Kapitel 23

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Ich war erschöpft und totmüde. Immer wieder fielen mir die Augen zu, doch kämpfte ich gegen meine schweren Lider an. Es war bereits kurz nach elf. "Wie gerne würde ich jetzt in meinem Bett liegen." flüsterte ich und zog Aiden, der vor etwa einer Stunde auf meinem Schoß eingeschlafen war, näher an mich. Alison schlief ebenfalls. Bloß ich tat dies nicht. Seufzend ließ ich meinen Blick durchs leere Großraumbüro schweifen. Spencer hatte mir eine Nachricht geschrieben und gemeint, dass sie bald landen würden. Ich war Hals über Kopf losgefahren. Aiden hatte es kaum abwarten können Spencer endlich wiederzusehen. Mir war es nicht anders ergangen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich allerdings nicht daran gedacht, dass wir so lange warten müssten. Gähnend schaute ich zu Alison, die in ihrem Kinderwagen lag. "Du bist schon hier?" ertönte Penelope's Stimme plötzlich hinter mir. Ich drehte mich verwundert zu ihr. "Schon." entgegnete ich seufzend. "Sie sollten bald landen." baute die technische Analytikerin mich lächelnd auf. Ich nickte matt. "Warte doch lieber im Konferenzraum. Da kann der Kleine auf dem Sofa weiter schlafen." schlug die quirlige Blondine vor, doch schüttelte ich den Kopf. Das Risiko, dass Aiden dabei wach werden würde, war mir einfach zu hoch. "Hast du die letzten Nächte überhaupt ein Auge zu gemacht?" fragte Penelope, welche mich besorgt musterte. "Wie lange dauert der Fall nun an?" hakte ich erschöpft nach, woraufhin sie mich entgeistert ansah. "Fahr nach Hause. Reid wird es verstehen." "Nein." widersprach ich ihr entschlossen. "Casey, du hättest dich nicht einmal hinters Steuer setzen sollen." warf die FBI Beamte ein. "Ich kann schon selbst entscheiden zu welchen Dingen ich fähig bin und zu welchen nicht." entgegnete ich gereizt, wodurch Aiden sich unruhig bewegte. "Ich meine es bloß gut mit dir." entschuldigte Penelope sich kleinlaut. Ich seufzte. "Zwei Wochen?" "Wie bitte?" wollte die technische Analytikerin wissen. "Das Team ist ungefähr seit zwei Wochen in Portland, oder?" fragte ich, woraufhin sie nickte. "Seitdem schläft keiner von uns mehr wirklich. Aiden hat Angst davor allein in seinem Zimmer zu schlafen und selbst, wenn er mit in meinem Bett liegt, kommt er nicht zur Ruhe. Der Kleine macht sich Sorgen um seinen Dad. Es ist die schwierigste Aufgabe der Welt ihm jedes Mal zu erklären, dass Spencer bald zurückkommt. Zudem lüge ich ihn jedes Mal an, Penelope. Ich lüge meinen Sohn an, um ihn zu schützen. Denn die Wahrheit ist, dass ich nie genau weiß, ob Spencer zurückkommt oder nicht. Ich weiß es einfach nicht." flüsterte ich den Tränen nah. Penelope schwieg und schaute mich mitleidig an. "Es macht mich kaputt. Sein Job macht mich kaputt. Aber ich kann nichts daran ändern oder soll ich ihm das hier nehmen?" fragte ich, wobei ich auf seinen Schreibtisch deutete. "Casey, ich... ich weiß nicht, was ich sagen soll." gestand die sonst so freudestrahlende Blondine, die nun alles andere als glücklich wirkte. "Spencer hat sich nie mehr als eine Familie gewünscht, doch weiß ich auch, wie viel ihm das FBI bedeutet. Ich will nicht der Grund sein, dass er diesen Beruf aufgibt." bemerkte ich, während Tränen über meine Wangen rollten. Ich wischte diese so schnell wie möglich beiseite. Es war mir unangenehm vor Penelope zu weinen. Ich hasste es, dass ich ständig so sentimental war und meine Emotionen nicht unter Kontrolle hatte. "Tut mir leid, ich wollte nicht jammern." bat ich die technische Analytikerin verlegen um Verzeihung. Bevor diese mir antworten konnte, wurden die beiden Glastüren schwungvoll geöffnet und mein ehemaliges Team trat ins Großraumbüro. "Hallo Schokodonner." begrüßte Penelope Derek, welchen sie mit ausgebreiteten Armen in