Lou

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Sie starrte an die Decke ihres Zimmers und versuchte zumindest für einige Augenblicke, einfach nichts zu fühlen. Doch das war genauso unmöglich, wie der Schwerkraft zu trotzen.

Vor ihrem geistigen Auge lief immer wieder dieser eine Film ab, in der Hauptrolle ihr Kinojunge. Dass dies einem Selbstmord glich, war ihr sehr wohl bewusst, aber was konnte sie dagegen schon tun? Obwohl sie mit aller Kraft versuchte, ihn aus ihren Gedanken zu verbannen, kam er doch immer wieder zurück. Und mit ihm diese tiefsitzende Sehnsucht.

Sie seufzte, kein Wunder, dass ihre Gedanken einzig und allein um ihn kreisten. Heute war der Tag, den Jace all die Wochen gefürchtet hatte. Der Tag, an dem er sich diesem ekelhaften Typen stellen musste. Während er also irgendwo da draußen war, voller Furcht und Angst, lag sie hier in ihrem kuschelig warmen Bett. Dass das nicht fair war, spürte sie trotz der Wut und dem Schmerz. Und sie machte sich Sorgen, aber sobald ihr Herz auch nur einen Funken Mitleid mit ihm verspürte oder gar helfen wollte, setzte ihr Verstand ihrem Herzen einen Riegeln vor.

Es war zum Verrücktwerden, noch nie war sie so zwischen ihrem Herzen und ihrem Verstand hin- und hergerissen. Wieso passierte das alles?

Mit einem resignierten Stöhnen drückte sie sich ein Kissen aufs Gesicht, sie musste damit aufhören, sie durfte nicht mehr so viel denken. Das Vibrieren ihres Handys kam ihr da ganz gelegen. Sie griff nach dem Gerät, doch als sie sah, wer ihr da schrieb, musste sie einen frustrierten Schrei unterdrücken.

Hey, ich wollte nur mal fragen, wie es dir so geht (:
LG Cole

Lou verfluchte ihre Schwester dafür, dass sie diesem Typen tatsächlich ihre Nummer gegeben hatte. Seit sie wieder zuhause war und mit Hausarrest in ihrem Zimmer hockte, hatte Cole ihr schon unzählige Nachrichten geschrieben, dabei hatte sie ihm doch kein Anzeichen gegeben, dass sie ihn irgendwie mochte. Eher das Gegenteil war der Fall gewesen.

Gerade als sie das Handy einfach wieder zur Seite legen wollte, ging eine neue Nachricht ein. Es war Kat, die fragte, ob bei ihr alles in Ordnung war. Anstatt ihr zu antworten, rief Lou sie einfach an. Es würde guttun, ihre Stimme jetzt zu hören.

"Hey, alles klar?" Und wie sie bereits gedacht hatte, Kat's Stimme war wie Balsam für ihre geschundene Seele.

"Ja, ich denke schon. Gerade hat mir wieder dieser Typ geschrieben, aber naja."

Kat seufzte. "Der versteht auch einfach nicht, wann's genug ist." Bereits als Lou ihr das erste Mal von Cole erzählt hatte, hatte Kat eine tiefe Abneigung gegen ihn an den Tag gelegt. Erst war Lou verwundert gewesen, denn eigentlich war Cole ja nett und höflich, aber dann hatte sie begriffen, was Kats eigentliches Problem war und vielleicht war das ja auch ihres. Jace.

"Naja, ich kann es ihm eigentlich nicht wirklich verübeln, Elaine hat sein Ego ziemlich gepuscht. Aber wie auch immer, was machst du?" Lou blickte hinunter auf ihre Hände und begann mit der Decke herum zu spielen.

Am anderen Ende der Leitung war es eine Weile still, aber dann hörte sie Kat tief durchatmen. "Ehrlich gesagt, bin ich gerade bei Will und Nell."

Okay, was? Damit hatte sie jetzt ganz bestimmt nicht gerechnet. Ehrlich gesagt, wusste sie nicht, ob sie jetzt wütend sein sollte oder nicht. Schließlich waren es Jaces Freunde, von denen sie gerade sprachen. "Was? Ich meine, wieso?"

"Bitte sei mir nicht böse, Lou, aber ehrlich gesagt, hat mich die ganze Sache nicht mehr in Ruhe gelassen und deshalb habe ich ihnen zugesagt, mit ein wenig Geld auszuhelfen."

Lou wusste nicht, was sie sagen sollte. Natürlich war sie froh, dass Kat Jace helfen wollte, das zeigte, was für ein guter Mensch sie war, aber es ließ sie auch darauf hoffen, dass Jace das Ganze unbeschadet überstand. Dann wiederum war sie einfach nur verwirrt. Wann war das passiert? Hatte sie etwa die ganze Zeit über Kontakt zu den Jungs gehalten? Und plötzlich war da noch etwas. Kat hatte Nell gesagt. Bedeutete das...? Sie wollte gar nicht erst darüber nachdenken.

Das Glück des Zufalls | db ✔️Where stories live. Discover now