Gefühle und Bedürfnis erkennen

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Die vier Stufen Rosenbergs Grundmodells

1. Wahrnehmung

2. Gefühl

3. Bedürfnis

4. Bitte

Schauen wir uns die ersten Stufen an:

Die Wahrnehmung meint ihr die Erfassung des Sachverhaltes, aber eigentlich auch die er eigenen Gefühle. Dabei unterscheidet Rosenberg »echte Gefühle« von »Pseudogefühlen«. Echte Gefühle sind mit einem Bedürfnis bzw. unerfüllten Bedürfnis verbunden. Pseudogefühle rühren eher von Gedanken (Bewertungen) über sich oder andere her. Manche nennen sie auch »mentale Gefühle«.  Die Unterscheidung finde ich manchmal recht schwer. Mir gefällt die Bezeichnung »mentale Gefühle« besser. Da diese oft mit einer Bewertung verbunden sind, die auch falsch bzw. für den anderen nicht einsichtig ist, sind sie als Basis für den weiteren Austausch ungeeignet.

Bitte beachten: Auch »Pseudogefühle« sind Gefühle. Deswegen finde ich diese Bezeichnung ebenso irreführend wie »echte Gefühle«.  Es sind und bleiben Gefühle! So wie ich das verstehe, ist entscheidend, ob ein Gefühl am eigenen Bedürfnis orientierteist, oder ob es durch das überdeckt wird, was der andere (vermeintlich) zu verantworten hat...  Was ich meine, wie der andere zu mir ist und warum... Drücke ich das Gefühl so aus, dass es den anderen bewertet? Oder steht mein Bedürfnis im Fokus?

Andere unterscheiden noch zwischen primären und sekundären Gefühlen.  Ich bezweifle, dass das sekundäre Gefühl immer als Ersatzgefühl zu verstehen ist, sondern einfach auch eine wenig spezifische Gefühlsreaktion darstellt, die sich einer primären Ursache (ein vorangegangenes anderes Gefühl) anschließt. Diese Gefühle, z. B. Wut, Traurigkeit, usw., können unterschiedliche Ursachen haben. Deswegen muss man hier besonders in sich hineinhorchen, warum man dieses so empfindet, um schließlich wieder bei den eigenen Bedürfnissen anzukommen.

Ich bin kein Freund von den langen GFK-Listen, die man zu diesem Thema im Internet findet (z. B. "1 Listen zur gewaltfreien Kommunikation, K. J. Becker,Seefeld"). Ich finde einige Zuordnungen in »Echte Gefühle«  und  »mentalen Gefühle« dort unklar, widersprüchlich und nicht hilfreich. 

Als Hilfe wird geraten, die beiden Gefühle so zu unterscheiden: »Echte Gefühle« lassen sich mit "Ich bin ..." ausdrücken, während die »mentalen Gefühle« mit "Ich fühle, dass ..." bzw. "Ich habe das Gefühl, dass..." eingeleitet werden.

Ich fände es besser zu überlegen, wo der Fokus liegt: Bei meinem Bedürfnis oder bei dem, was der andere mir »antut« und wie ich das werte. Vielleicht wären »innere Gefühle« und »äußere Gefühle«  bessere Bezeichnungen für Rosenberg gewesen. Bei dem was sich als »äußeres Gefühl« bei mir regt, sollte man dann wieder prüfen, welches innere / eigene Bedürfnis hier eigentlich betroffen ist und was man selber möchte. Das hilft dann, um angemessen zu reagieren und z. B. Bitten zu stellen (siehe später).

Im Anhang sind einige Übungen zum Thema Gefühle zu finden.


Im Idealfall geben die Gefühle Aufschluss darüber, ob ein bestimmtes Bedürfnis erfüllt wird oder nicht. Auch wenn wir in einer Auseinandersetzung nicht der (alleinige) »Problembesitzer« sind, ist es für den einfühlsamen Kontakt wichtig die Emotionen bzw. Bedürfnisse des anderen zu erfassen. Da dieses schwierig ist, ist man auf das »Deuten« und anschließende »Spiegeln« („Fühlst du ..., weil dir ... wichtig ist?") angewiesen. Dieser »Abgleich«, der auch Teil Gordons aktiven Zuhörens ist, ist ein oft vernachlässigter Vorgang, der für die Kommunikation in schwierigen Gesprächen sehr wichtig ist. Das Erkennen der eigenen Bedürfnisse und die meines Gegenübers ist bei Rosenberg von zentraler Bedeutung!

Die undurchdringliche Blase (Psychologie, Kommunikation)Where stories live. Discover now