Empfang nahm. "Hey." sagte ich leise als Spencer mir einen Kuss auf die Stirn gab. Die Begrüßung wirkte kühl, doch war ich einfach zu müde, um ihn vor Freude um den Hals zu fallen. "Fahren wir nach Hause." erklärte Spencer, der ebenfalls erschöpft schien. Ich nickte matt und überreichte ihm Aiden, welcher auch während der Autofahrt weiter schlief. "Bist du okay?" fragte ich, nachdem Spencer unseren Sohn ins Bett gebracht und sich an den Esstisch gesetzt hatte. "Spence?" hakte ich leise nach. Er schaute auf. "Was war die Frage?" "Du bist nicht okay." stellte ich fest und nahm seine Hände in meine. "Geht es um den Fall?" wollte ich vorsichtig wissen. "Case..." er kam nicht dazu seinen Satz zu beenden, da mir klar wurde, dass er sich rausreden wollte. "Wir beide müssen lernen über die Dinge zu sprechen, die uns belasten. Ich weiß, dass ich auch nicht besonders gut darin bin, aber es wird besser." bemerkte ich flüsternd, was Spencer seufzen ließ. "Bitte." bat ich ihn beinah schon flehend. "Ein kleiner Junge. Er war in Aiden's Alter." begann mein Ehemann stockend und sah mich mit glänzenden Augen an. "Wir konnten ihn nicht retten, genauso wenig, wie die Kinder davor. Es ist meine Schuld, dass dieser Kerl ihn umgebracht hat. Ich habe es vermasselt und damit einem Kind sein Leben genommen." ich blieb stumm. "Was ist, wenn ich Aiden und Alli auch nicht beschützen kann, wenn ihnen meinetwegen..." nun unterbrach ich Spencer. "Hör auf dir einzureden, dass du die Schuld an seinem Tod trägst. Uns allen ist es schon einmal nicht gelungen jemanden zu retten." sagte ich und stand auf, um meine Arme von hinten um ihn zu legen. "Du hast dein bestes gegeben, Spence. Du gibst immer dein bestes." flüsterte ich und drückte ihn fester. "Manchmal kann man nichts dafür, dass das Beste eben nicht gut genug ist." fügte ich leise hinzu, wobei Spencer sich erhob. "Er wird nie wieder einem Kind so etwas antun. Ihr habt es also geschafft." bemerkte ich noch. "Ich liebe dich, Cassidy." erklärte Spencer mir kaum hörbar. Ich schaute ihn mit großen Augen an. "Du benutzt nie meinen vollständigen Namen." "Bloß, wenn mir etwas besonders wichtig ist." entgegnete er und nahm mich sanft in den Arm. "Können wir über etwas sprechen, was mir wichtig ist?" fragte ich unsicher, woraufhin er zurückhaltend nickte. "Ich schaffe es nicht, Spencer. Ich kann Aiden kein weiteres Mal das Herz brechen, da meins bei jedem Mal ebenfalls in tausend kleine Teile zerspringt." begann ich und schluchzte. "Du möchtest, dass ich meinen Job aufgebe." schlussfolgerte der Vater meiner Kinder. "Sag es nicht so." bat ich ihn. "Wie soll ich es sonst sagen?" fragte er, ohne es vorwurfsvoll klingen zu lassen. "Ich weiß es nicht." gab ich seufzend zu und fuhr mir durch die Haare. "Vielleicht ist es ein wenig spät, um dieses Gespräch zu führen." meinte Spencer, doch schüttelte ich energisch den Kopf. "Ich muss jetzt drüber reden. Sonst werde ich wahnsinnig." "Du denkst nicht erst seit ein paar Tagen daran, oder?" erkundigte er sich, woraufhin ich nickte. "Ich denke daran, seitdem wir über ein zweites Kind gesprochen haben." gab ich zu und trat wütend gegen den Küchenschrank. "Casey!" ermahnte Spencer mich, da es laut polterte. "Es tut mir leid." seufzte ich, wobei ich langsam auf den Boden sank. "Komm her." flüsterte Spencer, der mich sanft in seine Arme zog. "Ich brauche dich einfach und viel mehr noch brauchen dich Aiden und Alli!" weinte ich. "Shh. Es wird alles gut." tröstete er mich und strich immer wieder liebevoll über meinen Rücken. "Es tut mir leid, Spence." entschuldigte ich mich abermals wimmernd, doch winkte er ab. "Es ist okay. Ich liebe dich. Ich liebe dich." flüsterte er, bevor ich komplett erschöpft in seinen Armen einschlief.

Crave you// criminal mindsWhere stories live. Discover now