Kapitel 26

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Rafael pfefferte sein Handy in die Mittelkonsole und bog scharf rechts ab. Erschrocken sah ich ihn an während ich mich an meinen Sitz klammerte.
Was zur Hölle war in ihn gefahren?
"Planänderung. Ich muss was erledigen, danach bring ich dich nach Hause."

Er raste wie ein Gestörter durch die Straßen und mich würde es nicht wundern wenn wir demnächst auf der nächsten Ampel hängen würden.

Es dauerte nicht lange bis Rafael in eine Seitenstraße einbog, durch ein eisernes Tor fuhr und dann seinen Wagen parkte. Umständlich drehte er sich etwas zu mir. "Egal was in den nächsten Minuten passiert, egal wer hier raus oder rein geht, du bleibst hier in diesem Auto. Verstanden?" Eindringlich sah er mich an. Verdutzt nickte ich und kurz darauf war er auch schon verschwunden.

Was zur Hölle passierte hier gerade?

Die Minuten vergingen, ein Mann eilte in die heruntergekommne Lagerhalle, ein anderer stürmte hinaus in die dunkle Nacht.
Irgendwas stimmt hier ganz und gar nicht.

Eine Gänsehaut überzog meinen Körper. Ob von der Kälte die sich langsam im Auto ausbreitete oder wegen dem schlechten Gefühl das mich beschlich, konnte ich nichts sagen.

Die Zeit die ich alleine im Auto verbrachte kam mir wie eine halbe Ewigkeit vor. Immer wenn ich auf meine Handyuhr schaute, waren nur wenige Minuten vergangen. Seufzend lehnte ich mich im Ledersitz zurück und lehnte meinen Kopf an die kalte Scheibe rechts von mir.
Fröstelnd strich ich mir über die Arme als sich die Fahrertür öffnete. Rafael ließ sich auf den Fahrersitz gleiten und startete wortlos den Wagen. Noch war der Innenraum beleuchtet, weshalb ich ihn eingehend betrachtete. Ausdruckslose Miene, emotionslose Augen. Mein Blick wanderte nach unten und blieb an einigen roten Flecken auf seinem weißen Hemd hängen. Ich schluckte schwer, während langsam das Licht im Auto verblasste. "Rafael?" Keine Reaktion. "Hast du da Blut am Hemd." "Ist nicht meins." Seine Stimme klang eiskalt. "Von wem dann?" "Von jemanden der es verdient hat." Ich schloss die Augen und atmete tief durch. "Was hast du getan?"

"Das willst du nicht wissen, Roxana."

~~~~

Freitag.

Halloween.

Tia und Elly waren nach der Schule mit zu mir gekommen damit wir uns für die Party am Abend fertig machen konnten.
Eigentlich wollte ich ja mit Rafael und Luca danach noch ins 1OAK aber nach Rafas Abgang am Mittwochabend hatte ich nichts mehr von ihm gehört also ging ich nicht davon aus heute Abend etwas mit den Geschwistern zu unternehmen.

Tia war eine wahre Künstlerin was Special Effekte anging. Sie hatte mir eine klaffende Wund quer über mein Gesicht geschminkt. Eine weiße Kontaktlinse im rechten Auge und Kunstblut auf meinem weißen Kleid inklusive.

Ich wusch gerade meine Hände ab, als ich hörte wie die Eingangstür ins Schloss fiel und das Gegröle meiner Brüder das Apartment erfüllte. Grinsend versteckte ich mich hinter einer Ecke und wartete bis die beiden in meine Nähe kamen.
Die beiden betraten die Küche.

Mit einem lauten Schrei sprang ich aus meinem Versteck hervor. Die Zwillinge fingen an zu kreischen wie zwei pubertierende Mädchen und fielen sich gegenseitig in die Arme.
Ein Bild für Götter.
In Sekundenschnelle zückte ich mein Handy und fotografierte meine Brüder, bevor ich in schallendes Gelächter ausbrach.
"Du scheiß Biest!" Leo fasste sich an die Brust und sah mich empört an.

"Leute, was ist hier..." Luca kam in die Küche und machte einen Satz nach hinten als er mich entdeckte. "Ach du heilige Scheiße!" Lachend sah ich ihn an während er näher zum mir kam und mein Gesicht eingehend studierte. "Das sieht verdammt echt aus. Wie hast du das gemacht?" Ich zuckte die Schultern. "Frag Tia. Ich kann nur sowas.", deutete ich auf Elly, die gerade zur Tür reinkam. "Der klassische Totenschädel also?" Ich nickte. "Was machst du eigentlich hier?" "Du hast doch gesagt, dass du Rafa und mir hilfst. Und jetzt sind wir da." Skeptisch blickte ich ihn an woraufhin er sich näher zu mir beugte. "Nimm Rafa die Sache von Mittwoch nicht krumm." Unauffällig nickte ich und folgte anschließend den anderen ins Wohnzimmer wo Tia ihre komplette Schminksammlung ausgebreitet hatte.

Rafael // ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt