Kapitel 4

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"Immer, wenn ich das Gefühl habe und denke, dass ich okay bin. Dass ich langsam alles unter Kontrolle habe und ich mich nicht mehr vor meinen Ängsten fürchten muss, immer dann schafft irgendwer es alles zunichtezumachen. All das, was ich jedes mal wieder neu aufbaue, wird von Zeit zu Zeit zerstört." dachte ich mit Tränen gefüllten Augen und blickte weiterhin starr zur Zimmerdecke hinauf, während Spencer neben mir schlief. Ich bemühte mich darum mein Schluchzen zu unterdrücken, um weder ihn noch Aiden zu wecken, doch es funktionierte nicht. Immer mehr von den kühlen Tränen rollten über meine beiden Wangen, bevor sie schlussendlich auf dem hellblauen Kissenbezug, welchen sie langsam, aber sicher durchnässen würden, landeten. Ich verstummte oder versuchte dies zumindest als Spencer sich plötzlich bewegte und sich auf die Seite drehte, sodass er mir, nachdem er seine Augen geöffnet hatte, ohne Probleme in mein verweintes Gesicht schauen konnte. "Du bist nicht okay." flüsterte er müde und strich sanft über meine Wange, auf welche meine zuvor vergossenen Tränen eine nasse Spur hinterlassen hatten. "Was hast du erwartet?" wollte ich entgegnen, entschied mich allerdings dagegen. "Spencer kann nichts für die ganze Situation." dachte ich und rückte so nah es ging an ihn heran, um meinen Kopf an seiner Brust zu vergraben. "Es war eine blöde Frage gewesen." hörte ich ihn abwesend murmeln und spürte dabei wie sein Herz regelmäßig schlug, was eine beruhigende Wirkung auf mich hatte. Wir waren im Auto gewesen als Spencer sich darüber erkundigt hatte, wie es mir geht. Ich hatte ihm ein erzwungenes Lächeln geschenkt und gelogen. "Ich hätte dich dasselbe gefragt." antwortete ich leise, wobei ich den Kopf anhob und sein verschlafenes Gesicht musterte. "Habe ich dich geweckt?" wollte ich verlegen wissen. "Ist es wichtig aus welchem Grund ich wach geworden bin?" stellte er mir die Gegenfrage, woraufhin ich nickte. "Es ist wichtig." beteuerte ich. "Mach dir keine Sorgen um mich. Ich habe in den letzten Tagen mit Sicherheit mehr Schlaf als du gehabt." sagte Spencer und küsste meine Stirn. "Ist dir kalt?" hakte er anschließend nach, während er seine Hand mit einem besorgten Gesichtsausdruck auf meiner Stirn platzierte. "Ein wenig." gab ich leise wieder, verstand jedoch nicht was daran wichtig sein sollte. "Warum?" fragte ich deshalb und sah ihn ratlos an. Spencer sagte nichts, stattdessen tastete er vorsichtig nach meinen Armen, über die er seine Hände im Anschluss sanft gleiten ließ. "Weil dein Körper sich anfühlt als hättest du die letzte halbe Stunde, nicht mit mir im Bett gelegen, sondern wärst bei minus Graden draußen herumgelaufen." erklärte Spencer und zog mich wieder näher an sich heran. "Ist es so in Ordnung?" hakte er sachte nach, wobei er seinen behutsamen Griff lockerte. "Es lag nicht an dir, dass ich mich so aufgeführt habe." begann ich und gab ihm zu verstehen, dass seine Nähe in diesem Augenblick alles war, was ich wollte, indem ich meinen unterkühlten Körper zaghaft enger an ihn drückte. Ich wollte seine Wärme spüren und hoffen, dass sich diese, während ich beschützend in seinen Armen lag, auf mich übertragen würde. "Lass mich nicht los." flehte ich Spencer an, ohne weiter auf mein abweisendes Verhalten, welches er noch vor einigen wenigen Stunden zu spüren bekommen hatte, einzugehen. "Das werde ich nicht." flüsterte er, wobei ich fühlen konnte, dass sein Griff bestimmender wurde. "Ich liebe dich." erklärte ich leise und küsste ihn zärtlich, bevor er überhaupt die Chance gehabt hatte, etwas zu erwidern. Erst als meine Lippen Spencer's berührten, konnte ich die Kälte, die auch meine Lippen nicht verschont hatte und welche ich umso intensiver