Kapitel 33

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Ich stieß den giftigen Rauch einer Zigarette aus meinen Lungen, während ich an meinem Auto lehnte und auf Roxys Brüder wartete.
Sie war heute nicht in der Schule und jedes Mal wenn ich versuchte sie anzurufen, sprang nur die Mailbox an.
Seit ich bei Ash aufgewacht war und realisiert hatte, dass ich Roxy total vergessen hatte plagten mich Schuldgefühle. Ich hatte keine Ahnung wo sie war, ob es ihr gut ging. Cara hatte zwar gemeint, dass sie zusammen mit Roxy und Brian, einer der Typen die auch im Ferienhaus dabei waren, nach Hause gefahren war, aber was passiert war nachdem Cara Zuhause war konnte sie natürlich auch nicht sagen.
Ich war gestern gegen Abend auch bei Roxana vorbeigefahren, aber niemand war Zuhause. Weder sie, noch ihre Brüder oder ihre Eltern.

Ich hatte Roxy versprochen auf sie aufzupassen. Wenn ihr jetzt etwas passiert war würde ich zuerst jeden der ihr ein Haar gekrümmt hatte umbringen und mir dann selbst eine Kugel in den Kopf jagen.

Versprechen waren etwas heiliges für mich und für gewöhnlich brach ich sie auch nicht.
Ich hatte keine Ahnung wie die Party am Samstag so ausarten konnte, dass ich Cara und Roxy vergaß.

Mein Vater hatte Recht. Ich war noch zu unkontrolliert, verlor schnell den Fokus und vergas meine eigentliche Aufgabe.
Aber verdammt, was erwartete er? Ich war 18, jung. Ich wollte mein Leben leben und Spaß haben.
Das war in meiner Vergangenheit schon immer zu kurz gekommen. Spaß.
Keine Frage meine Eltern liebten mich, aber ein normales Leben hatte ich noch nie. Ich wurde schon von klein auf auf meine Zukunft vorbereitet.
Klar hatten wir auch ganz normale Familienmomente. Mein Dad hatte uns Fahrradfahren beigebracht und Mom hatte uns jeden Abend vorgelesen.
Und trotzdem waren wir nie eine normale Familie und würden es auch nie sein.

Als ich sah, dass die Zwillinge aus der Schule kamen, trat ich meine Kippe aus und steuerte auf die beiden zu.
"Hey, Alter." Ich nickte den beiden knapp zu. "Wo ist Roxy?" "Zuhause." "Gehts ihr gut." "Ja, mehr oder weniger." Alle meine Alarmglocken schrillten. "Wieso?" "Wir waren gestern Sushi essen und irgendwie tat ihr das nicht so gut. Sie hing die ganze Nacht über der Schüssel." Unbewusst fiel eine Last von mir ab. Ihr gings gut. Mal davon abgesehen, dass sie sich vermutlich gerade die Seele aus dem Leib kotzte.
"Wo wart ihr eigentlich am Samstag? Sie war ziemlich fertig als sie gestern Morgen heimgekommen ist." Sie war also über Nacht nicht Zuhause.
Schnell schüttete ich den Kopf und sah die Brüder wieder an. "Kino, essen, Ash's Party." Ehe die beiden weiter fragen konnten, klingelte mein Handy. Auf dem Display leitete der Name meines Vaters auf.

Arbeit, ich komme.

~~~~

Augenblicklich verstummten alle Gespräche im Raum und sämtliche Augenpaare lagen auf mir und meinen Männern. Jeder hier kannte mich und jeder wusste weshalb ich hier war.
Meine Hände steckten in den Taschen meiner Jacke und gelangweilt suchte ich den Raum nach Alfonzo ab. Ich hatte hier nichts zu befürchten. Die vier Männer hinter mir hielten die Waffen im Anschlag. Jeder dem sein Leben lieb war würde sich jetzt ganz ruhig verhalten.

Die Türe zu den Hinterräumen schwang auf und Alfonzo betrat den Gastraum. Ohne ein Wort mit ihm gewechselt zu haben sah ich ihn an, dass er das Geld nicht hatte. Kleine Schweißperlen bahnten sich den Weg über seine Stirn. Seine Atmung ging flach. Die Augen suchten hektisch, beinahe schon panisch den Gastraum ab.
Hier würde ihm keiner helfen. Niemand von den Leuten hier würde sich freiwillig gegen mich und schon gar nicht gegen meinen Vater stellen.

Der kleine, dicke Mann mit den schmierigen Haaren und dem zu lang gewordenen Schnauzer eilte auf mich zu und streckte mir seine zitternde Hand entgegen. Abschätzig sah ich Alfonzo an, was ihn dazu veranlasste seine Hand wieder zu senken und sie nervös an seiner Schürze abzuwischen. Dieser Mann ekelte mich an. Nicht nur, dass er unglaublich ungepflegt war und versuchte sich mit seiner schmierigen Art durch das Leben zu schleimen, es war kein Geheimnis, dass seine Frau unter seinem Alkoholkonsum litt. Ich hatte sie schon öfter als einmal mit einem blauen Auge gesehen. Zwar hatte ich ihr unsere Hilfe angeboten, aber dagegen wehrte sie sich vehement.

"Rafael. Ich hatte erst nächste Woche mit dir gerechnet." "Verkauf mich nicht für dumm, Alfonzo. Du weißt, dass das ein Fehler ist." "Das würde ich nie wagen." "Und wieso lügst du mich dann an?" "Ich...ich habe mich wohl im Datum geirrt. Es tut mir leid." Ein spöttisches Lächeln legte sich auf meine Lippen. "Wenn du dich wirklich im Datum geirrt hast, hast du doch sicherlich trotzdem schon einen Teil des Geldes, oder? Ich bezweifle nämlich, dass du innerhalb einer Woche 15.000$ auftreiben kannst." "Es...ich...äh das Geld ist in meiner Wohnung." Er verstrickte sich immer weiter in seine Lügen. Schon niedlich, dass ein Mann Mitte fünfzig solche Angst vor einem 18-jährigen hatte. "Dann hol es doch schnell. Du musst doch nur die Treppen nach oben gehen." Nervös fummelte er an seiner Schürze herum. "Wir sind umgezogen. Ja genau, umgezogen." Okay, jetzt reichte es. Widerwillig nahm ich eine Hand aus der Tasche und umfasste seine Kehle. "Hast du dir so viele Gehirnzellen weggesoffen, dass du wirklich denkst, dass ich dir glaube. Du weißt genau was mit Leuten passiert, die nicht rechtzeitig ihre Schulden begleichen." Ich legte meinen Kopf schief sah ihn an und verstärkte meinen Griff um seinen Hals ein wenig. "Erste Warnung, zweite Warnung und die Dritte wirst du nicht mehr miterleben." Ich drehte mich leicht zu den restlichen Säufern, die tagtäglich in dieser jämmerlichen, heruntergekommenen Bar saßen und ihr letztes Geld für Alkohol und die gezinkten Glückspielautomaten verpulverten. "Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt für euch zu gehen." Ich nickte in Richtung Tür und vernahm sofort das Geräusch von rückenden Stühlen und schweren Schritten auf dem knarrenden Holzboden.

Ich wandte mich wieder an Alfonzo und sah ihn an. "Findest du nicht auch, es wäre langsam Zeit für ein paar neue Möbel?" Meine Hand wanderte von seiner Kehle in seinen Nacken. Ich schob ihn zu einem Stuhl auf den ich ihn drückte. Meine Hände platziert ich auf seinen Schultern, damit er auch ja da blieb wo ich ihn haben wollte. Ich nickte Jonny zu und beobachtete ihn wie er schließlich einen kleinen Tisch quer durch den Raum warf.
"Stopp! Rafael, ich habe das Schutzgeld für dieses Quartal gezahlt!" "Und trotzdem ändert es nichts an der Tatsache, dass du uns jede Menge Geld schuldest. Das Schutzgeld gilt nur für die, die sich auch an die Abmachung halten."

Noch einmal nickte ich Jonny zu und verließ schließlich die Bar. Den Rest würden sie auch ohne mich schaffen.

Grinsend zündete ich mir eine Zigarette an.

Das war die erste Warnung.


Lesenacht #3

Das nächste Kapitel wird erst in 1 1/2 Stunden kommen 🙈

Rafael // ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt