Kapitel 27

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Runa lief den schmalen Weg in Richtung Wald entlang, die schwarze Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Sie spürte ihr Herz schnell und aufgeregt schlagen. Ihre Beine setzten eine Fuß vor den anderen, doch sie hatte nicht das Gefühl, sie wirklich steuern zu können. 

Binnen weniger Sekunden hatte sie ihr Zimmer verlassen - und alles, was sie sich in den letzten Monaten aufgebaut hatte, zurückgelassen. 

Irgendetwas musste passiert sein, sodass die Leute ihres Vaters ihre Taktik geändert hatten. Zuvor hatte sie sich auf dem Campus sicher gefühlt, wäre niemals jemand einfach in das Wohnheim spaziert, um sie an den Haaren herauszuziehen. 

Die Menschenmenge, in der sie untergetaucht war, war ihr Schutzschild gewesen. 

Auf dem Weg begegneten ihr nur wenige Menschen, schließlich war es immer noch früh und das am ersten Tag des neuen Jahres. 

Ihr Kopf pochte, vermutlich durch das Adrenalin, den Alkohol und dem Schlafmangel. Ihr Mund so verdammt trocken, wünschte sie sich ein großes Glas Wasser. Sie hatte sich einen ganz normalen ersten Tag des Jahres gewünscht, so wie man ihn in ihrem Alter erlebte - verkatert, hauptsächlich im Bett und mit Pizza. 

Sie versuchte den Gedanken daran zu verdrängen, denn er machte sie traurig. Sie hatte es versuchen müssen - ein normales Leben zu führen. Es war ein Versuch wert gewesen und das bereute sie nicht. Vielleicht war dieser erste Versuch nur dazu da, um daraus zu lernen. 

 Runa hatte einen Plan, mehrere Pläne um genau zu sein. Sie musste einmal quer durch den Wald auf die andere Seite der Stadt, um von dort aus unauffällig aus der Stadt zu kommen. 

In einem Ort, etwa eine halbe Stunde entfernt, wartete eine Tasche auf sie, genau wie ein neuer Ausweis. 

Hektisch drehte sie sich um, als sie ein lautes Knacken hinter sich hörte. Ein Ast? Folgte ihr jemand?

Sie drehte sich um, erhöhte ihr Tempo und fixierte sich auf das Ende des Waldes, welches sich allmählich in Sichtweite befand. 

Ein erneutes Knacken. 

Sie war sich sicher, dass sie da waren. Runa musste schneller sein als sie, nach dem Wald könnte sie sie abschütteln. Ihr großer Vorteil war, dass sie in den vergangenen Wochen viel zu Fuß in der Stadt unterwegs gewesen war, sie kannte all die kleinen Straßen, Abkürzungen und schlecht einsehbare Wege. 

Schritte. 

Schritte, die immer schneller und lauter wurden. 

Sie wagte es nicht, hektisch zu werden, ihr Blick auf den Lichtstrahl am Ende des Waldes gerichtet, die Hände zu Fäusten geballt. Wenn sie sich weiter nähern sollten, würde sie kämpfen und das mit allen Mitteln - das hatte sie sich selbst geschworen. 

Nur noch wenige Meter, doch Runa erstarrte. 

Vor ihr tauchten drei Männer in schwarzen Anzügen auf, die sie mit ihren Blicken beinahe dazu brachten, zu erstarren. 

Einer der Männer griff an sein Jacket, hob es wenige Zentimeter an um ihr zu zeigen, dass er eine Waffe bei sich hatte. 

Sie scannte ihre Gesichter, das waren keine der Männer, die sonst für ihren Vater arbeiteten. 

Als sie sich rasch umdrehte, blickte sie in drei weitere Gesichter. Diese hingegen kannte sie nur allzu gut, war einer von ihnen die rechte Hand ihres Vaters. Womit sie jedoch nicht gerechnet hatte, waren die überraschten Gesichter, die zu den Männer auf der gegenüberliegenden Seite gerichtet waren. 

Runa dachte nicht weiter darüber nach, nutzte den Moment der Ablenkung dafür, loszurennen. 

Hinter ihr fluchte jemand laut und die Schritte beschleunigten sich. Sie rannten ihr hinterher, einer schrie ihren Namen, doch sie hörte nicht darauf. 

The Ordeal of Desire I Dark RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt