Kapitel 9

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Ich blendete alles um mich herum aus. Ich wollte nicht mitbekommen was Sam tat, wo seine Hände überall waren. Ich gab selbst das letzte bisschen Widerstand auf. Schon zu oft hatte Sam bewiesen, dass er stärker war als ich. Schon zu oft hatte ich gegen ihn verloren. Die letzten Regungen von mir waren die Tränen die einfach nicht versiegen wollten. Hin und wieder kam ein leises Schluchzen über meine Lippen, sonst hörte man nur weit entfernt ein paar Autos die durch die Straßen fuhren.

Der Ekel vor den rauen Händen die auf meinem Körper lagen und den Lippen die sich an meinem Hals zu schaffen machten, jagte mir einen Schauer über den Rücken. Und trotzdem tat ich nichts. Ich wehrte mich nicht, ich ließ es einfach über mich ergehen. Es war als wäre mir sämtliche Kraft und der letzte Funken Wille aus dem Körper gewichen.

Erschrocken keuchte ich auf als ich spürte wie sich Sam an meiner Hose zu schaffen machte. So sollte es also passieren. Die Erzählungen von Tia, wie zärtlich ihr Freund mit ihr umgegangen war, hatten mit meiner jetztigen Situation rein gar nichts gemeinsam.

Am Rande nahm ich wahr, wie meine Jeans nach unten rutschte und in den Kniekehlen hängen blieb. Zitternd lehnte ich an der kalten Mauer und starrte wie paralysiert an Sam vorbei an die gegenüberliegende Wand. Ich konnte dem Jungen vor mir einfach nicht ins Gesicht sehen. Das war nicht der in den ich mich verliebt hatte. Der der jetzt vor mir stand, das war der wahre Sam. Ich hatte mich lediglich in den Gentleman verliebt, für den er sich damals ausgab.

"Und? Bereust du es, dass du mich immer abgewiesen hast? Du hättest dir so einiges ersparen können." "Ich würde niemals freiwillig mit einem Monster schlafen." Ich flüsterte, hatte sogar Probleme mich selbst zu verstehen. Trotzdem kam ein bedrohliches Knurren von Sam. "Nur leider hat das Monster gewonnen. Hier kommst du nicht mehr weg bevor ich nicht endlich habe was ich wollte." Seine Hände wanderten immer tiefer. Das wars. Ich schloss meine Augen und wartete einfach darauf, dass es vorbei war. Ich konnte nicht schreien, mich nicht wehren. Gegen Sam hatte ich keine Chance, das hatte ich schon zu oft zu spüren bekommen.

Doch es passierte nichts mehr.

Und dann durchbrachen laute Stimmen die Nacht. Was passierte hier gerade? Zögernd öffnete ich meine Augen. Sam stand nicht mehr vor mir. Ein paar Meter von mir entfernt wälzte sich jemand auf dem Boden. Dann legte sich wieder ein Tränenschleier über meine Augen und ich sah nichts mehr.

Meine Beine gaben nach und zitternd rutschte ich an der Mauer hinunter auf den Boden. Plötzlich brachen alle Dämme bei mir. Unkontrollierbar fing ich an zu weinen und zu schluchzen. Wurde ich gerade wirklich gerettet? Ich legte meinen Kopf auf meine Knie und ließ meinen Tränen freien lauf. Noch immer spürte ich Sams Berührungen auf meiner Haut und bei dem bloßen Gedanke daran wurde mir unglaublich schlecht.

Musste es wirklich so weit kommen? Wäre das überhaupt passiert wenn ich schon früher mit jemandem geredet hätte? Oder hätte ich Sam einfach von Anfang an nachgeben sollen? Vielleicht hätte er mich dann auch nie geschlagen. Hätte ich all das verhindern können? Die Schmerzen, die er mir zufügte, die Beleidigungen die er mir immer wieder an den Kopf warf. War ich selbst schuld?

"Hey." Ich zuckte zusammen als ich eine Hand auf meinem nackten Arm spürte. "Es ist alles gut. Er tut dir nichts mehr." Ein weiteres Schluchzen verließ meinen Mund. "Roxy, schau mich an." Beim Klang meines Namens hob ich zögernd meinen Kopf. Trotzdem sah ich nichts. Die Tränen in meinen Augen und die Dunkelheit in der Gasse erschwerten mir die Sicht. Die Stimme die gerade beruhigend auf mich einredete kam mir bekannt vor, aber mein Kopf war in diesem Moment wie leer gefegt. "Komm, wir müssen dich ins Warme bringen." Eine Jacke wurde um meine Schultern gelegt. "Kannst du aufstehen?" Vorsichtig wurde mir aufgeholfen. Die tiefe Stimme meines Retters beruhigte mich und langsam aber sicher klärte sich meine Sicht. Noch immer unfähig mich zu bewegen stand ich zitternd in der kühlen Nacht. Unter normalen Umständen wäre es mir vermutlich unglaublich peinlich gewesen, dass mir mein Retter gerade die Hose wieder nach oben gezogen hatte. Aber in diesem Moment war mir einfach alles egal.

Rafael // ✔️Onde histórias criam vida. Descubra agora