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Kaum zu fassen, aber es gabnichts in seinem ganzen Leben, was so schmerzlich war, als seineSeelengefährtin zu verlieren. Seine Seele und sein Herz. Jetztkonnte Lucien genau nachvollziehen, wie sehr seine Mutter Rhivannagelitten hatte. Wie ihr Leben doch stumpf erschienen sein musste unddiese Qual nach all den unendlichen Jahren. Kein Wunder das sie ihremGefährten so schnell in den Tod gefolgt war.

Doch war es nicht anders? Bevorseine Mutter starb, sagte sie zu ihm, kein Drache würde nach dem Todfrei sein, oder würde bei denen sein, die über alles geliebtwurden. Es war ein Fluch, den die Drachen tragen mussten und genaudieser blutrote Rubin war das Artefakt dazu. Gerade weil niemandwusste, dass sie nie nach dem Tod bei ihren Liebsten sein konnten,gingen sie trotzdem in den Tod. Egal welche Folgen es gab. Keinerdachte auch nur darüber nach, sowie er es auch tat. Dabei wussteniemand, das dieser Fluch existierte, auf ewige Verdammnis. Jetztfragte er sich, woher kam dieser Fluch überhaupt?

Sein Drang Emmanline zu folgen,war übermächtig. Bei ihr zu sein, war der einzige Gedanke, den erjetzt noch hegen konnte. Er wollte bei ihr sein, sie spüren undberühren. Alles an ihr wollte er.

Dabei hielt er sie in den Armen,aber nicht wie er es wollte. Nicht wenn sie so reglos in seinen Armenlag. Nicht eiskalt und bleich. Sie war alles andere als das, was erwollte. Sie sollte vor Leben sprühen, ihre Haut zart und weich, ihreAugen offen und klar, ihr Duft rein und sonnig, ihre Wärme und ihresinnlichen Berührungen. All das hatte er genossen und lechzte stetsnach mehr. Stets hatte er nur darauf gewartet, dass sie zu ihm kamund auch seine Nähe suchte, wie er es immer tat.

Emmanline verspürte auch soeine Anziehung zwischen ihnen, die stärker wurde. Eine starkeBindung, das sie unauslöschlich verband. Aber jetzt? Nichts.Absolutnichts.

Trauer und Verlust schnürtenseine Brust zu, während er Emmanline immer mehr in seine Arme zog,so fest, als würde er sie bald zerquetschen. Es war ihm vollkommenegal, denn er hatte alles verloren. Seine Seelengefährtin, die seinLeben war. Sein Kopf vergrub sich in ihrem schneeweißem seidigenHaar. Schon lange konnte er seine Tränen nicht mehr unterdrücken,die ihm lautlos über die Wangen liefen. Sein Herz schmerzteunendlich und eine lähmende Qual überfiel seinen ganzen Körper.

Seit mehr als sechs Tagen saßer in der gleichen Position in seinem Bett. Sein Rücken lehnte amKopfteil des Bettes, seine Beine ausgestreckt, während er seine Frauverbittert in seinen Armen hielt. Er ließ sie kein einziges Mal los,weil er trauern wollte. Er wollte seinen Schmerz herauslassen, dieihn quälten. Er wollte leiden, weil er so dumm gewesen war und soblind. Hätte er ihr doch viel eher gesagt, wie wichtig sie ihm seiund was sie ihm bedeutete. Das sie sein Leben und seine Seele in denHänden hielt, womit sie alles hätte tun können. Nur ein einzigesWort wäre kostbarer als alles andere, aber nein, er konnte nie inden Momenten seinen Mund aufmachen. Nie konnte er ihr wirklichbeweisen, was sie für ihn war. Die alleinige Frau in seinem Herzen.

Nun saß er hier und heulte Tagfür Tag, zu den Göttern betend und flehend, sie mögen seinGegenstück wieder geben, aber nichts geschah. Keiner erhörte ihn.Wissen tat er, je länger er mit Emmanline in seinen Armen hier saß,umso mehr wurde ihm bewusst, er starb innerlich. Jede Minute immermehr, bis nichts mehr von ihm übrig blieb. Es würde seinen Todzufolge haben.

Lucien wusste zu genau was esfür sein Volk bedeutete, sollte er sterben. Ein Untergang wäreunvermeidbar, aber er konnte und wollte nicht darüber nachdenken.Seine Gedanken galten einzig und allein Emmanline. Ohne sie konnte ernicht leben und so tun, als würde alles besser werden. Das würde esnie. Wenn er am Leben bleiben würde, dann nur als leere und toteHülle. Sein Körper würde leben, aber nicht seine Seele und seinenGeist.

„Warum?"Wiederholte er dieses Wort tausende male schon. Sein Verstand begriffnoch immer nicht ganz und wollte es auch nicht wahrhaben, dass er sieverloren hatte. Lucien würde jedes Opfer bringen, wenn er wüsste,er könnte sie damit zurück holen. Selbst mit seinem eigenen Leben,was er opfern würde. Ohne nur eine Sekunde zu zögern, sofort.

Gebieter des Feuers und der LeidenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt