Kapitel 23: Kamillentee und Whisky

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Ich war beileibe kein Freund des Winters, aber dieses Jahr konnte ich kaum abwarten, bis es endlich Dezember wurde. Schließlich veröffentlicht man ja nicht jeden Tag sein Erstlingswerk. Auch wenn es ein Kinderbuch ist.

Die Kritiken der Testleser waren zum Großteil erstaunlich positiv ausgefallen, teilweise sogar leicht euphorisch. „Der Autor versteht es wahrhaft meisterlich, liebevoll gestaltete Charaktere zusammen mit einer guten Portion Humor, Abenteuer und einem Schuss Verrücktheit zu einer ungemein unterhaltsamen Geschichte zu verweben." „Endlich wieder ein Abenteuerroman, bei dem alles stimmt: Ein hohes sprachliches Niveau, glaubwürdige Charaktere und eine wirklich spannende Geschichte, die obendrein mit geschichtlichen Tatsachen und wissenschaftlichen Fakten gespickt ist, ohne dabei an Unterhaltungswert zu verlieren. Ganz im Gegenteil: Selten hat es so viel Spaß gemacht, sich historisch weiterzubilden." Ich war mir ziemlich sicher, dass Mike und die Leute vom Verlag genügend Zitate finden würden, die sich für das Cover von Mister Gruffelpuff eignen würden.

Es gab aber auch ein paar sehr kritische Stimmen. Am besten fand ich den Blogger, der sich ernsthaft darüber beschwerte, dass es in Mister Gruffelpuff keine Sex-Szenen gab. Er hing sich daran auf, dass in der ganzen Geschichte offenbar niemand „Bock hatte". „Bis auf ein oder zwei Szenen, in die man mit viel Goodwill einen Hauch von Geflirte hineininterpretieren kann erscheinen die Charaktere durchwegs erstaunlich prüde und wenig interessiert am anderen Geschlecht." Wahrscheinlich hätte ihm der Zombie-Gewalt-Porno besser gefallen. Ich fragte mich, ob er von der Sache mit der Matelotage wusste und falls ja, was das über ihn aussagte. Es war jedenfalls unschwer zu erkennen, welche Art der Unterhaltung er bevorzugte und ich war heilfroh, dass „Unter falscher Flagge" nicht in dieses Schema passte.

***

Für den Erscheinungstag war eine Lesung mit anschließender Signierstunde in einem Buchladen in der Innenstadt geplant, der zu einer großen Kette gehörte.

„Wenn das Event einigermaßen ankommt wirst du anschließend auf eine kleine Lesereise gehen, ein paar der größeren Filialen von BookSelf abgrasen."

„Wie, was?"

„Du hast doch sonst eh nichts zu tun."

„Außer einen Haufen Artikel zu schreiben, damit ich nicht verhungern muss."

„Das kannst du doch von Unterwegs machen."

„Nicht alles."

„Du wirst ja auch nicht durchgehend weg sein. Höchstens zwei oder drei Wochen. Und deine Auslagen werden erstattet. Zum Teil jedenfalls."

„Na wenn das so ist..."

„Keine Sorge, wir werden uns deinetwegen schon nicht in allzu große Unkosten stürzen. Noch ist dein Werbebudget eher überschaubar."

„So etwas habe ich befürchtet."

„Aber hey, das muss ja nicht so bleiben. Wenn du und deine Geschichte gut genug ankommen musst du vielleicht irgendwann überhaupt nicht mehr nebenbei arbeiten."

„Oder ich heirate reich."

„Steht das denn zur Debatte?"

„Wohl eher nicht."

„Na dann..."

„Muss ich mir wohl Mühe geben."

„Gute Einstellung. Meine Sekretärin wird sich dann wegen der Daten mit dir in Verbindung setzen."

„Hast du im Moment überhaupt eine eigene Sekretärin?"

Mike stockte kurz.

„Na eine unserer Bürodamen wird sich dann jedenfalls bei dir melden. Und jetzt husch, husch. Geh und verdiene uns beiden den Lebensunterhalt."

Die unglaublichen Abenteuer des Mister GruffelpuffWhere stories live. Discover now