Theory of Mind

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Ich möchte nicht, dass du glaubst, dass ich alles Denken, Fühlen und Handeln als reines Produkt von äußeren Reizen und einem »zufälligen« neuronalen Netz halte. (Manche betrachten den Menschen so!) - Es stimmt zwar, dass sich der Mensch gut manipulieren lässt. Und das spricht dafür, dass wir schon ähnlich gestrickt sind und für eine gewisse Anfälligkeit für »Fremdeinwirkungen«, aber dennoch gibt es meiner Meinung nach »Selbstbestimmung« und »Selbstverantwortung«. Vieles im Alltag sind Entscheidungen, die wir nicht auf Anhieb sondern erst auf dem zweiten Blick (bei der Selbstreflexion), als solche erkennen. Die Entscheidungen, die wir treffen, können wiederum auf uns zurückwirken. Dazu gehört auch z. B. die Entscheidung, über bestimmte Dinge nachzudenken oder nicht nachzudenken.

Das in gleichen oder vergleichbaren Situationen das emotionale Empfinden recht unterschiedlich sein kann, sollte durch die vorangegangenen Ausführungen klar geworden sein. Nichtsdestotrotz denken und verhalten wir uns in der Regel anders. Natürlich ist es nicht so, dass unser Gefühlsleben völlig anders ist, wie das unserer Mitmenschen. Wäre dem so, würde nur Chaos herrschen. Es gibt wohl keine Menschen, bei denen die Gefühle wie »Freude« und »Trauer« vertauscht sind. Wenn, dann wären es (in meinen Augen) »echt kranke« Menschen.

Wenn wir jemanden nicht oder kaum kennen, dann bleibt uns auch keine andere sinnvolle Möglichkeit, als von uns (oder von anderen »vertrauten« Menschen) auf die uns unbekannte Person zu schließen. Oft fahren wir mit dieser Strategie auch ganz gut. Wenn wir jemanden in einer bestimmten Situation sehen, dann gehen wir einfach davon aus, dass der andere sich jetzt so fühlt, wie man sich selber fühlen würde – oder sogar gerade fühlt. Unser Denken und Empfinden (geprägt durch unsere Biographie) ist quasi die Standardtheorie, die wir über das Innenleben des anderen haben. Wir sind beständig damit unbewusst beschäftigt diese Theorie durch Beobachtungen und Interpretationen zu erweitern: Dabei kommt es auch vor, dass durch Mutmaßungen und Fehlinterpretationen – durch unsere eigene Brille - falsche Bausteine in dieses Theoriegebäude eingesetzt werden: Ein schroffer Ton, ein aufbrausendes Temperament könnte z. B. irrtümlich als „lieblos" verstanden werden.

Diese Theoriebildung läuft ganz automatisch ab – auch schon bei kleinen Kindern: Wenn der Teddy vom Tisch fällt, sagt das Kind: »Teddy aua!«. 

Sie entwickeln nicht nur eine »Theory of Mind« (Theorie des Geistes), mit der sie versuchen Gedanken und Überzeugungen anderer logisch zu erschließen

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Sie entwickeln nicht nur eine »Theory of Mind« (Theorie des Geistes), mit der sie versuchen Gedanken und Überzeugungen anderer logisch zu erschließen. Sie beginnen auch mit einer emotionalen Projektion der eigenen Gefühlswelt, die sie zunächst auch auf leblose Gegenstände und natürlich auf andere Lebewesen anwenden. Erst später erkennen sie, das Gegenstände nicht lebendig sind und keine Emotionen haben können.

Die undurchdringliche Blase (Psychologie, Kommunikation)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt