 

Er starrte auf den Bildschirm, überlegte sie anzurufen oder ihr eine Nachricht zu senden. War er nun so tief gesunken? 

Mit einer energischen Bewegung warf er das Handy auf den Tisch und stand auf. Hinter ihm war ein Regal mit bestem Alkohol dekoriert. Er schnappte sich den Whiskey, zwei Eiswürfel aus dem Behälter, der täglich aufgefüllt wurde und trank einen Schluck, während er auf die Stadt unter sich blickte. 

Manchmal liebte er diesen Ausblick, manchmal hasste er ihn. 

Er hatte sich um sie bemüht, mehr als er es sonst je bei einer Frau hätte tun müssen. Er würde ihr nicht noch einmal hinterherlaufen. 

Anstatt ihr zu schreiben, öffnete er den Chat zwischen Stella und ihm. Mehrmals hatte sie ihn gefragt, ob er Zeit hatte und nie eine Antwort erhalten. 

Logan würde sich bei ihr entschuldigen und sie zum Essen ausführen. 

Er setzte sich zurück an den Schreibtisch, holte seinen anderen Laptop aus seiner Tasche und schaltete ihn ein. Dieser Laptop war... anders. 

Runa hatte zwar ihre Chance verspielt, aber er war immer noch neugierig darauf, wer sie war. Irgendetwas stimmte nicht, manche Dinge passten nicht zusammen und sein Gefühl täuschte sich nie. Zwar hatte er nach dem ersten Background-Check nichts gefunden, aber er war sich sicher, dass es etwas gab, dass Runa die geheimnisvolle verstecken wollte.  

Sie hatte seinen Jagdinstinkt aktiviert. 

The Ordeal of Desire I Dark RomanceWhere stories live. Discover now