11.

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Tage undWochen sind vergangen, seit Emmanline ihn nicht mehr gesehen hatte.Kein einziges Mal ließ er sich blicken. Nicht einmal seinen Schattenhatte sie von ihm sehen können. Vor allem sein erdiger Geruch warverschwunden. Seit sie all ihre Wut aus sich herausgelassen und ihnangeschrien hatte, er solle verschwinden, ließ er sich überhauptnicht mehr blicken. Egal wohin sie ging, dort war er nicht. Manchmalkonnte sie ihn spüren, aber das war in seltenen Fällen gewesen, alssie meinte, er würde sie beobachten.

Hörte erwirklich auf das, was sie gesagt hatte? Blieb er wirklich von ihrfern?

Sie sollteglücklich darüber sein, dass sie so die Luft zum Atmen bekam, weiler ihr ständig den Atem nahm. Oder, da sie sich in seiner Gegenwartimmer erdrückt fühlte. All das fiel ihr nun leichter und es gabkeine Einschränkungen ihrer körperlichen Funktionen. Von ihremVerstand war im Augenblick nicht die Rede, denn dort war alleschaotischer und wüster.

In ihremKopf schwirrten viele unzählige Gedanken herum, die einfach keinenfesten Platz fanden. Es war untypisch für sie, dass sie nicht zueinem klaren Verstand kam. Es hatte zu dem Zeitpunkt angefangen, alser nicht mehr aufgetaucht war.

Wenn sieglücklich darüber sein sollte, wie es jetzt wäre, warum war sie esdann nicht? Ihr fehlte etwas entscheidendes und das empfand sie alsfurchtbar. Dieser Mann hatte in ihr etwas angerichtet, dass sicheinfach nicht mehr beheben ließ. Er hatte ihr immer Brocken vonDingen zugeworfen, um gleich danach sich zurück zu ziehen oder esihr einfach zu verwehren. Warum tat er ihr das an? Alles? Warumspielte er mit ihr? Was musste sie tun, damit das alles ein Endehatte?

Niemandwürde glauben, wie oft sie sich dessen bewusst gewesen war, wie sehrsie es sich wünschte, der Tod würde sie ereilen. Sie würde den Todmit offenen Armen empfangen und sie würde sogar Glück verspüren.Trotz allem hatte sie genau diese Last oder den Fluch zu tragen,nichts und niemand könnten ihr den Tod geben. Sie war verdammt, inwirklicher Unsterblichkeit zu leben, ohne das sie eine Art Erlösungverspüren könnte. Es war nicht fair, wenn sie andere sah, die eineGnade bekamen und sterben konnten, weil sie nicht mehr konnten.Emmanline war schon lange am Ende angekommen, aber es klappte einfachnicht. Egal was sie versuchte oder gar andere, sie war mit ihremeigenen Wesen verflucht, was ihr vererbt wurde. Es war ihre größteSchattenseite der sie niemals los sagen könnte, weil es ein Teil vonihr war. Niemand konnte einen Teil seines Wesen selbst aufgeben. Waswürde geschehen, wenn jemand dazu fähig wäre?

Sie konntedarüber nicht weiter nachdenken. Je weiter sie mit ihren Gedankenging, umso verzwickter wurde es und sie würde sich in diesen Fädennur weiterhin verheddern, als sie es ohnehin schon tat. Es war einereine Sackgasse in ihrem Labyrinth. Es gab kein Entkommen, sollte sieauch sonst welche Bemühungen auf sich nehmen.

Dasbrachte sie nun zum Anfang zurück. Dieser Mann und Drache brachteihr inneres, verzerrtes Labyrinth in ungeahnte Gänge und Sackgassen.Manchmal kam sie nicht weiter und stand vor einer Mauer, die so großwar, das sie nicht einmal das obere Ende sehen konnte. Egal wie sehrsie ihren Kopf in den Nacken legte. Oder wie sehr sie ihre Augen dazuzwang, es zu sehen. Er zwang sie dazu, all diese verwirrenden undnicht endenden Gänge zu durchlaufen. Nur um eine Erinnerung nach dernächsten in ihr zu wecken.

Desöfteren kam es vor, kleine Gedankenfetzen, die sie gehofft hatte,nie zu existieren, oder sie einfach verdrängt hatte. Aber alles warein Teil von ihr und das wusste sie. Es gab niemanden, der ihrfalsche Erinnerungen oder Gedanken einpflanzen konnten, weil sie eswissen würde. Ihr Wesen würde es wissen, wenn jemand in sieeindrang. Seit sie hier war, hatten sich ihre Instinkte und Sinne soverstärkt, das sie übermächtig geworden waren. Sicher, sie musstemit einigem kämpfen und verarbeiten, was das alles bedeutete. Fürsich selbst und welche Wirkungen es auf ihr Leben hatte. Sie konntenoch nicht wirklich das Ausmaß ihrer Fertigkeiten und Möglichkeitendeuten. Es war kompliziert und sie war noch lange nicht gänzlichbereit dafür alles zu analysieren. Eine Art Zurückhaltung war inihr verborgen und sie konnte sie noch nicht überwinden. Vielleichtwürde sie eines Tages dafür bereit sein, aber es war nur reinfraglich. Nur das Unbekannte würde je ihre Fragen beantworten undsagen können, was das Beste wäre.

Gebieter des Feuers und der LeidenschaftWhere stories live. Discover now