29. Domen - Bischofshofen

386 23 7
                                    

Domen war gefangen. Alles okay bei dir, Junge? Gefangen in seinem Tunnel. Warum hast du das gemacht? Mit all den Gesichtern. Hast du was gespürt? Die ihn ansahen. Lüg mich nicht an. Unnachgiebig. Du hast angefangen, zu viel nachzudenken, statt einfach deinem Gefühl zu folgen. Fragend. Daniel ist bestimmt ein tolles Versuchskaninchen. Vorwurfsvoll. Warum hast du das gemacht? Zerrten sie an ihm. Stimmt das wirklich? Schrien ihn an. Block nicht immer gleich alles ab! In seinem Kopf. Hast du was gespürt? In jeder ruhigen Sekunde. Stimmt das wirklich? Verlangten Antworten. Lüg mich nicht an! Wurden mit jedem Moment lauter. STIMMT DAS WIRKLICH? Anklagender. LÜG MICH NICHT AN! Fordernder. NICHT BEI SO WAS!

Schwer atmend bewegte Domen seine Beine. Alles in ihm lechzte nach Erholung, nach Ruhe. Er war so lang gerannt, dass seine Lunge begann zu schmerzen. Nach Sauerstoff zu schreien. Fast so laut, wie die Stimmen in seinem Kopf. Die sich drehten. Immer schneller. Ihn gegen seinen Willen in ihren Strudel mitrissen. Stur versuchte er sich ihnen zu widersetzen. Starrte die Wand an, während er das Laufband noch eine Stufe höher schaltete. Morgen würde er es bereuen, aber das war ihm egal. Er musste laufen, nachdem er fast drei Stunden im Auto festgesessen hatte.

Mit seinen verwirrten Gedanken. Mit Cene. Mit Daniel. Ohne Möglichkeit zu entkommen. Es trieb ihn in den Wahnsinn. Der Weg nach Bischofshofen war ihm vorgekommen wie die Ewigkeit aus der es kein Entrinnen gab. Erbarmungslos. Ein Labyrinth bestehend einzig aus Sackgassen.

Lüg mich nicht an! Daniel stand vor ihm. Sah ihn einfach nur an mit seiner Bitte auf den Lippen, die eigentlich so einfach war. Entschlossen steigerte er sein Tempo. Seine Lungen fingen Feuer.

Dabei hatte er keine Ahnung! Alle miteinander hatten sie keine Ahnung. Obwohl sie sich so superschlau vorkamen. Peter mit seinen fragenden Blicken, Cene mit seinen superschlauen Sprüchen, Goran mit seinem scheiß verständnisvollem Tonfall und Daniel, der einfach nur vor ihm stand. Mit dieser dämlichen Bitte, die ihn mehr aus dem Konzept brachte, als alles andere. Sie alle hatten keine Ahnung.

Als ob er die Wahrheit kennen würde! Als ob Daniel ihn kennen würde! Nur weil Domen ihn geküsst hatte! Weil Cene ihn verrückt gemacht hatte. Mit seinem dummen Gequatsche. Weil er immer noch verunsichert von Daniels erstem Kuss war. Es konnte gar nicht anders sein. Nur so ergab alles einen Sinn. Deswegen fiel er unkontrolliert einen Abgrund hinab, während er brannte. Immer wieder Daniels Lippen auf seinen spürte.

Lüg mich nicht an. Nicht bei so was.

Er sollte endlich aufhören! Daniel sollte aufhören, ständig vor ihm aufzutauchen. Ihn dabei einfach nur anzusehen. Unter die Haut zu gehen. Was sollte er dazu denn sagen? Was sollte er machen, wenn Daniel so vor ihm stand? Wütend schlug er auf die Armatur vom Laufband. Plötzlich drosselte sich die Geschwindigkeit des Gerätes und Domen stolperte zuerst nach vorn, bevor er wieder nach hinten gezogen wurde. Die Beine wurden ihm weggezogen, während er sich an die Halterungen klammerte. In einem Akt akrobatischer Höchstleistungen gelang es Domen abzuspringen.

Geladen starrte er das Laufband an, das unbeeindruckt weiterlief, während Domen vor sich hin keuchte. Wütend schlug er auf den Abschaltknopf.

Lüg mich nicht an. Nicht bei so was. Bittende grüne Augen einfach überall im Raum.

„Arrrrrgh!", schrie er in den Raum hinein auf der Suche nach etwas, dass ihm endlich Ruhe verschaffen würde. Jeder Muskel seines Körpers schmerzte. Er hatte nicht gelogen. Daran hielt er sich fest. Das war seine Wahrheit.

Was verlangte Daniel eigentlich? Er hatte sich noch nie in seinem Leben zu einem Mann hingezogen gefühlt. Scheiße, er hatte bis Daniel in sein Leben getreten war, noch nicht mal daran gedacht. Und er wollte jetzt auch nicht daran denken. Er wollte nicht darüber nachdenken, ob der Kuss ihm gefallen hatte. Nicht darüber nachdenken, ob er mehr wollte. Er hatte einen Plan für sein Leben!

Hello HurricaneWhere stories live. Discover now