XXIV

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Nummer füüüüünf :D 

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Ich verstand überhaupt nichts. Nerons Bruder? Er hatte nie einen erwähnt. Aber wenn ich genau darüber nachdachte, so hatte Neron eigentlich nie wirklich etwas über sich erzählt. Bei Gelegenheit würde ich ihn auf jeden Fall danach fragen. Aber nun musste ich mich auf die gegenwärtige Situation konzentrieren, die , so hatte ich das Gefühl, mehr als nur angespannt zu sein schien.

Neron war alles andere als begeistert mich hier zu sehen, doch als ich meine Augen endlich auf ihn legen konnte, hatte ich ein unheimliches Gefühl der Erleichterung verspürt. Natürlich auch, als ein lebendiger Adan und ein aufrecht stehender Enan in mein Blickfeld traten. Ich war überglücklich zu sehen, dass es ihnen allen gut ging.

Als ich schließlich wieder Neron ansah, konnte ich es nicht verhindern, dass mein Herz schneller schlug. Ich hatte nicht erwartet, dass mein Körper auf diese Art und Weise auf ihn reagieren würde. Dass mein Gefühl mir sagen würde, dass ich diesen Mann doch tatsächlich vermisst hatte.

Doch aus irgendeinem Grund bemühte er sich brennend darum mich loszuwerden. Ich konnte die Anspannung in seiner Stimme hören. Und wüsste ich es nicht besser, hätte ich sogar gesagt, er schien Angst zu haben. Aber wieso? Wenn es doch sein Bruder war, müsste doch alles in Ordnung sein?

,,Prinzessin'', sprach mich erneut Nerons Bruder Miro an. Ich drehte mich zu ihm und sah ihn fragend an.

,,Ich würde Euch sehr gerne eine kleine Geschichte erzählen. Ich glaube, sie wird Euch gefallen. Nein, eigentlich bin ich mir sogar ziemlich sicher.'' Vorsichtig nickte ich und signalisierte ihm, dass er fortfahren konnte. Und als auch kein Einwand von Neron oder von einem der anderen kam, fing er an zu sprechen.

,,Es war einmal ein kleiner Junge, der großen Mist gebaut hatte. Aus Wut. Vielleicht sogar aus Eifersucht. Und wegen diesem großen Mist kam der kleine Junge in eine kleine Zelle des Königs.'' Auch ohne, dass er den Namen erwähnen musste, wusste ich, dass er von Neron sprach. Nur verstand ich nicht, warum er mir das erzählte.

,,Irgendwann, sieben lange Jahre später kam er aus dieser Zelle raus und erhielt die Aufgabe dem König zu dienen und auf die Prinzessin acht zu geben. Ist das nicht spannend? Aber keine Sorge, der beste Teil an der ganze Sache kommt erst noch.'' Mit gerunzelter Stirn warf ich Neron einen kurzen Blick zu. Dieser starrte seinen Bruder einfach nur mit leerem Blick an. Da war kein Hass, da war keine Wut mehr. Nur Leere. Und ehrlich gesagt, machte mir diese Leere mehr Angst, als alles andere.

,,Denn auf die Prinzessin wurden Mordanschläge verübt. Natürlich schaffte es unser großer Held die Prinzessin jedes Mal zu retten, selbst wenn er dafür in Gefahr gebracht wurde. Doch das wirklich interessante daran war, dass der angebliche Held die ganze Zeit wusste, wer für die Mordanschläge verantwortlich war.'' Nerons Augen waren nun auf mich gerichtet, als würde auf eine Reaktion meinerseits warten. Doch ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Ich wusste nicht, ob ich überhaupt daran glauben sollte. Aber weder Neron, noch einer der anderen widersprach. Und das verunsicherte mich mehr, als ich wollte.

,,Möchtest du wissen, wer es war?'', fragte Miro mich. Doch ich konnte nicht antworten.

,,Es war sein Bruder. Des Helden eigenes Fleisch und Blut.'' Mein Atem stockte und ich spürte nur flüchtig, wie Dajans Griff um meine Schultern noch fester wurde. Es war eine Sache zu wissen, dass dir jemand nach dem Leben trachtete, doch eine ganz andere dieser Person wahrhaftig gegenüber zu stehen.

,,Bist du jetzt endlich fertig?!'', wollte Neron schließlich wissen und zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und sein Kiefer angespannt. Er sah aus, als würde er sich mit dem letzten Tropfen an Beherrschung, der ihm noch blieb, versuchen zurückzuhalten etwas zu tun, was er nicht tun wollte.

,,Warum?'', war das Einzige, das ich noch hervorbrachte. Denn ich verstand es nicht. Wieso hatte er das getan?

,,Du fragst warum? Ich wollte Rache. Rache dafür, dass ich mir meinen Bruder weggenommen habt. Ihr habt mir die einzige Familie genommen, die mir noch geblieben war. Und was hätte sich besser geeignet, als die Tochter des Königs direkt vor seinen Augen zu ermorden? Der erste Versuch wäre ziemlich spektakulär geworden bei der Menge, die dabei zugesehen hätte. Der zweite Versuch wäre nahezu gescheitert, ein viel zu weiches Herz hatte Liros. Konnte sich fast nicht dazu bringen dieses verdammte Messer endlich zu werfen. Doch beide Versuche scheiterten, wegen der Person, die überhaupt der Grund für diese Anschläge gewesen war. Aber wie es aussieht gibt das Schicksal manchmal sogar eine dritte Chance.'' Und nach diesen Worten sah ich nur noch, wie er kurz nickte, bevor ein stechender Schmerz durch die linke Region meines Bauches floss.

,,NEIN!'' Ich wusste nicht, wer schrie, denn ich konnte mich nur auf das warme Blut konzentrieren, das über meine Hände, die meinen Bauch umklammert hielten, floss. Das Messer, das halb in meinem Bauch steckte, nahm ich kaum wahr. Und als mich - wahrscheinlich Dajan - auf den Boden legte, war der einzige Gedanke, der durch meinen Kopf ging, dass ich es nicht bereute hergekommen zu sein.

Das Einzige, das ich bereute, war, dass ich Neron nie wieder sehen würde.

***

Mit schnellen Schritten war Neron bei Liyana angekommen. Sie war schnell bewusstlos geworden, aber sie atmete noch. Das einzige Problem war nur, dass Neron nicht wusste, wie lange sie noch atmen würde.

,,Was hast du getan..'', entkam es seinem Mund nur hauchend. ,,Was hast du getan?!'', schrie er nun und drehte sich mit schockiertem Gesicht zu Miro um. Dieser betrachtete seinen kleinen Bruder abschätzend und konnte die Sorge, die er in seinen Augen erkennen konnte, nicht nachvollziehen.

,,Was zum Henker lässt dich so um sie kämpfen? Was ist es?'', fragte er schließlich. Er wollte einfach nur den Grund dafür wissen, der seinen Bruder so verändert hatte. Früher hätte er mit lachendem Gesicht auf die sterbende Prinzessin hinuntergeblickt, ohne mit der Wimper zu zucken. Und nun kniete er neben mir und hielt sie mit zitternden Händen an sich.

,,Verdammt, ich liebe sie! Ich liebe sie, Miro!'' Neron wusste nicht, was vor sich ging. Er wusste nicht, warum er das sagte, aber es fühlte sich alles andere als falsch an. Es fühlte sich an, als hätte er ein Mal in seinem Leben das Richtige getan.

Miro dagegen konnte nicht verhindern, dass seine Augen sich weiteten. Sein Bruder liebte die Prinzessin? Er liebte den Feind?

,,Das glaube ich nicht...''

,,Du glaubst doch überhaupt nichts mehr! Das einzige, was dir noch wichtig ist, ist deine verfluchte Rache! Du bist ein verdammter Egoist, Miro! Das warst du schon immer!'', schrie Neron ihn an und richtete seinen Blick wieder auf Liyana.

Sie musste hier raus. Sie musste hier sofort weg.

Denn er konnte es nicht zulassen, dass sie starb. Nicht in seinen Armen. Nicht, wenn er das ändern konnte. 

LiyanaWhere stories live. Discover now