38. Kapitel - 1. Ausgang

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Mind kam gut bei den Leuten an. Viele mochten sie, obwohl sie Mind überhaupt nicht kannten. Sie wussten nicht, wie alt sie war, warum sie hier mit dabei war. Sie wussten nur, dass sie Mind hieß. In einem TV-Video hatte Andre nur gesagt,  dass sie Mind hieße und jetzt öfters hier zusehen sein werde. Viele haben diese Information nicht gereicht und haben sich drüber aufgeregt. Das war gute Werbung. Ich wusste nicht, ob ich Mind vorstellen sollte. Vielleicht später mal.
Ich ging in mein Zimmer und setzte die Perücke ab. Ich schaute mich im Spiegel an und rubelte mit einem Tuch die ganze Schminke ab. Dann zog ich mich um und war wieder Emma. Ich fühlte mich langsam wie Cro. Maske auf: berühmt. Keine Maske: unberühmt. Gut, bei mir war das jetzt nicht ganz so. Ich war auf keinen Fall so berühmt. Ich hasse dieses Wort. Ich war überhaupt nicht berühmt! ApeCrime war berühmt. Ich nicht. Ich nahm mein Skateboard, ging durch den Flur und wollte die Tür auf machen, als Cengiz rief: "Wohin willst du, Emma?" "Freunde treffen im Park", rief ich zurück. Ich ging aus der Tür und rannte die Treppen runter. Ich fuhr in den Park. Das ich meine Freunde sehen wollte war gelogen. Ich hatte mich nicht verabredet, doch ich musste sie mal wieder treffen. Ich hatte sie lange nicht mehr gesehen. Cengiz hätte mir sonst verboten alleine raus zugehen. Er war die Vaterrolle in meinem Leben. Ich nahm mein Skateboard und lehnte es gegen eine Bank. Dannach legte ich mich auf die Bank und schaute in den Himmel. Die Blätter, die an den Bäumen hangen verloren ihre saftgrüne Farbe. Sie wurden bunt. Der Herbst kam. Der Sommer kam mir ewig vor, weil ich so viel erlebt habe. So viel hatte ich sonst noch nie erlebt. Ich war gespannt, was als nächstes passieren würde. Wie aufs Stichwort klingelte mein Handy. Ich nahm es und ging ran. Ein Lächeln ging mir über die Lippen, als ich Benn hörte. "Hey", sagte ich. "Hai", bekam ich als Antwort. "Was gibt's?", meinte ich und setzte mich auf. "Nichts, ich wollte nur mal fragen, wann du Zeit hast... Wir haben uns lang nicht mehr getroffen", sagte er. "Und warum rufst du mich jetzt an? Wir hätten doch in der Schule reden können", fragte ich. "Jap, dass hätten wir. Wollte ich aber nicht", meinte er. "Okay... Also wann?", fragte ich. "Wie wäre es denn mit gleich morgen?", fragte er. "Nein... Das geht leider nicht. Ich muss meiner Pflegefamilie helfen", meinte ich. "Och... Warum! Kann man das nicht verschieben?", rief er durch den Hörer. "Nein. Leider nicht", antwortete ich. "Was musst du denn machen?", fragte er. "Sag ich dir nicht", meinte ich nur frech. "Och man! Das nervt! Du verheimlichst alles! Als ob deine Pflegeeltern Schwerverbrecher wären!", rief er. "Ach komm! Jetzt übertreibe nicht!", meinte ich nur lachend. "Ich übertreibe nicht! Ich weiß nur, dass du bei Pflegeeltern bist! Ich weiß nicht, ob du Geschwister hast, ich weiß nicht mal die Namen...", meinte er. "Spielt das so eine wichtige Rolle? Würde das irgendwas ändern, wenn du es wüsstest?", fragte ich. "Dann sag es mir doch...", bettelte er. "Nagut... Aber nicht am Telefon...", sagte ich stockend und rang in meinem Kopf, ob ich die Wahrheit sagen sollte, oder nicht. "Dann morgen? Okay?", fragte er verwundert. "Okay", antwortete ich mit Herzklopfen. Den ganzen Abend überlegte ich noch, was ich machen sollte, wie er reagieren würde, ob dass irgendwas zwischen uns verändern würde... Doch die Antwort wusste ich nicht. Ich wusste es nicht.


Meine etwas anderen ElternWo Geschichten leben. Entdecke jetzt