Kapitel 24: Kleine Zettel und freudige Überraschungen

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Die nächsten drei Wochen vergingen wie im Flug. Oder einem Fiebertraum. Es fühlte sich unwirklich an, völlig fremden Erwachsenen und Kindern etwas vorzulesen, an dessen Schöpfungsprozess ich mich selbst kaum erinnerte. Aber es war immer aufs Neue schön zu sehen wie die Reaktionen ausfielen und wieviele Exemplare der Abenteuer von Mister Gruffelpuff im Anschluss an die Lesungen den Besitzer wechselten. Auch an den Meet-and-Greet-Part begann ich mich zu gewöhnen. Kurz aufsehen, lächeln, Widmung in ein Buch kritzeln und weiter. Diese einfache Routine wurde jedoch gleich bei meiner zweiten Lesung unterbrochen. Von außen sah es genauso aus wie die zwanzig oder dreißig Bücher zuvor, also nahm ich es entgegen, schlug die erste Seite mit gezücktem Stift auf und stockte. Ein kleiner Zettel lag auf der unschuldig weißen Seite. Darauf in einer unglaublich schönen Handschrift ein Vorname (Veronica) und eine Telefonnummer.

Leicht irritiert blickte ich auf. Vor mir stand eine brünette Frau etwa Anfang dreißig und zwinkerte mir zu. Sie sah zu dem Zettel und blickte dann zu mir auf, nickte leicht und lächelte verschmitzt. Ich blicke zu dem kleinen Jungen, der an ihrem rechten Bein hing und schüchtern zu Boden blickte und setzte einen fragenden Blick auf.

„Mein Neffe", sagte sie entschuldigend und lächelte wieder. Ich ließ den Zettel unauffällig in meiner Handfläche verschwinden und setzte den Stift an.

„Ein spezieller Widmungswunsch?"

„Eigentlich egal, was Sie schreiben, der kleine Scheißer kann es eh noch nicht lesen."

Ich musste lachen. „Wie heißt er denn?"

„Jason."

Also schrieb ich ein „für Jason" auf die Seite, kritzelte noch irgendeinen sinnigen Spruch dazu und schob das Buch wieder über den Tisch. Veronica nahm es entgegen, hauchte mir ein „Ruf mich an" zu und verschwand mit dem Kind namens Jason durch die Ausgangstür. Ich steckte den Zettel ein und machte weiter.

Es blieb nicht bei dem einen Zettel. Am Ende der Lesetour waren noch ein paar weitere Exemplare dazugekommen. Das war zwar einerseits gut für mein Ego, aber andererseits auch ziemlich schräg. Schließlich las ich aus einem Kinderbuch vor und die Mehrzahl der anwesenden Erwachsenen waren deren Erziehungsberechtigte. Aber egal, ich hatte sowieso nicht vor, eine der Nummern zurückzurufen. Mike konnte ich damit aber trotzdem ärgern.

***

Als ich das Verlagsgebäude betrat und auf den Empfangstresen zuschritt, wurde ich bereits erwartet. Betty grinste breit, als sie mich begrüßte. Wären ihre Ohren nicht im Weg gewesen, hätte das Lächeln vielleicht einmal ganz rum geschafft. Ich hatte sie bei mindestens zwei Lesungen im Publikum entdeckt, jedes Mal in Begleitung ihrer kleinen Schwester.

„Guten Morgen Betty. Lange nicht gesehen." Ich war gut gelaunt und zwinkerte ihr zu.

„Viel zu lange."

„Wie geht es Louise?" Das war ihre kleine Schwester.

Die anderen Empfangsdamen wechselten einen irritierten aber neugierigen Blick.

„Sehr gut, danke der Nachfrage. Und danke für die Widmung. Sie legt das Buch kaum noch aus der Hand."

„Gern geschehen."

„Wann beginnt die nächste Lesereise? Ich soll das unbedingt fragen. "

„Keine Ahnung. Auf jeden Fall wohl erst im neuen Jahr."

„Da wird jemand sehr enttäuscht sein. Aber gut, das Jahr ist fast vorbei und die Feiertage werden schon für ausreichend Ablenkung sorgen."

„Das will ich doch auch ganz schwer hoffen. Richten Sie einen Gruß von mir aus."

Die unglaublichen Abenteuer des Mister GruffelpuffWhere stories live. Discover now