Kapitel 30

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Wie ernst es Logan damit war, die Wahrheit herauszufinden, sollte Kaliya in den kommenden Tagen merken. 

Drei Tage lang holte er sie früh morgens ab, brachte sie in einen spärlich eingerichteten Raum und saß ihr einfach gegenüber. 

In stillen, langen Abständen stellte er ihr die immer selben Fragen darüber, was sie wusste, was sie getan hatte, was sie hier machen würde und wer daran beteiligt war. 

In ihrer ersten Nacht in diesem Haus hatte sie sich jedoch selbst versprochen, nichts zu sagen. Zu groß war das Risiko, sich selbst oder ihre Familie, die nicht nur aus ihren Eltern sondern auch aus zwei Geschwistern bestand, in Gefahr zu bringen. 

Und auch wenn sie mit ihrer eigenen Familie keinen Kontakt mehr hatte, wollte sie nicht, dass ihnen etwas geschieht. 

Wie Logan vor ihr saß, vollkommen ohne Wut oder Ungeduld. Er lehnte sich gemütlich zurück, steckte seine Hände in die Hosentaschen und betrachtete sie. Seine Fragen waren ruhig und präzise gestellt, erhielt er keine Antwort darauf, verzog er keine Miene, sondern stellte die identischen Fragen wenige Minuten später erneut. 

Und Kaliya bemerkte langsam, dass sie dieses Vorgehen zermürbte. Jedes Mal rechnete sie damit, dass etwas geschehen würde: Diesmal würde er wütend werden - noch einmal würde er sie nicht damit durchkommen lassen, zu schweigen. 

Sie fing an, seine Art und Weise zu hinterfragen. Hielt er sie bloß hin? Was geschah im Hintergrund? Sie bekam kaum etwas mit, fand ihr Aufenthalt bloß in dem Gästezimmer und diesem Befragungszimmer statt. 

"Logan, das bringt doch alles nichts. Ich habe dir bereits gesagt, dass ich nichts weiß", seufzte sie am Nachmittag. "Ich muss zurück zur Uni, die anderen wundern sich vermutlich bereits, wo ich bin" Ein schwacher Versuch, dachte sie nicht dass er darauf auch nur ansatzweise anspringen würde. 

"Da du es gerade erwähnst", Logan holte ihr Handy hervor, "Er ging mir schon von Anfang an auf die Nerven" Er hielt das Display in ihre Richtung und Kaliya erkannte die Liste der Anrufer, durchzogen von lauter roten Einträgen des Namen "Dave". 

"Bitte", flüsterte sie und ihre Brust zog sich zusammen. In Dave hatte sie den ersten richtigen Freund gefunden - der erste, den Runa mochte. Die Vorstellung, er könnte denken sie wäre einfach gegangen, als wäre ihr die Freundschaft nicht wichtig gewesen... 

"Wir beide sollten einen Kompromiss eingehen", fuhr Logan fort und sperrte das Display, "findest du nicht?" 

"Und was soll das für ein Kompromiss sein?", fragte sie mit wenig Hoffnung. 

"Du zeigst mir, dass ich dir und deinen Antworten vertrauen kann, indem ich dich Dave anrufen lasse. Du wirst ihm sagen, dass es in deiner Familie ein Notfall gab und dass du nach Hause geflogen bist. Danach beantwortest du mir eine Frage ehrlich - und damit meine ich, dass diese plötzliche Amnesie endlich aufhört, verstanden?"

Sie sah ihm in die Augen. "Und was genau daran ist der Kompromiss?", schnaubte sie. 

"Ich werde dich weiter beschützen" 

Irritiert sah sie ihn an, doch Logans Miene veränderte sich nicht. "Sobald ich nicht mehr derjenige bin, der dir die Fragen stellt, wird es ungemütlich für dich" 

Kaliya schluckte schwer. Würde er es wirklich zulassen, dass ihr jemand wehtun würde? Natürlich würde er das, schließlich hatte sie ihn in so ziemlich allem angelogen und obendrein dachte er, sie wäre an dem Mord seiner Schwester beteiligt. Im Grunde kannten sie sich überhaupt nicht und er war ihr nichts schuldig, nur weil sie miteinander geschlafen hatten. 

"Okay", nickte sie und schaute zu Boden, kämpfte gegen die Tränen an, die sich immer wieder einen Weg bahnten, sobald sie an den Trümmerhaufen ihres vermeintlich neuen Lebens dachte. 

The Ordeal of Desire I Dark RomanceWhere stories live. Discover now