1. Kapitel

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Leise stieg ich die Stufen der langen Wendeltreppe nach unten. Soeben hatte eine Hauselfe mich zum Essen gebeten und nun begab ich zum Speisesaal. In diesem Haus war es verboten, sich laut und auffällig zu verhalten. Hier musste sich jeder so leise und elegant wie nur möglich verhalten. Wegen der Stille und den dunklen Gängen in diesem Haus wirkte es hier so gut wie immer kalt. Kalt war ebenfalls ein Wort, dass meinen Vater gut beschrieb. Einzig und allein zu meiner Mutter war er ein ganz normaler, freundlicher und sympathischer Mann. Durchgehend, immer. Er war noch kein einziges Mal böse mit ihr gewesen. Umso mehr wunderte es mich, dass die wütenden Stimmen von den Beiden lautstark aus der Speisesaaltür drangen, vor der ich mich mittlerweile befand. Leider war es eine sehr schwere Tür, aus der sonst normalerweise kein Ton zu hören war. Dem entsprechend verstand ich nur kleine Wortfetzen wie:" Gefahr...Lord..." oder:" Sie...anders...muss sterben...morgen...", von meinem Vater, oder von meiner Mutter:" Wir...nicht machen...sie...Tochter...liebst...gar nicht?"
Der Streit wurde immer lauter, weshalb ich beschloss, diesen zu beenden. Leise öffnete ich die schwere Tür und trat ein. Sofort trat Stille ein. Keiner sagte mehr etwas. Mein Vater stand mit hochrotem Kopf und verschränkten Armen da, so wie immer wenn er wütend war. Meiner Mutter flossen Tränen aus den Augen, während sie mich mit verheultem Gesicht anschaute. Mir brach das Herz, als ich sie so sah. Ich hatte meine Mutter sehr gern. Sie war der einzige Grund, warum ich noch nicht versucht hatte, abzuhauen. Sie war die einzige in dieser Familie die mich so akzeptierte, wie ich war und nicht versuchte, mich zu verstellen. Mein Vater hingegen hasste mich. Er hasste mich, weil ich anders war. Er versuchte zwar mit allen Mitteln, mich wenigstens ein bisschen zu der Tochter zu machen, die er haben wollte; von netten Worten, zu Drohungen, zu Schlägen und schließlich zu Folterflüchen. Doch nichts hatte etwas gebracht. Ich war nunmal anders, ob ich wollte oder nicht.
Um diese Stille zu brechen, die mich jetzt schon den ganzen Tag umgab, wandte ich mich an meine Eltern:" Mutter, Vater. Es tut mir leid, dass es ein wenig gedauert hat, bis ich erschienen bin. Ich werde versuchen, das nächste Mal schneller hier zu sein." Mein Vater gab nur ein Nicken von sich, was wahrscheinlich soviel heißen sollte, ich solle mich hinsetzen und ruhig sein. Dies tat ich dann auch gehorsam und setzte mich an meinen Stammplatz auf der rechten Seite des langen Tisches. Nachdem meine Eltern meinem Beispiel gefolgt waren und sich mein Vater an das Kopfende des Tisches und meine Mutter sich zu seiner rechten Seite nieder gelassen hatten, aßen wir gemeinsam und leise das köstlich zubereitete Essen der Hauselfen auf. Ohne ein Wort gesagt zu haben, beendeten wir das Essen. Leise und vorsichtig, dauernd in der Angst, etwas Falsches zu sagen, wandte ich mich nun an meinen Vater:" Da wir ja nun das Essen beendet haben, dürfte ich wieder in mein Zimmer?" "Du darfst. Aber bevor du gehst, möchte ich, dass du weißt, dass der dunkle Lord morgen bei der täglichen Versammlung auch deine kleine Wenigkeit dabei haben möchte. Das ist eine große Ehre. Verhalte dich dementsprechend!" "Natürlich, Vater.", seufzte ich und machte mich dann auf den Weg in mein eigenes kleines Reich.

***

Das auf dem Bild soll Felice sein.

Snowangel ( HP ff - Rumtreiberzeit )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt