Kapitel 08: Abstrakte Gedanken

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El hatte wirklich nicht übertrieben. Das Bella Casa, in dem wir zu Abend gegessen hatten, hatte wirklich einiges zu bieten. Obwohl der Name aus einem Buch geklaut war, wie der Küchenchef freimütig zugab. Aber er hatte auch ähnlich viel Herzblut in sein Restaurant gesteckt, wie der Protagonist aus dem Roman. Zumindest behauptete das die Kurzzusammenfassung auf Seite 2 der Speisekarte, wo auch das Buchcover in klein abgedruckt war. Selbstverständlich bot das Bella Casa auch die Gerichte an, die in der Geschichte vorkamen. Schräge Idee. Aber hatte was. Bei den entsprechenden Speisen befand sich neben dem Namen auch ein kleines Sternchen, das zu einer Fußnote führte. „Von Eliza Hart getestet und für gut befunden". Diesen Namen hatte ich irgendwo schon einmal gelesen. Aber wo? Ich war mir ziemlich sicher, dass ich keines ihrer Werke gelesen hatte – daran würde ich mich wohl erinnern. Nichts desto trotz wurde ich ein wenig neidisch bei dem Gedanken daran, dass jemand ein ganzes Restaurant nach einem fiktiven Ort aus einem Roman benannt hatte. So etwas wollte ich auch schaffen. Durch meine Kunst die Leben anderer Menschen zu beeinflussen. Nicht kleine Kinder am Einschlafen hindern. Aber gut, vielleicht führte das eine ja irgendwann zum anderen. Auf jeden Fall würde ich mir demnächst eines der Werke von Eliza Hart besorgen. Vielleicht sogar direkt Cook, Live, Love. Auch wenn ich eigentlich nicht auf Schnulzen stand. Aber irgendwas musste das Buch ja haben. Die Speisen, die im Bella Casa angeboten worden waren, hatten mich jedenfalls mehr als überzeugt.

„Schon nervös wegen morgen?"

„Hmm, ein wenig vielleicht. Die Reaktion der Fachpresse interessiert mich dann doch. Alle anderen müssen ja fast schleimen, damit ich sie beim nächsten Mal wieder zum Buffet einlade."

„Na du hast ja eine Meinung von deinen Gästen..."

„Du unterschätzt die Wirkung von Gratis-Essen eindeutig."

Ich hob mein Weißweinglas an und besah mir die goldene Flüssigkeit im Licht der untergehenden Sonne. Eigentlich war ich kein besonderer Fan von Weißwein, aber der hier war echt vorzüglich.

„Na ich hoffe doch sehr, sie kommen nicht alle nur wegen des Essens."

„Zumindest wird ihnen nicht nur das Essen in Erinnerung bleiben."

„Davon ist auszugehen, ja. Ob dir irgendjemand ein Angebot für die Birthday Box macht?"

„Mit Sicherheit. Ich hatte schon ein Angebot über die komplette Ausstellung, bevor ich überhaupt wusste, was ich alles drin haben will. Manche Sammler kaufen gern blind."

„Riskant."

„Nicht, wenn man sich an die richtigen Künstler hält."

„Ich mag deine Bescheidenheit."

„Ist eine meiner besten Eigenschaften."

„Darauf muss ich jetzt also etwas Nettes sagen, damit du mich nächstes Mal auch wieder einlädst?"

„Das wäre zumindest gesünder für dich. Auch, wenn wir dieses Mal Gleichstand haben. Schließlich musst du ja auch wohlwollend über die Entstehung der Ausstellung berichten."

„Darauf kann ich trinken."

„Aber übertreibs nicht. Der Artikel muss morgen früh fertig sein. Wie läufts mit der Story eigentlich?"

„Ziemlich gut. Aber das siehst du dann spätestens übermorgen."

Normalerweise wurden Artikel immer Monate im Voraus geschrieben, damit der Zeitdruck überschaubar blieb. Im Fall der Ausstellung ging das aber nicht, darum saßen die Verleger von World's Mirror ein bisschen auf glühenden Kohlen. Vermutlich hatten sie ein paar Alternativartikel in petto, aber für einen Exklusivbericht über die geheimnisvolle Miss Carter war das die Anspannung wohl wert. Ach was, es war sie auf jeden Fall wert.

Die unglaublichen Abenteuer des Mister GruffelpuffWhere stories live. Discover now