43. Kapitel - Talk To Myself

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Es war Freitag. Nun konnte ich sehen, wie Benn so wohnt... Ich erwartete nicht viel, er lebte ja in einem Waisenhaus. Doch ich hoffte, dass er bald raus kommen würde. Außerdem hoffte ich, dass es ihm besser gehen würde, als mir damals. Doch es war unwahrscheinlich... Er ist 15. Ich bin zwar 14, doch mit 13 war es schon sehr ungewohnlich, dass jemand kommen würde - dazu noch zu mir. Es war Glück, vielleicht Zufall. Doch es hatte geklappt.
Es klingelte. Wir konnten endlich gehen. Die Schule war so uninteressant wie immer. Doch das frühe Aufstehen wurde erschwert, denn die Tage wurden immer kürzer. Du wachst auf: Dunkel. Du gehst ins Bett: Dunkel. Das deprimiert. Doch ich konnte mich anscheinend immer überwinden auf zu stehen. Ich packte meine Tasche und wartete auf Benn. "Na dann zeig' mal die Pracht-Bude", meinte ich witzelnd. "Meinetwegen kann es los gehen", sagte er und ging zu mir. "Ich warte nur auf dich", meinte ich. "Jaaaa. Haben die Herrschaften es dann?", meinte der Lehrer, welcher den Raum abschließen musste. Er schien genervt und gestresst. Ohne ein weiteres Wort gingen wir dann aus dem Raum und etwas später aus der Schule. "Mann! Herr Rinke hatte es aber eilig!", sagte Benn. "Jap. Verständlich", meinte ich und wir nickten zum Verständnis. Wir liefen eine Weile. Ich wusste nur so ungefähr, wohin wir mussten und ließ mich von Benn führen. Er brachte mich zu einem großen Haus. Es war weiß gestrichen. Wenn nicht an der Wand ein Schild angebracht wurden wäre, dass es sich um ein Waisenhaus handelte, dann würde es nicht auffallen. Es sieht normal aus. Wir gingen hinein und wurden freundlich von einem Mann gegrüßt. Wir gingen zwei Stockwerke hoch und dann in ein Gang mit fünf Türen. In eine ging er rein. Insgesamt standen fünf Betten drin. "Mit Privatsphäre ist das ja nicht so...", meinte ich und schaute auf die Betten . "Ach, eigendlich geht's... Der eine Typ ist nie da. Er kommt nur zum Schlafen", erklärte Benn und zeigte auf ein Bett, welches ordentlich zu mir strahlte. "Das ist Markus. Von dem hab ich dir erzählt. Er zockt eigendlich nur. Wenn er seine Kopfhörer auf hat, dann ist er nur in dem Spiel. Da könnte neben ihm eine Bombe hoch gehen und der würde es nicht merken...", meinte Benn. Ich schaute Markus an, der auf seinem Bett saß und an dem Computer irgendwas zockte. Er hatte mcih nicht bemerkt und dabei beließ ich es auch. "Das ist mein Teil in diesem Zimmer", meinte Benn und zeigte auf ein Bett, was ganz hinten stand. "Das Doppelstockbett gehören Zwillingen. Hendrik und Olaf. Die sind eigendlich immer mit irgendwelchen Mädchen verabredet", erklärte Benn. Ich nickte nur und schaute mich um. "Ist doch okay hier...", beurteilte ich und schaute Benn in die Augen. "Passt", kahm nur von ihn. Dann herrschte Stille. Unangenehme Stille. "Weißt du eigentlich was von deinen Eltern?", fragte ich, um diese Stille durch zu brechen. "Nop, ist aber glaube auch besser so...", meinte er. "Warum?", meinte ich und das Gespräch schien interessant zu werden. "Ich weiß nicht, aber es gibt Gründe, warum sie mich weg gegeben hatten. Vielleicht gibt es keine Familie, vielleicht würde ich enttäuscht werden... Es gibt für mich keinen guten Grund ein Kind weg zugeben." Er schaute mich kalt an. "Ich weiß nicht", gestand ich, "Wirklich gar keinen Grund? Ich meine, was ist wenn sie sich nicht um dich kümmern können? Ist das Heim nicht besser, als in Armut zu leben? Oder sie war minderjährig. Es kann zwar sein, dass sie keine Lust auf dich gehabt hatten, es könnte aber auch sein, dass sie einfach das beste gewollt haben..." Ich hatte schon oft darüber nachgedacht und ich glaube, dass es wenige, aber Gründe gibt ein Kind weg zu geben. Eigendlich tun mir die Eltern mehr leid als die Kinder... "Du möchtest sie verteidigen?!", meinte Benn geschockt. "Nein. Ich möchte sie nicht verteidigen, weil ich sie nicht kenne. Aus dem gleichen Grund solltest du sie nicht verurteilen", meinte ich und es entstand wieder eine Stille. Nach einiger Zeit meinte Benn dann: "Es ist um vier. Wir sollten zum Ufer. Die Verabredung..." "Richtig", sagte ich und begab mich aus meiner Gedankenwelt.
Der Weg dorthin war totenstill. Als wir ankamen wurden wir mit viel Lärm begrüßt. Ich musste lachen, weil das gerade so unpassend war. Benn ließ sich nichts anmerken. Viele Menschen waren da. Auch viele, die ich nicht kannte. Erik war auch da. Er lächelte zu mir, dann umarmte ihn ein Mädchen und küsste ihn. Das veretzte mir ein kleinen Stich, aber nicht wegen ihm, sondern weil er jemanden hatte. Ich nicht. Sie sah nett aus und ich freute mich für ihn. Wir setzten uns auf eine Decke von jemand, der Jack hieß. Ich beteiligte mich eigendlich an keinen Gesprächen ich hörte nur zu und lächelte. Ab und zu beobachtete ich Paare, die vorbei kamen. Ich wurde ein wenig melancholisch... Dann kam noch ein Mädchen. Es war ziemlich heiß und frech. Sie hieß Meggy. Benn verbrachte viel Zeit mit ihr. Sie lachten zusammen und unterhielten sich. Das war das erste mal, dass er mich nicht beachtet hatte. Er war vertieft in die Gespräche mit ihr. Ich freute mich für ihn.

Meine etwas anderen ElternWhere stories live. Discover now