Kapitel 22

432 18 2
                                    

Ich trommelte mit den Fingern ungeduldig auf dem Tisch herum, bis sich am anderen Ende der Leitung endlich jemand meldete. "Garcia." ertönte die Stimme der technischen Analytikerin des FBI's. "Hey Penelope. Hier ist Casey." begrüßte ich sie kurz, ehe ich zu erklären begann, was der Grund für meinen Anruf war. "Kannst du mir einen Gefallen tun? Ich bräuchte einen Hintergrundcheck von einer Frau Namens Jessica Smith." "Warum? Wer ist sie?" fragte Penelope verwirrt, woraufhin ich seufzte. "Ist es wichtig? Du erfährst es noch, aber nicht jetzt." entgegnete ich. Nun war es die technische Analytikerin, die seufzte. "Ich mache die Überprüfung, aber nur weil du es bist." "Du bist die Beste." bedankte ich mich lächelnd. "Erzähl mir etwas, was ich noch nicht weiß." bemerkte sie, während ich bereits die Tastatur ihres Rechners hören konnte. "Soll ich nach etwas bestimmtem suchen oder..." Penelope stoppte. "Das gibt es ja nicht." sagte sie und klang beinahe fassungslos. "Was hast du gefunden?" drängte ich nervös. "Jessica's Geburtsurkunde. Hier steht, dass Paul Evans ihr Vater ist. Sie ist..." "Meine Halbschwester." fiel ich ihr ins Wort und begann durchs Wohnzimmer zu laufen. "Ich weiß. Deshalb möchte ich, dass du schaust, ob sie irgendwelche Einträge oder ähnliches hat. Ich mag sie, aber es fällt mir trotzdem schwer ihr blind zu vertrauen." gab ich mit schlechtem Gewissen zu. Es fühlte sich an als würde ich Jessica verraten, doch gelang es mir nicht, sie ohne weiteres in meine Familie aufzunehmen. Dafür wusste ich nicht genug über sie, was sich mit Penelope's Hilfe hoffentlich ändern würde. "Was findest du noch?" fragte ich. Die Frau am Telefon schwieg. Lautes Geklimper war stattdessen nicht zu überhören. "Nichts. Zumindest nichts, was in irgendeiner Weise verdächtig ist. Sie scheint ein vorbildlicher Bürger zu sein." bemerkte Penelope dann. Ich atmete erleichtert auf. "Perfekt. Vielen Dank, Penelope." "Kein Grund sich zu bedanken." sagte sie freundlich, wobei ich ihr Lächeln bildlich vor mir sehen konnte. "Seit wann weißt du von deiner Schwester?" "Seit ein paar Tagen." erklärte ich kurz und ging zur Couch hinüber, wo Alison ruhig auf ihrer Decke lag. "Ich möchte dich nicht weiter stören. Du hast sicherlich viel zutun." sagte ich, was Penelope bejahte. "Wir hören voneinander. Mach's gut." mit diesen Worten beendete ich das Telefonat. "Du hast deine Schwester überprüfen lassen?" ertönte die Stimme meiner Mutter hinter mir, woraufhin ich mich zu ihr umdrehte. "Halbschwester." korrigierte ich sie. "Dennoch ist Jessica deine Schwester." bemerkte meine Mum, die fassungslos über mein Handeln zu sein schien. "Wie ich eben schon Penelope erklärt habe. Es geht nicht darum, dass ich Jessica nicht leiden kann oder ihr nicht vertrauen möchte, nur funktioniert es nicht einfach so. Dafür wurde ich zu oft enttäuscht. Es ist also mein gutes Recht vorher genaueres über sie zu erfahren, bevor ich mich ihr öffne und irgendwelche Geheimnisse ausplauder." verteidigte ich mich und nahm neben meiner Tochter Platz. "Ich finde es nicht gut." gestand meine Mutter, welche zwei dampfende Tassen auf dem kleinen Tisch abstellte. "Das musst du