Jace*

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"Dann bist du also mit ihr zusammen?", fragt Nell kaum, dass Lou aus der Tür war. Jace haderte mit sich, er wusste nicht, ob es richtig wäre, es Nell jetzt zu sagen. Ehrlich gesagt, befürchtete er, dass Nell Lou folgen könnte. Seit er von ihren Gefühlen wusste, hielt er sie für unberechenbar. Er warf Will einen hilfesuchenden Blick zu, aber dieser zuckte bloß mit den Schultern. Die Botschaft war angekommen: er musste selbst entscheiden.

Für einen Moment schloss er die Augen, aber dann sah er Nell an und entschied sich für die Wahrheit. Er schuldete es ihr ebenso wie Lou, die ganz bestimmt nicht erfreut darüber war, dass Jace es Nell nicht sagen wollte. Ein einfaches ja reichte, um Nell Tränen in die Augen zu treiben. Sie presste die Lippen fest zusammen und sah ihn einfach nur an, aber plötzlich änderte sich etwas in ihrem Blick.

"Ich wusste es", murmelte sie. "Wie kannst du nur Jace? Wie kannst du mir das antun?" Sie fuhr sich mit einer Hand durchs Haar, atmete tief durch und starrte an die Decke. "Du weißt genau, was ich für dich empfinde. Warum bist du dann mit ihr zusammen? Mit ihr und nicht mit mir?"

Jace schluckte. Er war überfordert, wusste nicht, was er sagen sollte, um Nell zu beruhigen. "Du bist wie eine Schwester für mich..." Er wusste, dass es die falschen Worte gewesen waren, kaum dass sie seinen Mund verlassen hatten. Aber er konnte sie nicht wieder zurücknehmen.

Nell richtete ihren Blick auf ihn, hasserfüllt und voller Schmerz. "Du bist das Allerletzte, Jace. Ich hasse dich!" Das waren ihre letzten Worte, bevor sie ihn zur Seite schubste und die Bibliothek verließ. Will warf Jace einen mitleidigen Blick zu, aber dann lief er Nell hinter. Bevor er das Gebäude verließ, drückte er ihm die Schulter.

Jace war allein. Allein mit den Gefühlen, die sein Herz höher schlagen ließen. Ihre Worte hatten ihn getroffen, er war verletzt. Wahrscheinlich hätte er das nicht sagen sollen, aber er konnte nicht mehr lügen. Er war es leid, es allen recht machen zu müssen. Warum konnte nicht einmal alles so sein, wie er es wollte? Jace schluckte die Wut und den Schmerz hinunter und verließ das Gebäude. Er lief nach Hause, wo er allein sein würde. Dabei wollte er nur einmal, dass jemand Zuhause auf ihn wartete, ihn umarmte, wenn er einen schlechten Tag gehabt hatte.

Seine Mutter musste so viel arbeiten, das war ihm klar, denn ansonsten würden sie kaum über die Runden kommen, aber war es so falsch, sich zu wünschen, es wäre anders? Ein Gedanke bohrte sich in seinen Kopf. Wenn sie nicht so wenig Geld hätten, dann würde er nicht in diesem Schlamassel stecken. Er war also gar nicht allein daran Schuld.

Sein Vater und sein Bruder hatten genauso viel schuld daran. Sie hatten seine Mutter und ihn allein gelassen.

Und er war auch nicht schuld daran, was mit Nell passiert war. Sie war schuld, warum hatte sie sich auch ihn ihn verlieben müssen? Er hatte nie irgendwelche Andeutungen gemacht, dass er mehr für sie empfand. Und außerdem gab es doch so viele Typen, die sie mochten. Federico zum Beispiel, was würde er nicht dafür geben, mit ihr zusammen sein zu können?

Jace schloss seufzend die Tür zur Wohnung auf. Es hatte keinen Sinn, einen Sündenbock zu suchen. Die Dinge waren, wie sie waren. Er konnte sie nicht ändern, also musste er eine Lösung finden. Erschöpft ließ er sich auf sein Bett fallen und starrte an die Decke.

Ich hasse dich!

Warum hatte sie das sagen müssen? Nell war seine beste Freundin und das solche Worte einmal aus ihrem Mund kommen würden, hätte er im Traum nicht gedacht. Aber anscheinend gab es Momente im Leben, die alles änderten. Und vielleicht sollte die Freundschaft mit Nell ja einfach nicht mehr sein. Er spürte, dass er den Tränen nahe war, aber er wollte nicht weinen, das war das Letzte, was er in dem Moment gewollt hätte. Entfernt hörte er das Telefon klingeln, doch er wollte jetzt niemanden sprechen. Als es einfach nicht aufhören wollte zu klingeln, stand er seufzend auf und suchte das Telefon.

Das Glück des Zufalls | db ✔️Where stories live. Discover now