2. Kapitel

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2. Kapitel

Liebe ist nicht so einfach, wie es in den Märchenbüchern scheint.
-K.M.

„Achtung! Hier komme ich!", schrie Hanna und sprang neben mir auf das große Sofa, welches leise ächzte, obwohl sie spindeldürr war.

„Du solltest weniger essen, du wirst langsam fett", zog ich sie auf und knuffte sie in den nicht vorhandenen Hüftspeck.

Hanna schlug mir auf die Finger, warf ihre langen, roten Haare zurück und antwortete:

„Ach sei still. Du meinst doch immer, ich würde bald verschwinden. Also lass mich gefälligst futtern."

Wie aufs Stichwort, kam Lilly mit dem Popcorn aus der Küche zu uns rübergelaufen. Sie gab es Hanna in die Hände und meinte grinsend:

„Da, werde gefälligst dick, damit ich nicht die einzige mit Figurproblemen bin."

„Du spinnst doch", erwiderten Hanna und ich im Chor.

„Du siehst gut aus", ergänzte ich und hob die Bettdecke an, unter der Lillys Freundin und ich es uns bereits gemütlich gemacht hatten.

Meine Schwester kroch ebenfalls darunter und schon saß ich zwischen den beiden Lieblingsfrauen in meinem Leben.

„Du bist doch viel dünner als ich", sagte Hanna und griff ins Popcorn.

„Das ist genaugenommen gar nicht möglich, weil ich größer und breiter gebaut bin", konterte Lilly.

„Scht! Ruhe auf den billigen Plätzen. Ich denke wir wollen den Film sehen", brachte ich beide zum Schweigen und drückte auf Play.

Ich wusste, wenn ich jetzt keinen Riegel davor schob, würde keiner von uns auch nur ein Wort vom Film mitbekommen. Zu meinem Glück, hörten sie auf mich. Während Hanna weiter Popcorn futterte, legte ich einen Arm um meine kleine Schwester welche ihren Kopf an meine Schulter lehnte.

Als es Draußen immer Dunkler wurde, lag bereits der dritte Film im DVD-Player und die zweite Portion Popcorn stand auf dem kleinen Wohnzimmertisch. Alles in allem waren wir total entspannt bis im Film ein Geist im Kleiderschrank klatscht. Hanna schrie erschrocken auf und Lilly vergrub ihr Gesicht an meinem Hals. Ich lachte nur über die beiden, obwohl ich selbst einen riesigen Schrecken bekommen hatte. Hanna durchschaute mich sofort, boxte mir gegen den Arm und meinte:

„Hör gefälligst auf zu lachen. Du hast dich doch selbst erschrocken."

Ohne darauf einzugehen, grinste ich weiter vor mich hin und zog mit dem Daumen kleine Kreise über die Schulter von Lilly. Sie schaute zwar wieder den Film, aber ich konnte fühlen, dass ihr Herz noch immer heftig in ihrer Brust schlug. Eigentlich war sie kein schreckhafter Mensch, aber das war ich auch nicht. Trotzdem ging mir ein bisschen die Muffe. Dieser Film war einer der wenigen, die mich schaudern ließen. Als am Ende die Puppe aus der Vitrine verschwunden war, zuckte ich leicht zusammen, obwohl es eigentlich mit das harmloseste war. Aber irgendwie viel die angestaute Spannung in diesem Moment von mir ab und ich war froh, das der Abspann lief.

„Angsthase", flüsterte Lilly und tippte mir auf die Nase.

Verwundert darüber dass sie so leise war, schaute ich sie fragend an. Meine Schwester deutete auf ihre Freundin, die neben beziehungsweise mit dem Kopf auf meinem Schoß, eingeschlafen war. Lächelnd strich ich Hanna die Haare aus dem Gesicht. Offenbar machten ihr Horrorfilme nur beim anschauen etwas aus. Schlafen konnte sie nämlich seelenruhig.

„Du magst sie", sagte Lil leise und richtete sich auf, um mich besser ansehen zu können.

Ein Kunststück, wenn man mich fragte. Die Sonne war lange untergegangen und die Lampen alle aus. Nur der weiße Abspann spendete ein wenig Licht. Andererseits, konnte ich Hanna ja auch erkennen. Mehr oder weniger.

Forbidden Touch (TNM-#0.5)Where stories live. Discover now