auch nicht." sagte ich genervt, da es mir nicht passte, dass sie sich in Angelegenheiten einmischte, die nicht ihre waren. "Glaubst du, dass Jessica dich überprüft hat?" wollte meine Mum wissen. Ich nickte. "Das hat sie sicherlich getan, aber auf eine andere Art und Weise. Sie hat zum Beispiel den Artikel gefunden, in dem von meiner Vergewaltigung berichtet wurde. Wir haben also beide recherchiert und fertig." beendete ich das Thema oder hoffte zumindest dies zu tun. "Du weißt genauso gut wie ich, dass du ihre Recherche nicht mit deiner vergleichen kannst." begann meine Mum erneut. "Nichts für ungut, aber können wir es jetzt dabei belassen? Nicht jeder hat die Möglichkeit, jemanden wie Penelope zu kennen. Ich habe einfach Glück, zumindest was das betrifft." entgegnete ich und nahm Alison vorsichtig an mich. "Oder sollte Jessica irgendetwas von mir wissen, was ich ihr vielleicht verschweige? Ist das deine Angst?" fragte ich schroff. Meine Mutter sah mich entgeistert an, bevor sie ihren Kopf schüttelte. "Was ist denn los? Du hast doch irgendwas, sonst würdest du dich nicht so aufführen." meinte sie. Ich senkte beschämt den Kopf. "Es tut mir leid, Mum. Ich weiß nicht, weshalb ich mich so verhalte. Vielleicht, weil ich diejenige bin, die Angst hat." gab ich zu und schaute zögernd auf. "Was macht dir Angst, Süße?" fragte sie. "Mit Aiden und der Kleinen allein zu sein. Ich fühle mich überfordert damit. Alison schläft nachts einfach nicht mehr, was sonst nie ein Problem war. Erst seitdem Spencer weg ist. Es ist als würde sie merken, dass er hier fehlt. So war es bei Aiden damals auch. Jedesmal, wenn ich mit ihm allein gewesen bin, war er unruhig und hat die Nächte über nur geschrien." erzählte ich verzweifelt, woraufhin mir meine Mutter Alison abnahm. "Zudem habe ich Angst vor dieser großen Veränderung. Ich habe Angst einen neuen Menschen in mein Leben zu lassen, aus diesem Grund, die krankhafte Überprüfung. Ehrlich gesagt, hatte ich gehofft, dass Jessica irgendetwas verbrochen hat. So hätte ich nämlich einen Grund gehabt, sie sofort wieder aus meinem Leben zu werfen." fuhr ich wimmernd fort und spürte, wie einzelne Tränen an meinem Gesicht hinunterrollten. "Ich bin ein schrecklicher Mensch. Aber fällt es mir so schwer, weil ich mit ihr auch immer einen Teil von Dad vor mir sehe." fügte ich weinend hinzu, während meine Mum ihren freien Arm um mich gelegt hatte. "Shh. Casey, hör auf dich selbst so fertig zu machen. Es ist gerade alles nicht leicht und du kannst nicht von jetzt auf gleich von dir verlangen, dass du dich daran gewöhnst. Es braucht seine Zeit. Du brauchst deine Zeit. Es wird sicherlich wieder etwas einfacher, sobald Spencer zurück ist. Dann kann er dir zumindest einen kleinen Teil der Last abnehmen." sagte sie, woraufhin ich nickte. "Warum hast du eigentlich immer die richtigen Worte parat, um mich aufzubauen?" fragte ich und wischte mit einem leisen lachen meine Tränen beiseite. "Weil Mütter diese Gabe besitzen." erwiderte sie lächelnd. "Danke." flüsterte ich und legte meinen Kopf auf ihre Schulter. "Danke, dass du immer für mich da bist." fügte ich hinzu. "Wann immer du mich brauchst, mein Liebling."

Crave you// criminal mindsWhere stories live. Discover now