3. Kapitel

5K 245 11
                                    

Leise schlich ich aus der Hintertür des Hauses in die kalte Nachtluft. Fest in meinen schwarzen Mantel gehüllt, schaute ich mich um. Ich hatte keine Ahnung, in welche Richtung ich jetzt fliehen sollte. Vor mir erstreckte sich der dunkle, mit Schnee bedeckte Wald, der majestätisch seine Kronen empor schob. Schon als kleines Kind war der Wald für mich ein Zufluchtsort gewesen. Schon damals war ich immer hier her gekommen, wenn ich Probleme oder ähnliches hatte. Hier war es immer ruhig. Hier war ich immer willkommen gewesen. Hier war kein Vater, der mich schlug und jetzt sogar töten wollte. Hier war kein Vater, dem sein Kind egal war. Hier war nur der Wald, Tiere und ich.
Ich war mir auf einmal mehr als sicher, dass ich durch den Wald gehen musste. Er war auch am sichersten, weil die Schatten der Bäume mich mit ihrer Dunkelheit verschlucken würden.
Also trat ich mit festen, jedoch leisen Schritten in den Wald hinein.
Ängstlich schaute ich mich immer wieder um. Obwohl ich immer ein heimatliches Gefühl bekam, sobald ich den Wald betrat, kam er mir diesmal etwas zu dunkel vor. Ständig hatte ich Angst, dass jeden Moment Personen mit pechschwarzer Kleidung, wehendem Umhang und grimassenartiger Maske im Geschicht hinter den großen, dunklen Bäumen hervorspringen zu sehen oder hinter mir rennen zu sehen.
Etwas Nasses rollte meine Wangen  hinunter. Ich weinte. Ob es aus Trauer, Wut oder Enttäuschung war, wusste ich nicht. Ich stand nur da und weinte. Mitten in einem Wald und noch nicht so weit entfernt von meinem Zuhause, doch weit genug, um es nicht mehr zu sehen. Verächtlich wischte ich mir die Tränen weg. Ich durfte nicht weinen. Das ist eine Schwäche, die ich zeigen würde und die konnte man gegen mich einsetzen.
Ich wollte schon weitergehen, als ich plötzlich ein Zischen an meinem Ohr vorbeifliegen hörte und sah, wie ein Baum in der Nähe in tausend kleine Stücke zerbarst. Erschrocken drehte ich mich um und sah, wie eine Gruppe von Männern mit schwarzen Umhängen, grimassenartigen Masken und erhobenen Zauberstäben auf mich zurannten. Todesser.
Für einen Moment befand ich mich noch in einer Schockstarre, doch spätestens als der nächste Fluch an mir vorbeizischte und ein weiterer Baum zerstückelt wurde, drehte ich mich wieder um und rannte so schnell ich konnte. Immer wieder musste ich Flüchen ausweichen, stolperte oder fiel hin. Ich selber feuerte nur manchmal Flüche ab, da ich Angst hatte, dass ich dadurch langsamer wurde und das konnte ich nicht riskieren. Und ständig hatte ich genau drei Fragen, die mir durch den Kopf schwirrten: Wie haben sie mich so schnell gefunden? Geht es Mama gut? Finde ich rechtzeitig nach Hogwarts?
Ich merkte wie mir die ersten Tränen der Verzweiflung die Wangen hinunterrannten. Diesmal wischte ich sie nicht weg. Dazu hatte ich keine Kraft mehr. Ich hatte keine Ahnung wo ich war, wusste nicht, wie ich nach Hogwarts kommen sollte, wusste nicht, wann ich endlich da war, hatte das Gefühl, dauernd auf der selben Stelle stehen zu bleiben und wurde von Todessern verfolgt. Das alles war mir einfach zu viel. Ich konnte nicht mehr. Während ich lief, bahnten sich immer mehr Tränen einen Weg von meinem Gesicht hinunter auf den Boden. Immer dort, wo eine Träne den Boden berührte, enstand eine kleine weiße Eisblume. Ich hatte einfach keine Kontrolle mehr über mich selbst.
Immer wieder peitschten mir meine schneeweißen Haare ins Gesicht und versperrten mir die Sicht, doch ich rannte immer weiter. Ich konnte es nicht riskieren, gefangen zu werden, es sei denn, ich verspürte den unendlichen Drang zu sterben und das war nicht der Fall. Also rannte ich, so schnell ich konnte. Hinter mir hörte ich plötzlich wie jemand rief:" Haltet sie auf! Sie darf nicht entkommen! Sie muss sterben, wie der Lord es befohlen hat!"
Mein Herz setzte einen Schlag aus. Obwohl ich es bereits die ganze Zeit wusste, fühlte es sich jedes Mal aufs Neue so unwirklich und schrecklich an. Ich wusste ganz genau, wer dieser Lord war: der schlimmste dunkle Magier aller Zeiten. Er bezeichnete sich gerne als 'der Dunkle Lord' oder 'Lord Voldemort'.
Genauso wusste ich, wer dies gerade gesagt hatte: Einer von den angesehensten Männern Voldemorts. Mein 'Vater'. Der Mann, der mir das Leben geschenkt hatte. Der Mann, der mich noch nie hatte leiden können. Der Mann, der mich tot sehen wollte. Und das alles nur, weil ich anders war. Weil ich für den Dunklen Lord eine Bedrohung darstellte.

Snowangel ( HP ff - Rumtreiberzeit )Where stories live. Discover now