auf seine presste, wahrnehmen. Ich hatte nicht vor mit Spencer zu schlafen, was nicht allein daran lag, dass unser Sohn in seinem Beistellbettchen neben uns schlief und wir ihn erst in sein eigenes Zimmer bringen müssten, sondern daran, dass schon der Gedanke an Sex Angstgefühle in mir auslöste und mich an die Vergewaltigung denken ließ. Für mich waren weder meine Ängste, noch die Verbindung zu dem was Keith mir angetan hatte und welche sofort in meinem Kopf erschien, verständlich. Es machte mich wütend, dass ich den Sex, den ich mit Spencer hatte, mit der Vergewaltigung von Keith verglich. "Es tut mir leid." mit diesen Worten brach ich den leidenschaftlichen Kuss ab, ehe ich mich aufsetzte und mir beschämt durch die Haare fuhr, wodurch sich einige Strähnen aus dem geflochtenen Zopf lösten. "Was tut dir leid?" fragte Spencer, der sich ebenfalls aufgesetzt hatte, leise. "Dass mein Unterbewusstsein nicht begreift, dass du nicht er bist." erklärte ich aufgebracht und musste mich zusammenreißen, um Aiden nicht aufzuwecken. Spencer schwieg und wich meinem Blick aus. "Spence." flüsterte ich, woraufhin er seinen Kopf wieder zu mir drehte. "Was kann ich tun, um dir deine Ängste zu nehmen? Anstatt derjenige zu sein, der sie verschlimmert und durch den du..." "Nicht." fiel ich ihm kaum hörbar ins Wort und legte meinen Kopf auf seiner Schulter ab. "Das tust du nicht." erklärte ich ihm, während meine Hand über seinen Arm streichelte. "Bist du dir sicher? Denn, wenn es dir lieber ist kann ich genauso gut im Wohnzimmer auf dem Sofa schlafen." entgegnete Spencer und schaute mich unsicher an. "Ich möchte nicht, dass du gehst." sagte ich mit Tränen gefüllten Augen. "Was geht in deinem Kopf vor?" hakte Spencer im Flüsterton nach und strich mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr. "Ich habe Angst, Spence." begann ich, wobei die ersten Tränen über meine Wangen liefen. "Ich habe Angst, dass mein Alptraum zur Realität wird und..." ich stoppte, da die Erwähnung meines Traumes ausreichte, um weitere Tränen freizusetzen, welche mich am weitersprechen hinderten und laut schluchzen ließen. "Komm her." bat Spencer mich leise und wollte mich sanft in seine Arme nehmen, doch ich schüttelte meinen Kopf und schob die Decke beiseite. "Case." hörte ich ihn mit besorgter Stimme sagen. "Ich bin gleich wieder da." erwiderte ich schroff, während ich hastig aus dem Bett stieg und anschließend ins Badezimmer eilte. Dort kam ich gerade noch rechtzeitig an, bevor ich mich übergab. Der Gedanke an Keith und das Gefühl von seinen Händen auf meiner nackten Haut, riefen eine solche Abscheu in mir hervor, dass mein Körper nicht anders reagieren konnte und mit allen Mitteln versuchte dagegen anzukämpfen. Ein leises Klopfen an die angelehnte Badezimmertür, ließ mich erschrocken zusammenzucken und meinen Kopf auf die Tür richten. "Darf ich reinkommen?" erkundigte Spencer sich vorsichtig, woraufhin ich nickte, ehe der restliche Inhalt meines Magens ebenfalls in der Toilette landete, da ich mich ein zweites mal erbrach. "Schau mich bitte nicht so an." wies ich meinen Freund, der mir einen sorgenvollen Blick schenkte, kaum hörbar an und erhob mich von den kühlen Fliesen, ehe ich die Spülung betätigte. "Geh zurück ins Bett. Ich komme zurecht." fügte ich, nachdem ich meinen Mund ausgespült hatte, um den widerlichen Geschmack herauszubekommen, hinzu. Spencer schüttelte den Kopf und legte seine Arme von hinten zärtlich um mich. "Wie wäre es mit Tee und einem Film deiner Wahl?" schlug er leise vor. Ich nickte mit einem kleinen Lächeln und schloss für einen Moment meine Augen. "Ich liebe dich." flüsterte Spencer, wobei er mich sanft an sich drückte. "Ich liebe dich auch."

Crave you// criminal mindsWhere stories live. Discover now